4-teilige TV-Miniserie (1986)
Regie: Marvin J. Chomsky, Edward Anhalt
Die Serie erzählt in vier Episoden zu je 90 Minuten die Geschichte von Peter I dem Großen von seiner Kindheit an bis zum Tod seines Sohnes Alexej. Serien mit historischem Hintergrund sind in den letzten Jahren wieder im Trend, aber so fein wie hier habe ich es noch selten umgesetzt gesehen. Die Besetzung allein ist ein Gedicht, bis in die winzigsten Nebenrollen, selbst wenn die Herrschaften nicht immer so aussehen, wie sie vielleicht sollten. Aber sie spielen glänzend, allen voran Jan Niklas (junger Peter) und Maximilian Schell (älterer Peter) und mein Favorit, Helmut Griem (Alexander Menschikow). Hier hat alles für mich begonnen, die Faszination für den Zaren und die Tatsache, dass ich ihn nicht trennen kann von Menschikow.
Ansonsten tummeln sich hier Omar Sharif (Romodanowski), Lilli Palmer (Natalia), Vanessa Redgrave (Sofia), Mel Ferrer (Friedrich), Ursula Andress (Athalie), Trevor Howard (Newton), etc.
Ein Kritikpunkt ist, dass es etwas kurios aussieht, weil nur Peter gleich drei (eigentlich sogar vier) Darsteller hat, was vor allem bei Griem sehr skurrill wirkt, als der Mitt-50er den jugendlichen Menschikow darstellen muss. Er hatte sich zwar gut gehalten, aber als Teenager überzeugt er nicht wirklich. Auch Peters Frau Jewdokia (Natalya Andreyschenko) sieht später mehr wie die Schwester ihres Sohnes Alexej (Boris Plotnikow) aus.
Zweiter Kritikpunkt ist die Tatsache, dass die Geschichte schon sehr vereinfacht, um nicht zu sagen verdreht ist, aber das ist wohl etwas, was bei diesem Format und vor allem der begrenzten Zeit hier unvermeidlich ist. St. Petersburg zB hat nur einen winzigen Auftritt als Landstrich, den Peter als Ort seiner zukünftigen Stadt markiert. Anhand der Serie könnte man glauben, sein Hof wäre immer in Moskau geblieben.
Auch die Massenszenen wurden geschickt und kostensparend vermieden, da wir die Schlachten außer Poltawa immer nur eher aus der Ferne betrachten.
Immerhin transportiert die Serie recht gut, wer Peter war und was er getan hat und idealisiert ihn nicht wirklich. Das zeigt sich vor allem durch die ungewöhnliche Wahl des Endpunktes, Alexejs Tod, wobei diesem Drama viel Raum gegeben wird, was den bleibenden Eindruck schon sehr prägt. Peter kommt hier gar nicht gut weg und das soll und muss wohl auch so sein, denn er war zwar ein Visionär, aber auch ein Gewaltherrscher, der sein Volk buchstäblich mit Gewalt modernisiert hat. Alexejs Darsteller Plotnikov ist zwar keiner der großen Namen und Frisur und Synchronstimme sind wenig hilfreich dabei, die Figur sympathisch zu finden, aber er spielt seine Rolle glänzend und lässt (hier) keinen Zweifel darüber, wer als moralischer Sieger hervorgeht aus diesem Konflikt.
Alexander Menschikow ist schon geradezu kriminell idealisiert. Abgesehen von einer Szene, wo Peter seinen etwas diebischen Freund rabiat zur Ordnung ruft – und ihm quasi zur Strafe Katharina (Hanna Schygulla) abnimmt -, erscheint er hier vor allem als Peters ständiger Begleiter, Stichwortgeber und fleischgewordenes Gewissen. Allerdings erfüllt die Figur damit eine wichtige Funktion, quasi die des Sidekicks und wohl Zuschaueridentifikationsfigur, was bei mir gut funktioniert hat, wie man sieht.
Sehr schön und zukunftsweisend ist eine Szene, in der er und Katharina sich unterhalten und man spürt, dass da noch was gehen könnte ohne Peter. Oder eine andere, in der Peter Menschikow fragt, ob er gerne an seiner Stelle wäre als Zar. Bei einer anderen bin ich mir nicht sicher, ob nur ich so als Hinweis verstehe, als Peter meint, es wäre schon OK, dass die Menschikows so reich werden, weil sie das vom Stehlen abhalten würde. Kaum, in Alexanders Fall.
Gedreht wurde vor allem in Moskau, aber auch in Wien. Das hat interessante Folgen, als nämlich Schönbrunn Platzhalter für London ist und deshalb später, als Alexej tatsächlich in Wien ist, als Hintergrund dafür nur noch die Gloriette und die Hofburg bleiben. Frechheit, dass wir unser bekanntestes Schloss an London abtreten mussten!
Die Musik ist manchmal vielleicht etwas überdramatisch, aber die Titelmelodie liebe ich und konnte sie jahrelang nicht vergessen, bis ich die Serie beim letzten Mal im TV endlich wieder sehen und, das wichtigste, aufnehmen konnte. Auf DVD ist sie leider bis heute nicht erscheinen, was meiner Ansicht nach sehr schade ist, da es sich neben modernen Produktionen wie „The Tudors“ absolut nicht zu verstecken braucht, ganz im Gegenteil.