Bis unter die Haut - Julia Hoban

  • KLAPPENTEXT:
    Vor einem halben Jahr tranken Willows Eltern bei einer Einladung ein Glas zu viel und baten ihre Tochter, sie nach Hause zu fahren. Doch sie kamen niemals an. Willow verlor die Kontrolle über den Wagen und ihre Eltern starben vor ihren Augen.
    Jetzt hat Willow all das hinter sich gelassen. Sie ist weggegangen von ihrer alten Schule, von ihren alten Freunden – von den Erinnerungen. Den Schuldgefühlen jedoch kann sie sich nicht entrinnen. Die erträgt sie nur, indem sie sich ritzt.
    Da kommt Guy in ihre Klasse, ein Junge, so sensibel und nachdenklich wie Willow selbst. Als er Willows gut behütetes Geheimnis entdeckt, stößt sie ihn von sich. Doch Guy lässt sich nicht abweisen...


    ZUR AUTORIN:
    (Quelle: cbt)
    Julia Hoban ist sehr vielseitig talentiert: Sie studierte Physik und Philosophie, entwirft Kleidung und Handtaschen und schreibt Kinder- und Jugendbücher- Die Autorin lebt mit ihrem Mann in New York und arbeitet derzeit an einem neuen Roman.


    EIGENE MEINUNG:
    Ich lege das Buch zur Seite und bin sehr nachdenklich. Darüber wie die Autorin ein Thema in ihr Buch einarbeitet, das bedrückend und schlimm ist. Protagonistin Willow verletzt sich selbst, um den seelischen Schmerz zu vergessen, den der Tod ihrer Eltern ihr zugefügt hat. Sie plagt sich mit Schuldgefühlen, denen sie nur entkommt indem sie sich mit Rasierklingen die Arme einschneidet. Notfalls tut es aber auch ein anderer Gegenstand. Mir wird jetzt noch schlecht beim Gedanken daran.
    Wie kann ein Mensch sich nur selbst verletzten? Das tut weh. Die sollen mal damit aufhören. Das sind so die allgemeinen Floskeln, die man beim Thema „Ritzen“ oft hört. Ich frage mich, wie schlecht muss es einem Menschen gehen, damit er sich so was antut? Wie tief muss der seelische Schmerz sitzen, wie verletzt muss man sein, damit man ihn durch körperliche Schmerzen vergessen kann?
    Durch mein Studium der Sozial Pädagogik habe ich im Praktikum schon des öfteren Menschen gesehen, die Selbstverletzendes Verhalten ausüben. Das erste Mal war ein Schock, den ich erst einmal überwinden musste. Man muss sich zwingen nicht ständig die Narben anzuschauen und sich zu fragen, was für ein Mensch steckt dahinter? Was für eine Geschichte? Oft geht SVV einher mit Depressionen und dem Verlust von Menschen bzw. instabilen Beziehungen und einem nicht ganz realistischen Selbstbild. So wie in Willows Fall. Sie hat nicht nur ihre Eltern verloren, sondern gibt sich selbst die Schuld daran, denn sie ist den Unfallwagen gefahren. Außerdem glaubt sie ihren Bruder verloren zu haben, der sie zwar bei sich wohnen lässt, aber sich seit dem Unfall so anders verhält als früher. Auch das, so glaubt sie, ist ihre Schuld.
    Der schönste Teil dieses Buches ist für mich eigentlich der, in dem Willow und David sich endlich aussprechen und wieder zueinander finden. Dieser Teil war für mich am schönsten und emotionalsten.
    Leider hatte ich mir von dem Buch etwas mehr versprochen. Julia Hoban hat zwar ganz gut recherchiert, was das Thema Selbstverletzendes Verhalten angeht, zum Beispiel in dem Punkt, dass Willow ständig Ausschau hält nach Gleichgesinnten, dennoch ist es eher irgendwie eine Nebenhandlung der Geschichte. In erster Linie ist es die sehr rührende Liebesgeschichte zwischen Guy und Willow, weshalb die Tatsache, dass Willow unter einem Problem leidet eher oberflächlich abgehandelt wird.
    Guy und Willow treffen sich zum ersten Mal in der Bibliothek und irgendwie merkt man sofort, wie der Funke überspringt, auch wenn Willow das nicht sofort wahrhaben will. Guy ist auch der erste, der von ihren Schnitten mit der Rasierklinge erfährt und bemüht sich nun ihr zu helfen. Er ist ein wirklich netter und toller Kerl, der perfekte Partner in solch einer Situation, dabei hat er es mit Willow, die mir leider sehr unsympathisch war, nicht leicht.
    Die Sprache der Autorin ist leider etwas flapsig, was dem Buch etwas den nötigen Ernst nimmt. Obwohl aus der Allwissenden Perspektive erzählt wird, werden Willows Gedanken und Ängste immer wieder klar hervorgehoben. Dennoch fehlt mir in dem Buch etwas die Tiefe. Ich hätte gern gehabt, dass mir die ihre Empfindungen auch tief ins Herz gehen, ich hätte gern mit Willow gelitten, getrauert um dann mit ihr gemeinsam den Weg zurück ins Leben zu finden. Dies war leider nur bedingt der Fall, wobei mir das Ende noch einmal eine ordentliche Gänsehaut verpasst hat.
    Vermutlich liegt es auch daran, dass ich aufgrund meiner Vorerfahrungen einfach eine etwas andere Geschichte vermutet hatte. Eine, die sich einfach mehr mit dem Thema Selbstverletzendes Verhalten bzw. der oft damit einhergehenden Krankheit Borderline Persönlichkeitsstörung beschäftigt. Mehr darauf eingeht.
    Ich denke, dass „Bis unter die Haut“ dennoch vielen Lesern gut gefällt. Wer noch nie etwas mit dem Thema zu tun hat, wird vermutlich erst einmal geschockt und nachdenklich sein. Vielen Lesern wird das Buch wohl „Bis unter die Haut“ gehen...


    FAZIT:
    Ein Buch über viele Missverständnisse, die Ungerechtigkeit des Lebens und vor allem über die Kraft der Liebe.

  • SVV, oder auch Selbverletztendes Verhalten ist leider ein sehr trauriges Thema, dass meiner Meinung nach viel zu wenig besprochen wird. Da ich das Thema und die Beweggründe schon immer sehr interessant fand, schaue ich zwischendurch immer mal wieder nach Büchern, die sich mit der Thematik auseinandersetzen. Dabei ist mir immer wieder "Bis unter die Haut" ins Auge gesprungen - Grund genug, diesem Buch eine Chance zu geben.


    Ich habe von Julia Hoban einiges erwartet, aber leider wurde ich dann doch enttäuscht, denn der Schreibstil konnte mich leider nicht von sich überzeugen. Es fanden viel zu viele Wiederholungen statt ("Ich habe meine Eltern umgebracht!") und auch sonst hat die Autorin es nicht geschafft, die Figuren sympathisch zu gestalten. Dazu liest sich die Geschichte aufgrund der vielen Wiederholungen sehr holprig und dadurch konnte mich das Buch trotz seiner interessanten Thematik nicht an sich fesseln.


    Ein großes Problem hatte ich leider mit den Figuren, denn keiner davon konnte mich berühren oder wurde mir im Laufe der Zeit sympathisch. Besonders Willow war ein schwieriger Fall. Ich wollte sie und ihre Beweggründe, wieso sie sich dies selbst antut, unbedingt verstehen, aber leider versank sie so oft in Selbstmitleid und hat immer wieder davon angefangen, dass sie ihre Eltern umgebracht hätte. Dies wurde mir dann irgendwann zu anstrengend und ich habe das Interesse an ihr und ihrer Familiensituation verloren. Jeder Mensch hat seine Phasen, in denen er eventuell sogar zu Selbstmitleid neigt, aber was Willow gemacht hat, war mir dann doch zu viel, denn an vielen Stellen hatte ich zu sehr das Gefühl, als wolle sie sich auch einfach nicht weiterentwickeln. Gleiches galt leider auch für Guy, der mich ebenfalls nicht von sich überzeugen konnte. Zwar fand ich ihn noch deutlich sympathischer als z.B. Willow oder deren Bruder, aber dennoch hat mir bei ihm das gewisse Etwas gefehlt.


    Die Liebesgeschichte, die sich hier langsam aufbaut, wird dagegen sehr authentisch beschrieben. Ganz besonders der Moment, als Guy herausfindet, was sich Willow beinahe täglich antut, wurde sehr authentisch und nachvollziehbar beschrieben. Die Liebe der beiden Figuren wirkt dabei auch nicht kitschig oder gar sehr romantisch. Man betrachtet sie eher als relativ nüchtern und realistisch.


    Ein weiterer Kritikpunkt ist neben den Figuren die Weiterentwicklung der Geschichte. Diese spielt nur an wenigen Orten und als Leser bekommt man kaum etwas Neues präsentiert. Immer wieder geht es an alte Orte zurück, ohne eine gewisse Entwicklung. Oftmals blieb die Autorin auf der Stelle stehen und ich hätte mir für die Charaktere so viel mehr gewünscht. Dazu ist die Geschichte Dank der wenigen Handlung auch sehr vorhersehbar. Sehr schade, denn das Potential war definitiv vorhanden, es wurde nur einfach nicht genutzt.


    Das Cover selbst ist gelungen, da sich besonders die feinen Linien sehr mit der Thematik beschäftigen. Das Mädchen auf dem Cover ist ebenfalls gut ausgewählt. Besonders gefallen hat mir auch die Kurzbeschreibung. Umso enttäuschender, dass der Inhalt am Ende nicht mithalten konnte.


    Insgesamt hat mir "Bis unter die Haut" leider nicht gefallen. Ich hatte hohe Erwartungen, aber leider wurden diese nicht erfüllt, da mich das Selbstmitleid der Protagonisten immer mehr genervt hat und ich mich somit nicht mehr auf die Geschichte einlassen konnte. Schade, aber leider nicht änderbar. Vielleicht können sich ja andere Leser besser auf die Geschichte einlassen.


    :lesend :lesend