Ich will mein Leben tanzen - Meike Schneider

  • Inhaltsangabe
    Wie merkt man, dass man Leukämie hat? Meike Schneider ist 20. Sie fühlt sich schlapp und ist sehr blass um die Nase. Stress, lautet die Eigendiagnose kurz vor einer Prüfung. Schlafen, Tee und Paracetamol helfen nicht. Als sie beim Zähneputzen umkippt, holt die Mitbewohnerin den Notarzt. Im Krankenhaus wird klar: Es ist Leukämie. Warum gerade sie? Heißt das, andere hätten es mehr verdient? Die Theologiestudentin glaubt nicht, dass Gott die Menschen durch Leid erziehen will. Sie liebt diese Welt und das Leben, sie kämpt um dieses Leben. Aber nach anderhalb Jahren Chemotherapie bricht der Krebs erneut aus. Ein Knochenmarkspender wird gefunden. Alles sieht gut aus. Kurz nach Weihnachten 2004 erneut ein Rückfall. Meike betet zu Gott und kämpft. Am 03. Februar 2005 stirbt sie.


    Zur Autorin
    sagt das Buch nichts, was über das Obenstehende hinausgeht.


    Meine Meinung
    Das Buch ist gerade mal 182 Seiten stark. Es hat einen Fototeil und besteht aus Tagebuchnotizen, Rundmails, Auszüge (so vermute ich) aus einem Korrespondenzheft zwischen Meike und ihrer Mutter, zum Schluss Rundmails des Vaters, ein Vorwort von José Carreras und ein Nachwort der Eltern Meikes.


    Eine junge Frau erkrankt an Leukämie. Sie erzählt ihren Freunden über ihre Gefühle, über die Behandlung, die verschiedenen Medikamente, andere Patienten. Als Leserin habe ich einen sicherlich kleinen, aber dennoch beklemmenden Eindruck über den Alltag einer Krebspatientin bekommen. Beeindruckend für mich, wie sie trotz der Grenzsituation versucht, sich in ihrer Lebensbejahung, ihrer Fröhlichkeit, ihrer Kontaktfreudigkeit nicht von der Krankheit einschränken zu lassen. Bewegend, wenn sie beispielsweise schildert, dass sie sich verliebt, trotzdem, und sich sorgt um ihr Aussehen, jetzt erst recht. Mutig, sich immer wieder aufrappelnd, immer wieder den Versuch unternehmend, sich nicht einschüchtern zu lassen – diesen Eindruck von sich selbst hat sie mir vermittelt. Und mich in ihrer großen Lebendigkeit manchmal an eine Kerze erinnernd, die an zwei Seiten gleichzeitig brennt.


    Eine junge Frau, die Theologie studiert, erkrankt an Leukämie. Sie macht die Erfahrung, dass das, was sie glaubt, was sich in ihr manifestiert hat als „Gott“, sich in der brutalen Realität dieser so gleichgültig daherkommenden Erkankung bewähren, ja beweisen muss. Meike Schneider verliert ihren Glauben nicht, ich hatte eher den Eindruck, er festigt sich, er gibt ihr auch Halt, gerade weil sie sich intensiver als beispielsweise in ihrem Studium damit auseinandersetzt, auseinanderzusetzen hat, jetzt, da es buchstäblich um ihr Leben geht. Die Gedanken zu Leid, Leiderfahrung, der Liebe Gottes und ihrer Liebe zu Gott sind nachdenklich, für mich nach-denkenswert und es macht mich traurig, dass sie diese Gedanken nicht weiterdenken, ausdenken, vielleicht sogar ganz zu Ende denken konnte.


    In meinen Augen gehört zur Veröffentlichung eines Buches dieser Art großer Mut. Ein Mensch in seinem Leid entblößt vor den Augen des Lesers – Neugier, Mitgefühl, Voyeurismus, was lässt uns zu einem solchen Buch greifen? Mein großer Respekt gilt der sensiblen Auswahl, gleichzeitg ist sie mein einziger Kritikpunkt (aber kann man überhaupt ein solches Buch kritisieren?): Manchmal hätte ich mir mehr gewünscht, mehr von Meikes Gedanken, aber nicht von ihrer Kranken- und Leidensgeschichte.


    „Ich will mein Leben Tanzen“ hat für mich nicht die ungeheurere Intensität von Dörthe Kaisers „Chanson triste“ und die unbedingte Vereinnahmung von Christoph Schlingensiefs „So schön wie hier kanns im Himmel gar nicht sein“ - kann es wohl auch gar nicht haben. Schon sprachlich unterscheiden sich diese drei Bücher sehr, müssen sie ja auch, wenn man die verschiedenen Leben und Lebenssituationen betrachtet. Das hier vorgestellte Buch vermittelte mir jedenfalls einen guten Einblick in ein Leben angesichts einer tödlichen Krankheit, das nach menschlichem Dafürhalten allzu kurz andauerte, von manchmal ganz alltäglich, ja banal Daherkommendem bis zu Gedanken buchstäblich über Leben und Tod. Das es nicht alles vor dem Leser ausbreiten kann, habe ich als selbstverständlich an- und hingenommen. Ich habe mich aber auch nach mehrfachem Lesen immer wieder gefragt, ab wann er eigentlich da war, dieser andere Ton in Meikes Sprechen, dieser „Ernst der letzten Dinge“.


    „Zeigt sich nicht doch der Wert eines Menschen und seines Lebens in dem, was er anderen ist?“ (Seite 62)
    Meike Schneider muss eine beeindruckende, weil so unglaublich lebensbejahende, Fröhlichkeit ausstrahlende Frau gewesen sein, die Spuren hinterlassen hat im Leben ihrer Familie, ihrer Freunde. Sie anhand dieses Buches ein wenig kennengelernt zu haben, ihre eigene Stimme vernommen zu haben, bedeutet auch für mich Bereicherung.

  • Dieses schmale Bändchen der Eltern Anne und Nikolaus Schneider und „Ich will mein Leben tanzen“ gehören nach meinem Eindruck zusammen. Hier wird noch einmal angedeutet, was diese Krankheit bedeutete, was sie nahm, welch ungeheure Kraft sie kostete, dass aber nicht nur Negatives durch sie entstand. Eine wie immer geartete Rezension dazu traue ich mir nicht zu, möchte aber wenigstens auf dieses Buch hinweisen.


    Als Bemerkung sei noch erlaubt: Anne Schneider ist Lehrerin für Mathematik und evangelische Religion, Nikolaus Schneider der amtierende Vorsitzende des Rates der EKD. Beide sind gläubige Christen, das Buch zeugt von dem Ringen mit und um ihren Glauben und von der Hoffnung, die sie nicht verloren haben. „Dieses Buch will trösten...“, so steht es auf der Rückseite.