"Noch ein Martini und ich lieg unterm Gastgeber" - Dorothy Parker von Michaela Karl

  • Kurzbeschreibung


    In den Roaring Twenties war sie die Königin von New York. Ihre scharfe Zunge und ihr beißender Witz wurden Legende. Sie stritt mit Ernest Hemingway, schlief mit F. Scott Fitzgerald und soff mit Truman Capote. Dorothy Parker schrieb für Vogue, Vanity Fair und den New Yorker und gehörte zur legendären Tafelrunde des Hotels Algonquin, wo sich die kulturelle Szene der Stadt traf. Ihre sarkastischen Verse und pointierten Kurzgeschichten erzählen von zerplatzten Träumen und dem Warten auf das Klingeln des Telefons. Sie machte als Drehbuchautorin in Hollywood Karriere und landete wegen ihres Engagements gegen Rassismus und Faschismus auf der Schwarzen Liste von Senator McCarthy. Michaela Karl legt nun die erste deutschsprachige Biografie vor. Sie porträtiert das unkonventionelle Leben der Dorothy Parker, und entdeckt hinter der zynischen Fassade eine sensible Frau auf der Suche nach dem großen Glück.


    Über den Autor



    Michaela Karl, geboren 1971, studierte Politologie, Geschichte und Psychologie und promovierte mit einer Arbeit über Rudi Dutschke. Sie ist Mitherausgeberin der Rudi-Dutschke-Werkausgabe und Mitglieder der Müchner Turmschreiber. Zuletzt erschienen: "Bayerische Amazonen" (2004), "Die Münchner Räterepublik, Porträts einer Revolution" (2008), und "Streitbare Frauen. Porträts aus drei Jahrhunderten" (2009). Weitere Informationen unter www.michaela-karl.de



    Meine Meinung


    Im Prolog erklärt die Autorin, wie sie zum Thema Dorothy Parker gekommen ist. Sie beginnt mit der Geburt von Dorothy Rothschild (nicht verwandt mit den Rothschilds) in New Jersey. Für sie wird es immer ein Makel sein nicht in Ney York, sondern bei einem Ferienaufenthalt in New Jersey geboren worden zu sein. Der frühe Tod der Mutter, dass von ihr beschriebene schlechte Verhältnis zum Vater (das wohl so nicht stimmt, aber bei Frau Parker muss man immer damit rechnen, dass sie etwas dazu dichtet oder einfach nur lügt, um es interessanter zu machen). Mit 10 Jahren schreibt sie schon Verse.
    Sie "kümmert" sich in den um ihren Vater, als er stirbt, hinterlässt er angeblich nichts.
    Dann beginnt die eigentliche Geschichte von Dorothy Parker. Erst arbeitet sie bei der Vogue, um unbedingt zu Vanity Fair zu kommen, was sie dann auch schafft. Sie heiratet Parker. Er zieht in den 1. Weltkrieg, sie schreibt "böse Theaterkritiken" und lernt bei Vanity Fair ihren lebenslangen Freund Robert Benchley kennen sowie Robert E. Sherwood. Irgendwann landen alle im Hotel Algonquin, in dem sie ihren legendären "round-table" gründen. Es wird diskutiert, gelacht und vor allem getrunken.


    Es ist ein aufregendes Leben, dass Dorothy Parker führt, aber vor allem ein tragisches. Alkoholexzesse und Selbstmordversuche bestimmen zum größten Teil ihr Leben. Natürlich lernt sie interessante Menschen dieser Zeit kennen, z.B. Scott Fitzgerad, Truman Capote und Ernest Hemingway, sie ist ja selbst eine von ihnen, aber ihr Leben wird durchzogen von Tragödien. Das Leben der Mitglieder des "round-table" endet bei den meisten tragisch. Dieses Buch entführt einen in den 20er Jahre und vor allem auch nach New York. Die Stadt, die Dorothy Parker geprägt und geliebt hat. Ein sehr interessanter, aber vor allem für mich ein erschütternder Bericht.
    Ich vergebe 9 Punkte.

  • Ich geb zu, diese Biographie habe ich nur wegen des Titels gekauft ;-) Da wollte ich genauer wissen, wer sich dahinter verbirgt.
    Dorothy Parker war eine Frau, die nur im Unglück zu schriftstellerischer Höchstleistung auflaufen konnte. Das hat sie gelebt, aber sie hat dabei auch voller Selbstvertrauen in die Zukunft geblickt, und ist unbeirrbar ihren Weg gegangen. Eine gewaltige Menge Scotch und scheinbar noch mehr Martinis mögen ihr dabei erst geholfen - sie aber am Ende fast vernichtet haben.
    Sie kommt viel in den USA und Europa herum, aber ihre Heimat bleibt New York. Zeitlebens will sie einen Roman schreiben, aber weil Disziplin so gar nicht ihre Stärke ist, bleibt es bei Gedichten und Kurzgeschichten. Als Hauptdarsteller dafür müssen Menschen aus ihrem Freundes-und Bekanntenkreis herhalten, die sie mit spitzer Feder beschreibt. Ihr Zynismus und ihr Spott machen sie zeitlebens schon zur Legende.
    Ein höchst interessantes Portrait einer bemerkenswerten Frau!

  • Vielen Dank für eure aufschlussreichen Einschätzungen! :wave Mir geht es wie buzz, ich wollte auch erst noch ein paar Meinungen abwarten. Der Preis ist ja nicht ganz ohne. Aber zum Glück habe ich noch einen Gutschein, der nur darauf wartet, eingelöst zu werden. Ich freue mich schon aufs Lesen! :-)
    _________________

  • Danke für die interessante Rezi!
    Wiedermal ein Buch, was mir so nicht aufgefallen wäre. Ich habe vor ein paar Jahren mit großem Genuss die "New Yorker Geschichten" von Dorothy Parker gelesen. Schon ein Grund, sich mit ihrer Biographie zu beschäftigen.

  • Zitat

    Original von Idgie
    Klingt ein klitzekleines bisschen so, als wäre sie die Carry Bradshaw der 20er Jahre. Auf jeden Fall ist der Titel schon mal ein eyecatcher.


    Stimmt, und auf Carrie geht die Autorin im Prolog auch ein:

    Zitat

    Carrie Bradshaw aus ,,Sex and the City'' mag heute die bekannteste Kolumnistin der Welt sein, doch im Vergleich zu ihrer realen Vorgängerin ist sie die Unschuld vom Lande...
    Was Dorothy Parker vor 90 Jahren über den Kampf der Geschlechter geschrieben hat, ist von bestechender Aktualität. Lange vor Carrie Bradshaw beschrieb Parker, was es heißt, eine Singlefrau in einer modernen Gesellschaft zu sein.


    Wer sich übrigens einen kleinen Eindruck davon machen will, es gibt einen Teil ihrer Geschichten als Hörbuch hier

  • Zitat

    Original von nofret78
    Das klingt toll, nach einer starken Persönlichkeit in den goldenen 20ern. Das Buch muss ich haben.


    Du solltest auch die "New Yorker Geschichten" lesen, denn die sind einfach köstlich!

  • Zitat

    Original von Clare


    Du solltest auch die "New Yorker Geschichten" lesen, denn die sind einfach köstlich!


    Besonders schön fand ich ,Tagebuch einer New Yorker Lady' :lache Wenn man sich dabei vorstellt, daß ihre Geschichten auch ein Stück weit autobiographisch sind, dann gibt diese einen interessanten Eindruck...

  • Ich habe das Buch mittlerweile auch gelesen und es nicht bereut. Michaela Karl beschreibt das Leben der Dorothy Parker sehr informativ und unterhaltsam. Ich wusste beispielsweise gar nicht, dass "Dottie" u.a. Drehbücher für Hollywood geschrieben hat und sich an Theaterstücken versuchte. Nicht nur aus diesen Bereichen des amerikanischen Kulturbetriebes werden viele berühmte Persönlichkeiten der damaligen Zeit in der Biografie vorgestellt, denn Mrs. Parker kannte ebenso viele Schriftsteller, Verleger, Journalisten und Komponisten. Sehr interessant fand ich auch die Entstehungsgeschichte des "Round Table" im Algonquin Hotel und die Passagen, die die Prohibition und ihre Folgen und die McCarthy-Ära behandeln. Einziges Manko: Die Fotoauswahl ist sehr dürftig ausgefallen. Es ist kein einziges Bild von Dorothy Parker als ganz junger Frau vorhanden, was ich sehr schade finde. Ansonsten ein sehr empfehlenswertes Buch!


    ___________________

  • Liebe Miteulen,
    liebe Vorleser(in) (dank für die Einstiegsrezension!)


    die DP-Biografie war sicher eines meiner Lesegenüsse der Extraklasse in diesem Jahr.


    Ein Buch nicht nur für Lesende, die sich allgemein für eine Autorin des frühen 20sten Jahrhunderts interessieren – sondern auch eine Geschichte einer emanzipierten, auf ihre Weise feministischen Frau, die für so manche Angsthäsin heute Mutmachercharakter besitzt.
    Es ist aber auch eine Geschichte der Pressehistorie, und der amerikanischen Geschichte mit ihren großen, als auch ganz und gar kleinlichen Momente.
    Mrs. Parker und ihr lasterhafter Kreis (Filmtitel) haben die (Lese/Presse/Film/Theater-)Kultur Amerikas geprägt, von den 20ern bis in die Nachrkriegszeit hinein.
    Immer wieder gibt es Sidekicks zu Persönlichkeiten wie Truman Capote (Schrub u.a.Frühstück bei Tiffany, aber auch zahllose Reportagen und Porträts), Ernest Hemingway (Wie er schrieb, er er um jedes Wort rang, wie er auch Schmähgedichte verfasste), Scott und Zelda Fitzgerald (Der große Gatsby), oder die Begründer von bis heute wegweisenden Zeitungen wie den New Yorker.
    Wer damals schrieb, hatte eine Berühmtheit, die heute nur noch 100 Bestsellerautoren weltweit erreichen – in Ermangelung des RAdios, Fernsehens, Web, Telefon uswf, war das, was geschrieben stand, wahr und wichtig.



    Mir gefiel, dass Michaela Karl das klassische Biografiehandwerk einsetzt – in Präsenz erzählen, Zitat von DP dort einbauen, wo sie Thesen stützen oder ihren Charakter mehr verdeutlichen als alle Absätze dieser Welt.
    Und andererseits schafft sie es, die Bio wie ein Roman kingen zu lassen, mit Höhe- und Wendepunkten, die so exakt gesetzt natürlich in keinem Leben vorkommen - aber dazu führen, dass sich diese Bio liest wie Fiktion.


    Letztlich ist DP weit mehr als eine Carrie je sein wird. DP besaß darüber hinaus einen Witz, der mehr Bildung & Weltwissen offenbarte; dazu eine Selbstreflektion - alles Eigenschaften, die im TV bekanntlich nur selten durch kommen.
    (Übrigens hat DP die Drehbuchautorengilde gegründet um den Autoren Tarifgehalt, Arbeitslosenschutz, Rente und Streikmöglichkeiten zu geben).


    Wer DPs Werke kennen lernen will, dem seien auch ihre Gedichte anempfohlen - boshafte, wahre, traurige Spottverse, meist über das Leben und die Träume, die ein Mädchen auf dem Weg zur Frau verliert.


    Oh, ach, ja:
    Ich werde dieses Buch sicher (nicht nur) zu Weihnachten häufiger an Frauen jeden Alters verschenken; es ist für jede etwas Persönliches zwischen den Zeilen, das über eine Biografie hinaus geht.
    Die eine mag das Lieben und Scheitern finden, die andere die Hingabe zur Kunst (Und totale Abkehr zum Hausfrauendasein; DP konnte und wollte vor allem, nicht mal Wäsche sortieren), die nächsten Ansporn, sich selbst treu zu sein, selbst im Unglück.


    Herzlichst
    _Nina

  • Mir war der Name Dorothy Parker schon lange ein Begriff, deswegen war ich sehr gespannt auf dieses Buch. Und ich wurde nicht enttäuscht.


    Michaela Karl beschreibt locker und im Plauderton Parkers Leben. Dabei merkt man, wie sehr sie diese Frau bewundert, aber sie beschönigt trotzdem nicht. Ihre Alkoholsucht, ihre Unfähigkeit, sich als Tochter aus gutem Hause auch nur um die rudimentärsten Haushalttätigkeiten zu kümmern, ihr sorgloser Umgang mit Geld und das Gottvertrauen, das schon irgendwer ihre Rechnungen bezahlen wird, sind ein roter Faden durch Parkers Leben. Auch die Tatsache, das sie "für eine Frau ihres Intellekts einen auffallend schlechten Männergeschmack" hatte, wird nicht verschwiegen.


    Das Buch ist durchsetzt von Zitaten von Parker und ihren Zeitgenossen, alle mit Fußnoten bestückt. Trotzdem liest sich das Buch wirklich fast wie ein Roman. Ich fand es faszinierend, wie Parker sich durch ihr Leben fand. Ihr Traum, einen Roman zu schreiben, scheiterte an der Tatsache, das sie nicht in der Lage war, sich so lange zu disziplinieren. Abgabetermine waren ihr ein Graus. Zum Ende ihres Lebens musste sie feststellen, das sie ein Dinosaurier war, jemand aus einer anderen Zeit.


    Ich bin sehr begeistert von diesem Buch und von der lockerleichten Erzählweise der Autorin. Ihr Buch über die Fitzgeralds landet jedenfalls sofort auf meiner Wunschliste.