Der Ueckerich grüßt seine Gäste
Dienstag Abend, Herr rienchen überrascht mich spontan mit der Nachricht, sich den nächsten Tag frei genommen zu haben. Juhuuu! Wir überlegen kurz, was wir machen- ein Floß mieten und über den Müggelsee schippern? Raus zum Scharmützel- oder an den Werbellinsee? Heiß soll es werden, von daher muss es ans Wasser gehen und wir sind uns schnell einig- wir möchten einen Tag am Meer verbringen. Wir entscheiden uns für das Stettiner Haff, das ist die kleine Bucht, die vor der Insel Usedom liegt. In dieser Ecke (So richtig drinne in der Zone und ganz nah an Polen :grin) waren wir noch nie.
Also schnell mitten in der Nacht noch Sachen zusammen packen (Lsf 20 muss reichen, anderen habe ich nicht mehr), Auto beladen, einen Happen schlafen und um sechs Uhr morgens fahren wir mit den recht verdutzten und auch ganz schön verpennten Biestern der Sonne entgegen gen Osten. Einmal quer durch Brandenburg und durch das dünn besiedelte MeckPomm. Ganz schön viel Gegend hier. Wir fahren durch Orte mit lustigen Namen à la: "Eggesin" und "Viereck". Es gab noch lustigere Namen, leider habe ich die aber jetzt wieder vergessen.:)
Unser Ziel heißt Lagunenstadt Ückermünde, und um kurz nach acht sitzen wir im Freien, frühstücken Erdbeeren, Aprikosen, französiche Salami und frische Schrippen. Dazu gibt es Meerblick, trockenen Kiefernduft und dicke, freche Möwen, die uns eine Schrippe klauen. An der frischen Luft schmeckt alles irgendwie doppelt so gut.
Wir verbringen einen herrlichen Vormittag an dem kleinen Strand, von dem aus man gute Sicht auf die vorgelagerte Insel hat. Wir sammeln Steine und Muscheln, denn Steine und Muscheln kann man immer gebrauchen. Usedom- Hopper- Wassertaxen schippern in naher Entfernung vorbei, das Wasser ist ganz flach. Unsere kleinen Wasserratten sind außer sich vor Freude und genießen jede Sekunde .
Ich bin ja eher der Typ, dem die Wellen nicht hoch genug sein können. Ich mag es, wenn sich eine Welle vor mir auftürmt, mich umreißt und fünfmal umspült. Wenn Neptun versucht, mir die Buxe zu klauen, um sie sich auf Ewig in den Schrank zu packen und wenn sich schließlich in jeder Körperritze Sand befindet.
Das alles ist an diesem Haff- Seestrand nicht zu befürchten. Das Wasser ist pisswarm und sumpft sozusagen vor sich hin. Und das liegt natürlich nicht an den süßen rienchen- Kindern, da pullern nur alle Anderen rein. Egal- es ist sehr schön hier. So ruhig und ein bisschen verschlafen, gar nicht viel Betrieb. Es gibt einen kleinen Leuchtturm und der Kiefernwald grenzt direkt an den Strand. Wunderschön romantisch.
Gegen Mittag laufen wir zum Hafen, schauen uns Segelschiffe und Fischkutter an, essen eine Kleinigkeit in einem winzigen Restaurant- Büdchen und fühlen uns pudelwohl. Die nette Kellnerin überredet uns zur Verköstigung einer "roten DDR- Brause" und dieses Gebräu macht seinem Namen alle Ehre. Es schmeckt noch schlimmer, als es aussieht (tiefes Hummerrot, die Vitamine BAS und F sind höchstwahrscheinlich alle vorhanden) und als sein Name schon vermuten lässt. Vor allen Dingen macht sein Genuss unglaublich durstig. Die rienchen- Kinder stürzen sich darauf wie ausgehungerte Schmeißfliegen.
In der Imbissbude nebenan nimmt grade der Angestellte ein Dönerbrötchen (gefüllt, versteht sich. Mit Alles und scharf.) aus der bimmelnden Mikrowelle und setzt es dem verdutzt guckenden Kunden vor. Der Angestellte bemerkt den Blick und kommentiert schließlich schulternzuckend und in gebrochenem Deutsch: "Schmeckt warm besser". Das macht Sinn und herr rienchen und ich haben von nun an einen neuen, geflügelten Lieblingssatz. Schmeckt warm besser. Ha!
Ückermunde ist ein zauberhaftes, kleines Städchen mit schönen Cafes und kleinen Lädchen. In einem ansprechend gestalteten Schaufenster einer Buchhandlung entdecke ich ein Buch, das mir vom Titel und von Cover her sofort zusagt und was ich einfach mal spontan kaufe. Es nennt sich "Scheiß- Rentiere. Ein Abenteuer in Nordnorwegens östlicher Finnmark." Grandioser Titel. Ich freue mich schon sehr auf die Lektüre.
So vergeht auch der Nachmittag, bei Eis und Milchcafe satt, mit strahlendem Sonnenschein, guter Laune und gelöster Stimmung.
In einem Fischladen frage ich nach hiesigem Fisch, man empfiehlt mir "Schnäppel", heute frisch gefangen aus dem Haff. Noch nie von diesem Tier gehört, aber na ja. Der Name gefällt mir irgendwie. Haffschnäppel. Sieht bisschen komisch aus, vielleicht muss der auch mal langsam weg, aber was solls. Nehme ich mal mit.
So treten wir den Heimweg an, der Sonnengott hat mir gegen Ende noch einen ordentlichen Brandy spendiert, denn LSF 20 reicht natürlich nie und nimmer für einen Tag am Meer.
Berlin hat uns wieder, Herr rienchen frachtet die kleinen Sandflöhe ins Bett. Und zwar so knirschig, wie sie sind, denn natürlich sind sie 300 Meter vor Erreichen der Tiefgarageneinfahrt ins Land der Träume gesegelt. Und was will man da machen. Besser mal nix. Ich schmeiße derweil schon mal den Grill an, es gibt nämlich gegrillten Schnäppel aus dem Haff mit Brot und Salat. Schmeckt gut, bisschen schnäppelig. Danach noch einen gekühlten Portugieser Weißherbst, bevor wir sonnengesättigt, Aloe Vera- Gel- getränkt und schwergliederig ins Bett schlüpfen. (Okay, jaja, und bevor ich noch ein bisschen albern, vor Allem mit erfundenen Eichhörnchen- Sommerloch- Geschichten durch die Gegend eule.)
Heute ist wieder Alltag, es ist grau draußen und zehn Grad kälter. Gestern allerdings war es ein fantastischer, geschenkter Tag in Freiheit.
Ich liebe diese kleinen Alltagsfluchten. Neben Konzertbesuchen ist das die größte Freude, die man mir machen kann. Wenn man sich einfach morgens in Badeklamotten ins Auto setzt und drauflos fährt. Und dann am Abend nach Hause zurückkehrt und das Gefühl hat, man wäre drei Tage unterwegs gewesen. Sie überbrücken so manche lange Zeit bis zum nächsten Urlaub, bleiben im Gedächtnis haften. Wann immer es uns möglich ist, unternehmen wir so eine kleine Flucht. In zwei Monaten geht es endlich nach Sardinien.
Was macht ihr so, wenn Ihr mal flüchten wollt? Erzählt doch mal. ich habe einfach mal Salonlöwins Idee aus dem Sommerloch- Thread aufgegriffen- immerhin kommt ein Buchtip darin vor. Füllen wir doch einfach mal das Sommerloch.