Die Drei aus der weißen Schachtel - Katherine Allfrey (ab 5 J.)

  • erstmals erschienen 1972


    Auf dem Dachboden des Hauses von Tante Charlotte steht eine weiße Schachtel. Sie sieht ganz neu aus. Neu, im Sinn von ‚unbenutzt’ ist auch ihr Inhalt, drei Handpuppen. Jiffy, Herr Schmitz und Bonzo, ein kleiner Affe, ein Fuchs und ein Hund. Sie haben keine Ahnung, wie sie auf den Speicher gelandet sind, und warum. Was sie wissen, ist, daß ihnen schrecklich langweilig ist. Angst haben sie auch, vor allem vor Motten. Auf dem Dachboden wohnt auch der Gerümpelzwerg, der sich um alles kümmert, was da oben seinen letzten Platz gefunden hat. Als das Panikgeschrei aus der weißen Schachtel eines Nachts zu laut wird, kümmert er sich auch um die drei Insassen. Mit Hilfe der Mondfrau dürfen sie von da an in jeder Vollmondnacht als lebendige Tiere draußen herumstreifen. Damit ist die Langeweile vorbei, draußen warten richtige Abenteuer.


    Die Geschichte ist eigentlich gut ausgedacht. Die Abenteuer der drei verwandelten Handpuppen folgen dem Jahreslauf, von Januar bis Dezember. Sie lernen Menschen und andere Tiere kennen, freundliche und weniger freundliche, geraten in Klemmen oder helfen anderen aus der Patsche. Alles vorhersehbar, aber grundsätzlich mit genug Raum, um den eigenen Erfindungsreichtum walten zu lassen.
    Eben daran mangelt es. Die einzelnen Geschichten sind schwerfällig, kindisch, sentimental. Die Autorin hangelt sich von Stereotyp zu Klischee zu Phrase und wieder zurück. Das Äffchen ist albern, der Fuchs ist gescheit und der kleine Hund süß. Diese Eigenschaften bestimmen ihre Verhaltensweisen und daran ändert sich bis zum Ende nichts. Ähnlich schlicht sind die Kinder gezeichnet, die sie treffen.


    Es gibt Ansätze zu Anarchismus, so stoßen die drei etwa auf eine Hexe aus Wales, die mit ihrer Freundin Schwarzbier trinkt, und Bonzo schenkt dem verdutzten Gerümpelzwerg seinen liebsten Knochen. Es scheint ein Geheimnis um Großtante Charlotte zu geben und natürlich um die Frage, wie denn die Schachtel auf den Dachboden kam. In der vorherrschenden Biederkeit aber versinken solche Einfälle oder verschwinden im Schatten des pädagogisch hochgereckten Zeigefingers. Dieses Buch kann mit seiner Spießigkeit selbst Fünfjährige verjagen.


    Schade also um eine schöne märchenhafte Atmosphäre, um die im Text immer wieder aufscheinenden Spuren einer wirklich spannenden bis gruseligen Geschichte und vor allem um die Schwarz-Weiß - Illustrationen von Ingrid Schneider, die immer genau einen Strich am Niedlichen vorbeizeichnet und dem Ganzen einiges an Zuckerguß nimmt.
    An ihre äußerst gelungene Erzählung für Kinder ‚Delphinensommer’ konnte die Katherine Allfrey (1910 - 2001) mit den braven Abenteuern von Jiffy, Bonzo und Herrn Schmitz nicht anknüpfen.

    Ich und meine Öffentlichkeit verstehen uns sehr gut: sie hört nicht, was ich sage und ich sage nicht, was sie hören will.
    K. Kraus