Inhaltsangabe:
Als Frachterpilot bewegt der russische Kosmonaut Pjotr Chrumov Waren für andere Rassen des Konklaves (Bund von starken und schwachen Rassen im Universum) von Planet zu Planet. Die Menschen werden aufgrund ihres technischen Entwicklungsstandes als „schwache“ Rasse eingestuft und haben ihre Existenzberechtigung darin, dass sie als einzige Rasse den „Jump“ überstehen. Der Jump ist die zeitlich stark verkürzte Reise zwischen zwei Planetensystemen. Planeten schwacher oder gar „unnützlicher“ Rassen werden gerne mal vom Konklave zerstört, wenn diese im Weg stehen oder man sich von der Zerstörung einen Vorteil verspricht.
Nach seinem jüngsten Jump entdeckt Pjotr zu seiner Überraschung, dass ein blinder Passagier, ein reptilienhafter Zähler an Bord ist, der den Sprung überlebt hat. Der Zähler versucht Pjotr davon zu überzeugen, dass sich die schwachen Rassen der Alari (einer kriegerischen Nagerrasse), der Zähler (mit einem computerähnlichen Verstand) und der Menschen gegen die starken Rassen verbünden, um sich gegen die Knebelherrschaft des Konklaves zur Wehr setzen zu können. Das Konklave sorgt nämlich mit strengen Regeln dafür, dass die technische Entwicklung auf der Erde und auf anderen Heimatplaneten der schwachen Rassen stagniert. Auslöser der Verschwörung ist das Auftauchen eines fremden Planeten in der Galaxie, der von Menschen bewohnt wird. Es hat den Anschein, als wären sie auf einem sehr hohen technischen Entwicklungsstand, also eine potentiell starke Rasse und damit ein wertvoller Verbündeter.
Nach der Bruchlandung auf einer russischen Autobahn sucht Pjotr mit dem Zähler seinen Großvater, einen russischen Intelektuellen auf, der der eigentliche Ansprechpartner der Alari und der Zähler ist. Sein Großvater ist einer der wenigen, der sich über Richtung, in der sich die Erde bzw. Menschheit entwickelt, Sorgen macht und sich bewusst ist, dass sich die Erde schnell in eine stärkere Position bringen muss, wenn man das vorhandene Potential nicht für immer einbüßen will. Pjotr war nur Mittel zum Zweck der Kontaktaufnahme und er schließt sich nach einigen persönlichen Tiefschlägen auch nur widerwillig der geheimen Mission „Kontaktaufnahme“ an, wird aber bald zur zentralen Figur.
Die zweite Hälfte der Geschichte erzählt von der „Heimat“, dem Planeten der Geometer, der plötzlich in der Galaxie aufgetaucht und der Erde sehr ähnlich ist und auch von Menschen bewohnt wird. Nik Riemer, ein Eliteraumpilot der „Heimat“ kommt nach einer missglückten Mission mit Gedächtnisverlust zurück und versucht sich nach seinen Erlebnissen wieder zu Hause einzuleben. Auf der Heimat wird Nik von seinen Freunden und seinem Ausbilder empfangen. Die vier versuchen seine Erinnerungen zu wecken, indem sie ihn an bekannte Orte bringen. Er sieht genormte Wohnungen und Kleidung, geometrisch gestaltete Kontinente und Städte und erlebt ein strikt genormtes Leben. Die Amnesie bleibt jedoch und Nik kann sein altes Leben nicht mehr aufnehmen.
Auf der Heimat werden Kinder nicht von Eltern, sondern von Ausbildern erzogen, die ihren Schützlingen als einzige emotionale Nähe und Wärme entgegenbringen. Körperliche Berührungen untereinander sind auf Heimat nämlich strikt verpönt. Im Grunde basiert die Erziehung der Ausbilder jedoch auf Kontrolle und Verrat, da die Kinder rund um die Uhr überwacht und manipuliert werden. Und die Geometer beschränken sich nicht auf die Heimat, sondern wollen im Namen der „Freundschaft“ in ihren Augen weniger „hoch“ entwickelte Gesellschaftsformen auf anderen Planeten an ihrer Weisheit und ihrem Glück teilhaben lassen, ob diese wollen oder nicht. Nik erkennt, dass das "Unrecht" ist und greift seinen alten Ausbilder an. Dafür wird er in ein als "Sanatorium" getarntes Arbeitslager verbannt und dann kehren seine Erinnerungen zurück…
Audible ungekürzt: 15 Std. 43 Min.
Sprecher: David Nathan
Meine Meinung:
Das russische Original von „Sternenspiel“ aus dem Jahr 1998, im Deutschen erst 2009 erschienen, wurde von audible ungekürzt mit dem hervorragenden Sprecher David Nathan umgesetzt. David Nathans ruhige, ausdrucksstarke Stimme passt sehr gut zur Erzählform in der Ich-Perspektive, denn er verleiht dem melancholischen, sich des Öfteren in philosophischen Ergüssen ergehenden Pjotr den nötigen Charme, um den Hörer auch auf den theoretischen Ausflügen zu fesseln.
Pjotr macht sich Gedanken über eine Gesellschaft, in der alles reglementiert ist, die Erziehung, der Alltag, das ganze Umfeld. Jedes Individuum wird nach den Bedürfnissen und zum Nutzen der Gesellschaft von Geburt an lückenlos in Schemata gepresst und passend gemacht, ob es damit einverstanden ist oder nicht. Fast fehlt der süffisante Hinweis im Vorwort, dass Ähnlichkeiten mit „aktuellen oder vergangenen Staatsformen“ rein zufällig und unbeabsichtigt sind.
Lukianenko präsentiert die unterschiedlichste Rassen mit einprägsamen, praxisbezogenen Namen, als ob er dem Leser/Hörer helfen will, sich zurechtzufinden. Er erzählt die Geschehnisse auf eine humorvolle Art und Weise und grenzt sich durch seinen „russischen“ Stil von der englischsprachigen Konkurrenz ab. Lukanienko hat mit Sternenspiel ein SF-Buch geschrieben, das kein traditioneller Vertreter des Genres ist und an das man dementsprechend auch keine solchen Erwartungen stellen sollte.
Der Roman ist in zwei Hälften unterteilt und die Geschichte erleidet mitten drin einen ziemlich abrupten Bruch. Mein erster Gedanke war, dass ich versehentlich ein Kapitel übersprungen habe. Doch nach kurzem Zaudern konnte ich mich auch auf den neuen Ich-Akteur Nik Riemer einlassen und zum Ende stellte sich der Zusammenhang zur Vorgeschichte heraus, den man nach einiger Zeit schon am Horizont hat kommen sehen. Der Schluß bleibt offen. Erst mit dem zweiten Teil „Sternenschatten“ endet die Geschichte.
Edit hat die Rezi ein bisschen ausgebaut, weil mich die Geschichte so fasziniert hat, dass ich ihr mehr Zeilen widmen wollte.