"Nybbas Nächte", der Fortsetzungsband zu "Nybbas Träume" von Jennifer Benkau hat meine Erwartungen nicht nur erfüllt, sondern sogar übertroffen. Ihr ohnehin guter Schreibstil hat sich weiterentwickelt, ist wieder ein wenig verspielt, jedoch immer treffsicher.
Benkaus dämonische Welt hat es mir angetan. Sieben Höllenfürsten ordnet sie sieben Todsünden zu, über die sie herrschen. Diese vergrößern ihre Macht nicht nur durch äußerst durchtriebene und absolut gewissenlose Arten des Seelenraubs, sondern auch, indem sie die anderen Dämonen durch einen Blutschwur an sich binden. Diese werden dadurch zu unbedingtem Gehorsam gezwungen. Zuwiderhandlung hat bei Höllenfürsten grausame Folgen. Hier sind noch richtige Dämonen am Werk. Entsprechend kompromisslos kämpfen diese und spinnen ihre Fäden auf teilweise hinterlistige Weise.
Der Luzifer, einer der gerissensten dieser Fürsten, ist hinter dem Nybbas her, da er durch seine Verbindung zu einer Dämonenjägerin eine Gefahr in ihm sieht. Nicht nur mit seiner äußerlich interessanten Darstellung bricht Benkau mit Klischees. Auch einer der anderen Höllenfürste kommt vor - völlig anders als man sich ihn vorgestellt hätte. Auch die Fuchsgeister und ihre Herkunft interpretiert sie nicht auf die herkömmliche Weise. Sie erschafft eine eigenständige Subkultur inmitten der Lavawüste Islands, die ihre eigenen Gesetze, aber auch Probleme aufweist.
Joana und Nicholas sind auf der Flucht durch halb Europa. Portugal, Marseille, Island - die verschiedenen Handlungsorte beschwört die Autorin durch die Augen der Personen auf alles andere als statische Weise herauf. Überraschende Wendungen und Gefahr, jedoch auch verzehrende Leidenschaft findet man an allen Ecken dieses Romans.
Joana muss schon allein aus Selbstschutz ihre Fähigkeiten als Clerica (Dämonenjägerin) erlernen. Daher flieht sie nach Island zu einer abtrünnigen Clerica, die mit einer blutsaugenden Dämonin zusammenlebt. Der Nybbas ist nach wie vor kein weichgespülter Dämon und handelt impulsiv und kompromisslos, womit Joana nicht immer zurecht kommt. Sie muss lernen, den Nybbas zu akzeptieren wie er ist mit all seinen Facetten, doch hat sie auch bei ihrer eigenen dunklen Seite ihre Schwierigkeiten. Sie wird mit schlimmen Erinnerungen konfrontiert und sich mit widerstreitenden Gefühlen auseinandersetzen. Zugleich droht Gefahr an verschiedenen Fronten oder doch nur von einer?
Zudem werden von allen Seiten gekonnt Zweifel in Joana und dem Nybbas gestreut, die ihr Vertrauen in den anderen zutiefst erschüttern. Ihre inneren und äußeren Konflikte treiben Joana und Nicholas, dem Nybbas, an ihre Grenzen. Sie müssen hart und teilweise blutig für ihre Liebe und ihre gemeinsame Zukunft kämpfen.
Action, Leidenschaft, Verrat, Liebe, Verzweiflung, Trauer, Gewalt und all dies bis über die Grenzen hinaus und weiter. Vor großen Gefühlen, zahlreichen Erotikszenen, aber auch tragischen Handlungen mit viel Blut sollte man keine Scheu haben. Das alles gibt es bei J. Benkau zur Genüge, nur eines nicht: Langeweile.
Jede ihrer sehr unterschiedlichen Personen zeichnet sie mit Tiefe und teilweise voller verzweifelter Sehnsucht und Tragik, wie im Falle des Ilyan, des Racheengels, über den man viel erfährt.
Der Roman brilliert mit zahlreichen gut recherchierten Details und ist meine unbedingte Empfehlung für jede Leserin und jeden Leser der Paranormal Romance, insbesondere wenn Wert auf Originalität, einen guten Schreibstil und gekonnte Unterhaltung gelegt wird.
Auch wenn der Roman in sich abgeschlossen ist, so bleibt ein Handlungsstrang offen und ein Geheimnis verborgen, sodass ich sehnsüchtig auf mindestens eine Fortsetzung warte.