Hartland - Wolgang Büscher

  • Hartland – Zu Fuß durch Amerika
    Wolfgang Büscher
    ISBN: 978-3-871-34-685-9
    Rowohlt Berlin
    301 Seiten, 19,95 Euro


    Über den Autor: Wolfgang Büscher, geboren 1951, hat für die "Süddeutsche Zeitung", "Geo" und die "Neue Zürcher Zeitung" geschrieben und das Ressort Reportage der "Welt" geleitet. Heute ist er Autor der "Zeit". 1998 erschien sein Buch "Drei Stunden Null. Deutsche Abenteuer", 2003 "Berlin – Moskau", 2006 "Deutschland, eine Reise" und 2008 "Asiatische Absencen". Wolfgang Büscher erhielt zahlreiche Preise, unter anderem den Kurt-Tucholsky-Preis für literarische Publizistik, den Wilhelm-Müller-Literaturpreis und zuletzt, 2006, den Ludwig-Börne-Preis.


    Buchrückentext: „Die Straße war ein schwarzes Band, ausgerollt auf die Grenze zu. Von Norden kam ich, von Kanada, von Saskatchewan her, nach Süden wollte ich, nach Dakota und weiter, immer weiter bis Texas und über den Rio Grande. Starr stand die Sonne, als hielte jemand die Erdachse an, starr lag das Land unterm Eis. Nur Skelette des letzten Sommers stachen daraus hervor. Autowracks und Erntegerät, wie in Krämpfen verrenkt, die Stacheldrahtgirlanden der Farmzäune, halb versunken im Schnee. Ein Adler kreiste, Güterzüge sah ich im Winterschlaf liegen, ab und zu eine Ölpumpe – ihr heiseres Nicken und Picken dann. Die schwarzen Drähte einer Oberleitung liefen über mir wie Notenlinien, aber es fehlten die Noten, kein Vogel saß auf dem Draht – ein am Winterhimmel hängendes ungeschriebenes Lied. Ich wollte es hören.“



    Meine Meinung: Wolfgang Büscher hat etwas getan, das in Amerika fast undenkbar ist – er ist zu Fuß gegangen. Nicht nur einen kurzen Weg, nein, er hat 3500km zurück gelegt, ist von Nord nach Süd in das Herz Amerikas gewandert, meist zu Fuß, aber oft auch per Auto, denn viele Autofahrer hielten an und boten ihm einen Platz in ihrem Wagen an.
    Auf der langen Reise fallen ihm so einige Dinge an Land und Leuten ins Auge – vor allem erwähnt er immer wieder, wie allein er als Fußgänger auf den Straßen unterwegs ist. Oft kommt er sich vor, als wandere er durch ein leeres Amerika, was deutlich macht, wie wenig dort scheinbar zu Fuß gegangen wird. Mein Eindruck war, dass er auf dieser Reise eher das Land und weniger die Leute kennenlernen wollte, vielleicht war das aber auch die einzig mögliche Konsequenz aus seinen kurzen Aufenthalten in denen er oft mehr Rückblick auf die Geschichte der Orte hält, als ihren aktuellen Zustand genauer zu beschreiben.


    Wenn er Menschen kennenlernt, so scheint er eher der schweigsame Zuhörer und Beobachter zu sein, viele Dialoge werden nicht geschrieben. Möglicherweise hat er für sein Buch aber auch nur auf die sehr aussagekräftigen Gespräche aufgeschrieben, wie zum Beispiel die Unterhaltung mit dem neuen Anführer der Wako-Sekte, der ihm ausführlich seine religiösen Überzeugungen predigt.


    Gelobt wird Wolfgang Büscher für seine beeindruckende Prosa, die mir oft sehr gut gefiel und die nur an manchen Stellen etwas zu viel für mich war. Ein gutes Beispiel dafür ist der Buchrückentext – Wäre es die ganze Zeit über in dem Stil weiter gegangen, so wäre es ziemlich anstrengend geworden, doch das war zum Glück nicht der Fall und so konnte ich an den Eindrücken und Bildern dieser ungewöhnlichen Reise teilhaben und das Land mit den Augen des Autors sehen. Viel zu schnell war die letzte Seite erreicht und ich hätte gern noch mehr gelesen.
    Unbedingt positiv erwähnen möchte ich noch die schöne Aufmachung des Buches das auch eine Landkarte der einzelnen Orte, die er besucht hat, enthält und das den Leser mit einem mittlerweile zum Luxus avancierten Lesebändchen erfreut.

    Mein Fazit: Eine ungewöhnliche Reise, die einen ganz anderen Blickwinkel auf Land und Leute erlaubt.

  • Ich habe das Buch jetzt auch gelesen und kann mich der Beurteilung von Eskalina voll anschliessen.


    Wolfgang Büscher hat sein Buch als Beobachter geschrieben, nicht als jemand, der aktiv mit anderen interagiert. Wenn man ausserhalb der Städte unterwegs ist, scheint es zu Fuss wirklich recht einsam zu sein. Diese Einsamkeit mit allen Naturbetrachtungen ist aber in wunderbaren Worten beschreiben. Ausserdem werden zu vielen Orten geschichtliche Bezüge aufgezeigt. Somit ist das Buch auch sehr informativ.


    Fazit: Ein interessantes Buch mit gut gewählten Worten - empfehlenswert.

  • Meine Meinung:


    Während viele die USA von Ost nach West (oder umgekehrt) durchqueren, hat sich Wolfgang Büscher für die Nord-Süd-Route entschieden. Die 3.500 Kilometer zwischen der kanadischen und mexikanischen Grenze will er zu Fuß gehen und das macht er auch größtenteils. Nur wenn ihm jemand anbietet, ihn mit dem Auto oder Truck mitzunehmen oder er selbst vorübergehend einen Wagen fährt, legt er eine Strecke des Weges motorisiert zurück. Doch auf welche Weise Büscher auch unterwegs ist, eine seiner Stärken liegt in der Beobachtungsgabe der Details. Es sind nicht die großen Sehenswürdigkeiten (von denen es auf dieser Route sowieso längst nicht so viele gibt wie in den großen Städten an den Küsten), sondern die alltäglichen Gegenstände und vor allem die Menschen, die seine Aufmerksamkeit wecken und ihn faszinieren. Die Menschen, auf die er trifft, könnten unterschiedlicher nicht sein, doch Büscher begegnet allen mit größtem Respekt - sowohl vor Ort als auch in dem, was und wie er über sie schreibt. Ihre ganz persönlichen Geschichten sind tragisch, komisch, selten oder alltäglich und zusammen ergeben sie ein buntes Mosaik jener Menschen, die zwar alle in der Mitte eines riesigen Landes, aber nicht zwangsläufig in der Mitte der Gesellschaft leben.


    "Hartland" ist kein Reiseführer und das will es auch gar nicht sein. Zwar erlaubt es die Karte im Buch, Büschers Route gedanklich (oder real) zu folgen, doch seine Ausführungen sind punktuell und für viele Reisende sicher nicht ausführlich genug, um sich daran zu orientieren. Insbesondere das letzte Stück des Weges ist sehr kurz und schnell abgehandelt. Vielmehr ist "Hartland" ein Reisebericht. Er beschreibt einerseits die Erlebnisse des Autors auf seinem Weg. Andererseits liefert er interessante Hintergrundinformationen, die wie Assoziationen des Autors zu einem bestimmten Ort oder historischen Ereignis erscheinen und das Erlebte in den passenden Rahmen betten. Beides erzählt Büscher in einer faszinierenden, teilweise poetischen Sprache, die den Leser wirklich mitnimmt auf die Reise und tolle Bilder vor dem inneren Auge heraufbeschwört. "Hartland" macht Lust zu reisen, keine Frage. Ob es allerdings Lust macht, genau dieser (oder einer ähnlichen Nord-Süd-) Route zu folgen, das muss jeder Leser für sich selbst entscheiden. Eine lohnende Lektüre ist "Hartland" allemal!


    8 Punkte von mir.