Klaus Norbert - Idioten Made in Germany. Wie Politik und Wirtschaft Bildungsverlierer produzieren

  • Titel: Idioten Made in Germany. Wie Politik und Wirtschaft Bildungsverlierer produzieren
    Autor: Klaus Norbert
    Verlag: Knaur
    Erschienen: Juni 2011
    Seitenzahl: 384
    ISBN-10: 3426784696
    ISBN-13: 978-3426784693
    Preis: 8.99 EUR


    Die Tendenz bzw. die Aussage dieses Buches von Klaus Norbert wird in der Einleitung vom Gitarristen der Rolling Stones – Keith Richards – sehr gut und in einfachen Worten sehr gut beschrieben.


    Richards sagt:
    „Dafür ist Schule in Wirklichkeit da: Es geht nicht um Geographie, Geschichte oder Mathe. Es geht darum die Kinder zu guten Fabrikarbeitern zu erziehen.“


    Klaus Norbert sagt selbst über sein Buch, dass er zwar ein Sachbuch geschrieben habe, dass es trotzdem aber kein sachliches Buch sei. Und damit trifft er es punktgenau. Das Buch ist polemisch, provokant, aber klar und deutlich in seiner Aussage. Vielleicht muss man polemisch sein, damit man überhaupt ein wenig Gehör findet. Vielleicht muss man provozieren, damit man die Menschen wenigstens für einige wenige kurze Augenblicke aus ihrem Dornröschenschlag aufwecken kann.


    Der Autor stellt die These auf, dass die Politik durch ihre Fixierung auf Normen und Turbo-Leistungen gezielt eine winzige Bildungselite begünstigt und den Rest einer ganzen Generation zu Versagern stempelt. Doch diese These steht nicht allein und einsam im Raum, sondern wird durch eine stimmige Argumentation nachdrücklich und eindrucksvoll untermauert. Allerdings hätte man sich als Leser das eine oder andere Mal um eine weniger aufgesetzte und auf „locker machende“ Sprache gewünscht. So hat das Wort „Idioten“ schon fast inflationären Charakter – was auch nicht damit zu entschuldigen ist, dass diese Vokabel Teil des Buchtitels ist.


    Hervorzuheben ist, dass Klaus Norbert mit seiner Kritik vor nichts und niemanden Halt macht. Gradlinig und unbeirrbar geht er seinen – ganz sicher nicht – unbedingt leichten Weg. Denn er rüttelt mit seinem Buch und der Aussage dieses Buches schon an Pseudo-Werten, die den Menschen in Fleisch und Blut übergegangen sind, ohne dass sie jemals nach deren Sinn gefragt haben. Der Autor aber hinterfragt und findet zum Teil schon verblüffende Antworten.


    Schule muss mehr sein als Disziplin und Lernfabrik, eine Lernfabrik in welcher viel Überflüssiges produziert wird und Notwendiges keinen Platz hat. Bildung darf nicht einer gut betuchten Elite vorbehalten bleiben, einer vermeintlichen Elite die aufgrund des Versagens des staatlichen Bildungsbetriebes auf teure Privatschulen ausweichen kann. Bildung muss für alle möglich und erschwinglich sein – Chancengleichheit für jedermann und jedefrau. Menschen müssen aufgrund ihrer Befähigung gefördert werden, nicht aber aufgrund des Gewichtes des Geldbeutels der Eltern.


    Dieses Buch ist ein notwendiges Buch – auch dann, wenn man sicher nicht alle Aussagen des Autors teilt, aber es ist in jedem Falle eine großartige Diskussionsgrundlage. Denn die Diskussion über unser Bildungswesen muss endlich offen und schlagwortfrei geführt werden, mit dem Ziel, Bildung wirklich für alle möglich zu machen. Schule muss vielmehr sein als Fabrik die nach den Wünschen der Wirtschaft Arbeitskräfte produziert. Bildung ist ein ganz wesentlicher Teil des Lebens und die Schule muss endlich davon wegkommen, als oberstes Gebot den Schülerinnen und Schülern Disziplin einzutrichtern, sie also zu willfährigen Mitgliedern dieser Gesellschaft zu machen. Schülerinnen und Schüler müssen neugierig sein und Freude am Lernen empfinden, Lernen soll keine Last sondern eine wirklich Freude sein. Dass das möglich wäre – das beschreibt Klaus Norbert u.a. auch in seinem Buch.


    Der Autor macht auch klar, dass Bildung weit mehr sein muss als BILD, RTL, Lanz, Kerner aber auch mehr sein muss als SPIEGEL, FOCUS und ZEIT. Den Bildungspolitikern dieser Republik stellt er ein verheerendes Zeugnis aus – und nach der Lektüre dieses Buches kommt man, wenigstens ich kam zu dem Ergebnis: Der Mann hat Recht!


    Diesem Buch seien viele Leserinnen und Leser gewünscht, damit eine längst überfällige Diskussion endlich in Gang kommt.


    Klaus Norbert wurde 1962 geboren und ist Journalist und Musiker. Sich selbst bezeichnet er als „Bildungsrebell“. Er hat eine dreijährige Tochter und war viele Jahre als Berater für Großunternehmen im In- und Ausland tätig und betreute als Coach namhafte Führungspersönlichkeiten.

  • Hört sich sehr gut an. Mich interessiert sowas ja auch immer, mal hinter die Kulissen schauen. Deshalb fand ich auch die Bücher von Thomas Wieczorekt, z.b. Die verblödete Republik, sehr interessant und aufschlußreich.

    Kein Buch ist so schlecht, dass es nicht auf irgendeine Weise nütze.
    (Gaius Plinius Secundus d.Ä., röm. Schriftsteller)

  • Zitat

    Original von Voltaire
    Richards sagt:
    „Dafür ist Schule in Wirklichkeit da: Es geht nicht um Geographie, Geschichte oder Mathe. Es geht darum die Kinder zu guten Fabrikarbeitern zu erziehen.“


    Zu dieser Erkenntnis, nämlich daß Schule NICHT zum Vermitteln von Allgemeinbildung, sondern zum Heranziehen möglichst leicht funktionierender Rädchen für die Wirtschaft gedacht ist, bin ich schon lange gekommen. Das ist zu offensichtlich, als daß man das übersehen könnte. *


    Zitat

    Original von Voltaire
    Den Bildungspolitikern dieser Republik stellt er ein verheerendes Zeugnis aus – und nach der Lektüre dieses Buches kommt man, wenigstens ich kam zu dem Ergebnis: Der Mann hat Recht!


    Auch für diese Erkenntnis braucht es eigentlich kein Buch: ein Blick in die Realität der deutschen Schulpolitik und Schulen beweist die Unfähigkeit und Unwilligkeit der Politiker jeglichen Couleurs. Das Buch werde ich mir allerdings trotzdem zulegen; danke für die Rezi, ohne die es mir entgangen wäre.





    * = Das richtet sich jetzt nicht gegen die Lehrer (und -innen), die im Rahmen ihrer Möglichkeiten oft einen großartigen Job leisten. Aber wenn die Möglichkeiten fehlen, kann auch ein noch so guter Lehrer nicht mehr viel herausreißen.

    Unter den Büchern finden wir wieder, was uns in der Fremde entschwand, Frieden im Innern und Frieden mit unserer Umgebung.
    (Gustav Freytag, 1816 - 1895, aus "Die verlorene Handschrift")

  • Hallo,


    ich quäle mich i.M. immer noch durch das Buch.


    Von der Wortwahl mal abgesehen (wie oben schon beschrieben, Idiot u.ä. permanent lesen zu müssen, nervt irgenwann nur noch) ist in diesem Buch vieles lediglich behauptet und nicht weiter belegt.


    Auch wenn in den Buch bereits eingangs darauf verwiesen wird, dass eine einseitige Sichtweise an den Tag gelegt wird, darf ich doch erwarten, dass wenigstens ab und zu über den Tellerrand hinaus gedacht wird, bzw. das Problem auch vom Ende her betrachtet wird.


    Die Zusammenfassung des bisher gelesenen Teils wäre ganz einfach:
    Neid, bzw das Schüren desselben.


    LG