17 Uhr im Berliner Norden. Ich durchforste meinen Kleiderschrank nach dieser orangefarbenen Regenjacke, die hier doch irgendwo sein muss! Draußen donnert es nämlich, es gießt in Strömen und es ist kalt. Kein Open- Air Wetter. Nicht auffindbar das Ding, also rein in meine Lieblingslederjacke und auf ans andere Ende der Stadt, in die Wuhlheide. Da sich die Wetterlage verschlimmert, springe ich vor dem Konzert in einen ansässigen Discounter, frage die Verkäuferin nach einem Regenschutz, Art egal. Sie verschwindet kurz im Lager, kommt mit einem aufgeschnittenen, knallig- blauen Müllsack und einem breiten Grinsen im Gesicht zurück. Sie wünscht mir einen "superjeihlen' Nabend und viel Schpass, wa!"
So stapfe ich mit dem trapetztförmigen Müllsack durch das bereits gut gefüllte, wunderschöne Amphitheater. (Ich finde die Wuhlheide viel schöner als die Waldbühne. Kleiner und intimer.) So ziemlich jeder, der meinen Weg kreuzt ( bzw den des blauen Sacks) lacht mich an. (bzw wohl eher aus.) Ich lache zurück, weil die Stimmung schon jetzt fantastisch ist und die Leute trotz des miesen Wetters gut gelaunt sind. Meine Begleitung und ich ebenfalls. Ja, alle scheinen es kaum erwarten zu können, endlich die Foo Fighters live erleben zu dürfen.
Dann betreten "Band of Horses" die Bühne, schlagartig verebbt der Regen, die Laune steigt noch mehr. Melodische, fluffige Rockmusik stimmt uns auf den Abend ein. Die Band macht einen tollen Job und keinen Hehl daraus, dass sie eben so scharf auf den Hauptakt ist, wie das Publikum. In der Umbaupause wird nochmal der Laufsteg, der von der Hauptbühne zu einer kleinen Solobühne in der Mitte des Innenraums führt, trockengewischt.
Nach langen Jahren des Wartens ist es nun soweit. Die Foo Fighters betreten die Bühne und damit auch der Mann, der Schlagzeuger bei Nirvana war und somit ein Held meiner Jugend. Dave Grohl versprüht Energie, Witz und Charme, spricht mit seinen Fans, die Stimmung siedet. Vom ersten Ton (grandioser Sound) an gibt es weder beim Publikum, noch bei der Band eine Verschnaufpause. Dave Grohl wütet, schreit, fegt wie ein Orkan mit seiner blauen Gibson euphorisch über die Bühne und hat nach dem dritten Song eine spontane Idee: man brauche nach dem Hauptprogramm nicht von der Bühne verschwinden, um dann für die Zugaben wiederzukommen- man könne auch einfach bis zur Sperrstunde in einer Tour durchknuppen und damit jede Minute ausnutzen. Ob das ok sei? Was für eine Frage!
Der Himmel reißt auf und die Sonne kommt durch. Und soll es für den Rest des Abends bleiben. Ich bin nicht gläubig, aber wenn es einen Wettergott gibt, dann hat er eine Schwäche für den Rock 'n' Roll. Vor mir tobt der Moshpit, ein Hit jagt den nächsten. Es gibt niemanden mehr, der jetzt noch sitzt, die Masse klatscht, singt, tanzt und feiert diesen unglaublichen Auftritt. Und DG feiert seine Fans. Band und Publikum befinden sich in einer perfekten Symbiose, bei Songs wie "Best of You" oder "My Hero", fluten die Emotionen über und die Arena singt geschlossen und alles übertönend.
Die Songauswahl ist perfekt ( Von "Walk" über "The Pretender", "Times like These", einer Solo- Acoustik- Nummer von WHEELS bis hin zu "Learn to Fly" und dem ruhigen "Skin and Bones" ist alles vertreten) und eigentlich nicht mehr zu toppen. Eigentlich. Denn Dave Grohl erzählt die Geschichte von einem Freund, mit dem er sich für heute Abend verabredet habe. Dieser Freund ist niemand Geringeres als Lemmy, der plötzlich auf der Bühne steht und einen Song performt. Wer nicht weiß, wer Lemmy ist- der Frontman von Motörhead, ist grade sechzig Jahre alt geworden. Eine lebende Legende. Und eine Rampensau. Er verabschiedet sich beim überkochenden Publikum mit den Worten: "Foo Fighters are the best Band in the World!"
Sie rocken bis kurz nach elf, als die Sperrstunde völlig ausgereizt ist. Nach "Everlong" ist Schluss, das Publikum singt noch Minuten entzückt weiter. Ich habe nicht die erste Gänsehaut an diesem Abend, ein warmes Gefühl im Bauch und ein leises Pfeifen in den Ohren. Es gibt Bands, die einen verzaubern, die aus einem normalen Abend eine magische Party machen. Foo Fighters sind so eine Band. Und ich war, hoffentlich nicht zum ersten und letzten Mal, dabei.
Dann stehe ich am T- Shirt- Stand und treffe zufällig eine alte Schulfreundin, die ich das letzte Mal vor siebzehn Jahren gesehen habe. In der rheinländischen Kleinstadt, in der ich aufgewachsen bin. Wir erkennen uns sofort. Es gibt Dinge, die gibt es eigentlich nicht, aber es gibt sie doch. Diese Nacht endete irgendwann gegen sechs Uhr morgens. Um es mal mit Dave Grohls Worten zu sagen: "This is the fucking perfect night! Fucking amazing." Ja, so gehört das.
Ach so- meine Schilderungen sind natürlich sehr subjektiv, aber....
[SIZE=7]Wenn Tom auch nur eine Kritik aus den unendlichen Tiefen des Internets fischt, die etwas gegenteiliges behauptet, spendiere ich ihm einen Kasten Fassbrause. Er wird ohnihin nichts finden..[/SIZE]