Kim Young-ha - Im Reich der Lichter

  • Titel: Im Reich der Lichter
    OT: Empire of light
    Autor: Kim Young-ha
    Übersetzt aus dem Koreanischen von Kyong-Hae Flügel und Angelika Winkler
    Verlag: Heyne
    Erschienen: Juli 2008
    Seitenzahl: 416
    ISBN-10: 3453405447
    ISBN-13: 978-3453405448
    Preis: 8.95 EUR (zurzeit aber wohl nicht erhältlich)


    Gerade in der Literatur kann man immer wieder Neues entdecken – man muss nur einfach die Augen offenhalten und darüber hinaus auch bereit sein, sich auf das vielleicht nicht so Bekannte mal einzulassen. Bisher war mir die koreanische Literatur, hier insbesondere die südkoreanische Literatur nicht allzu sehr bekannt, genau genommen kannte ich nichts aus diesem Land, jetzt einmal auf die Literatur bezogen.


    Der Autor Kim Young-ha wurde 1968 in Gangwondo geboren und gilt als einer der ganz Großen der zeitgenössischen koreanischen Literatur. Insbesondere soll er gerade auch bei jüngeren Lesern sehr beliebt sein. Für seinen ersten Roman „Das Gottesspiel“ erhielt er den Koreanischen Literaturpreis.


    Worum geht es jetzt in diesem Buch?
    Kim Young-ha erzählt die Geschichte des Filmimporteurs Kim Giyeong, ein ganz normaler Mensch mit einem ganz normalen Leben in Seoul, der Hauptstadt Südkoreas. So erscheint es wenigstens auf den ersten Blick. Doch Giyeong ist ein nordkoreanischer Spion, der offenbar von seiner Regierung vergessen wurde. 20 lange Jahre hat er nichts von dieser gehört. Und in diesen 20 Jahren hat er sich ein ganz normales südkoreanisches Leben geschaffen. Er ist verheiratet, hat eine Tochter und führt ein Leben, das sich in nichts von den anderen südkoreanischen Leben unterscheidet. Doch eines Morgens erhält er völlig überraschend eine Mail – er wird nach Pyöngjang der Hauptstadt Nordkoreas zurückbeordert. Dieses kann vieles bedeuten – am wahrscheinlichsten aber ist es, dass diese Rückbeorderung einem Todesurteil gleichkommt. Mit niemanden kann er darüber sprechen; auch seine Familie weiß nichts von seiner Vergangenheit in Nordkorea und von seiner Ausbildung als Spion. Er ist völlig auf sich allein gestellt.


    Die WELT AM SONNTAG meinte, dass es „glänzend geschriebener aber düsterer Roman“ sei, den Kim Young-ha hier geschrieben habe. Der TAGESSPIEGEL bezeichnete dieses Buch gar als „schnelle Literatur, großstädtisch geschrieben und voller amerikanischer Einflüsse“. In ihrem Ergebnis kann man diesen beiden Zeitungen nicht zustimmen. Der Autor erzählt mit einer großen Distanz und einer ganz besonderen Kühle. Er ist mehr der nüchterne Chronist der Ereignisse. Es ist aber gerade diese Nüchternheit, diese Sachlichkeit, die dieses Buch zu einem wirklichen Erlebnis werden lässt. Hier erfährt der Leser aus erster Hand sehr viel über das geteilte Land, über die Skurrilität der Teilung und ihre Auswirkungen auf das tägliche Leben der Menschen. Wer Antikommunismus erwartet, der wird enttäuscht werden. Billige Phrasendrescherei ist nicht Sache des Autors. Er schreibt diesen im Grunde sehr politischen Roman eher unpolitisch. Nur auf den ersten Blick ein Widerspruch. Die Geschichte wirkt unpolitisch, stellt man auf die Art des Erzählens ab – im Ergebnis aber, wird der Leser immer wieder neu mit den politischen Verhältnissen nicht nur in Südkorea konfrontiert.


    Der Schluss ist dem Autor wirklich gut gelungen. Gar nicht so einfach bei dieser Thematik einen Schluss zu finden, der nicht von der Kritik verrissen wird.


    Ein sehr lesenswertes Buch – das dem Leser eine Gegend unserer Erde nahebringt, von der wir vielleicht schon mal so einiges gehört haben, von der wir eventuell einige Bilder im Fernsehen gesehen – die uns aber wohl trotzdem fremd geblieben ist. Kim Young-ha schafft es, dieses „Fremdeln“ ein wenig beiseite zu schieben.

    Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst. (Evelyn Beatrice Hall)


    Allenfalls bin ich höflich - freundlich bin ich nicht.


    Eigentlich mag ich gar keine Menschen.

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