Traveller - Richard Adams
ISBN 3937897119
Autor:
*1920 in Berkshire, studierte in Oxford Literatur und Geschichte.
Sein Roman "Watership down" / "Unten am Fluss" wurde als Buch und Film ein Welterfolg.
Klappentext:
Amerika in den 1860er Jahren.
Rauch verdunkelt den Himmel über Virginia, die Erde erbebt unter den gnadenlosen Schüssen von Kanonen, Mörsern und Musketen. Tod, Verwüstung, Elend und Leid sind allgegenwärtig.
Gegen alle Chancen reitet Robert E. Lee als Anführer der konföderierten Armee der Südstaaten mit seinem treuen Pferd Traveller in die Schlacht gegen die Unionisten der Nordstaaten und versucht, eine Welt zu retten, deren Untergang längst besiegelt ist.
Und obwohl das Pferd weder die Beweggründe für den blutigen Bürgerkrieg auf amerikanischem Boden versteht, noch seine Angst im Angesicht des donnernden Infernos vergessen kann, hält es treu zu seinem Herrn und folgt ihm unerschütterlich durch dick und dünn.
Seine Erkenntnisse, die das ebenso naive wie blasierte Tier in nächtlichen Gesprächen Tom Beißer, der Hauskatze des Generals, mitteilt, entlarven den Krieg in all seiner Absurdität und Grausamkeit.
Das Urteil, das Richard Adams durch die Augen eines arglosen Tieres gesehen über die Menschen fällt, könnte niederschmetternder und schonungsloser nicht ausfallen.
Meine Meinung:
Die Geschichte läuft unter "Fantasy" und damit einem Genre, mit dem ich eher weniger anfangen kann. Vermutlich erklärt beides auch meine Unzufriedenheit mit dem Cover, welches ich der unheimlichen Augen wegen sogar dem Horrorbereich zuordnen würde. "Watership down" sagte mir ebensowenig zu wie ich den Riesenhype um den Schafskrimi "Glennkill" nachzuvollziehen in der Lage bin. Keinen guten Voraussetzungen für Travellers Geschichte.
Und doch: Dieses harmlose und gleichzeitig eingebildete und trotzdem in seiner bedingungslosen Treue beeindruckende Tier ist mit seiner dem ihn im Stall besuchenden Kater erzählten Geschichte direkt in mein Herz ebenso wie in die Jahren-Besten-Liste galoppiert.
Traveller ist überzeugt, dem Präsidenten der Vereinigten Staaten zu gehören, der natürlich auch den Kampf gewonnen hat, weshalb er eines Tages unter einer weißen Fahne zu den besiegten blauen Männern ging und ihnen mitteilte, wie sie sich künftig aufzuführen hätten. Traveller glaubt auch, diesen Krieg, von dem soviel die Rede war und auf den sich die jungen Männer so freuten, verpasst zu haben, denn wenn man sich auf etwas derartig freut, muss es doch etwas wundervolles sein. Und wundervoll war das Leben in den Jahren des Kampfes nun ganz gewiss nicht. Zu guter Letzt begreift Traveller nicht mal, dass er dem Sarg seines Herrn folgt.
Trotzdem wirkt seine Schilderung der gemeinsamen Jahre ungemein eindringlich und zeichnet ein interessantes Bild nicht nur von den Ereignissen, sondern auch von Menschen, die mir bisher nur aus zwei Lincoln-Biografien und aus "Vom Winde verweht" bekannt waren: Die Generäle Jackson, Pickett, Stuart und andere. (Hier tragen sie natürlich von Pferden gegebene Namen. Und sie reden wenig selbst, sondern ihre Pferde erzählen Traveller von ihnen.)
Allen voran natürlich Robert E. Lee, von seinem Pferd gut beschrieben und mit vielen verbürgten Anekdoten als liebenswerter Mensch gezeichnet, der für Nöte von großen und kleinen Menschen ebenso wie für die von Pferden und Maultieren (mit denen ein hochgestelltes Pferd wie Traveller naürlich niemals kommunizieren würde!) stets ein offenes Ohr gehabt hat, schon früh die politische Lage erkannte und den Krieg gern eher beendet hätte.
Schriftartlich abgesetzt erhalten wir immer zum gerade Erzählten Kenntnisse über die politischen Hintergründe und das tatsächliche Kriegsgeschehen.
Unter Hinweise und Danksagungen erfahren wir, welche erzählten Anekdoten welche Quelle haben.
Ein wirklich tolles Buch. Mich wundert, dass es hier noch nicht vorgestellt wurde.
9 von 10 Punkten.
Ich habe mich übrigens bewusst für diese Rubrik entschieden, denn obwohl ein erzählendes Pferd natürlich für Fantasy spricht, haben sich die erzählten Ereignisse (natürlich bis auf Lees Sieg über die Nordstaaten und die darauf folgende Präsidentschaft) wenn auch eigenwillig interpretiert, doch überwiegend so zugetragen und würden sogar eine Vorstellung in "Sachbuch" vertretbar machen. Hier erscheint es mir ein guter Kompromiss.