Nachglühen - Jan Böttcher

  • Kurzbeschreibung:
    Im Sperrgebiet der Gefühle. Zwei Männer kehren nach Jahren in ihre Heimatstadt zurück. Früher lag der Ort im Sperrgebiet der DDR, heute gehört er zu Niedersachsen. Siebzehn Jahre sind vergangen seit der Wende, doch was einst zwischen Jens und Jo vorgefallen ist, wirft dunkle Schatten. Die beiden verbindet ein Geheimnis, dem Jens ein paar Jahre im Gefängnis zu verdanken hat. Seine Frau Anne weiß von alldem nichts. Aber sie stellt Fragen. Fragen, die niemand im Ort beantworten möchte. Schon bahnt sich der nächste Verrat an...


    Über den Autor:
    Jan Böttcher, 1973 in Lüneburg geboren, lebt als Autor und Singer/Songwriter in Berlin. Er hat deutsche und skandinavische Literatur studiert und arbeitet auch als Werbetexter, Herausgeber und Veranstalter von Lesungsreihen sowie des LAN-Festivals für junge Literatur. Seit zehn Jahren singt und textet er für seine Band Herr Nilsson. Jan Böttcher hat beim diesjährigen Ingeborg-Bachmann-Wettbewerb den Ernst-Willner-Preis gewonnen.


    Meine Rezension:
    Jo und Jens stammen aus dem gleichen Dorf in Niedersachsen, das früher im Grenzsperrgebiet der DDR lag. 17 Jahre nach der Wende kehren sie in ihr Dorf zurück, doch so unterschiedlich ihre Persönlichkeit, so unterschiedlich sind auch ihre Beweggründe für ihre Rückkehr. Im Dorf selbst scheint jedoch die Zeit stillgestanden zu sein und wo früher jeder noch so private Lebensbereich reglementiert wurde, scheint es fast so, als kämen manche mit der neu gewonnenen Freiheit nicht zurecht. Auf Jo und Jens mag das nicht unbedingt zutreffen, doch auch sie haben mit ihrer Jugend und Vergangenheit nicht abgeschlossen und bei genauerem Hinsehen kommen leise Zweifel, ob ihnen überhaupt der Ausbruch gelungen ist.
    Jan Böttcher hat hier eine ganz besondere Atmosphäre erschaffen, die von Rat- und Hoffnungslosigkeit, der heimlichen Sehnsucht nach einer vermeintlich besseren Vergangenheit, der auf jahrelanger Erfahrung beruhende Unverbesserlichkeit, aber auch von dem Drang, auszubrechen, der Neugierde auf "die andere Seite" und der Zuversicht auf eine bessere Zukunft geprägt ist. So neblig wie das Ufer der Elbe, so auch die Stimmung dieser Novelle, in der vieles angedeutet, manches erinnert, wenig gewünscht und kaum etwas erreicht wird. Der nüchterne Erzählstil erscheint eindringlich, die wenigen, eingestreuten lebendigen Szenen wohltuend normal, manche fast schon unwirklich erscheinenden Passagen sind einfach Geschmackssache, das Ende wenig überraschend. Dennoch ein Plädoyer für die Menschen, die nach dem Trubel der Wende vergessen wurden - von der Welt und vielleicht auch von sich selbst.


    Gute 7 Punkte!