Das Regenmädchen - Gabi Kreslehner

  • Der letzte Ton des Hörbuches ist vor einer Weile verklungen, und nun sitze ich hier mit meiner Tasse Tee. Fast ärgere ich mich, dass es nichts mehr zu hören gibt - aber diese Story ist es wert, dass man sie sich sogar gerne ein zweites Mal zu Gemüte führt. Aber später...!


    Ich kann nur meinen Eindruck wiederholen, den ich schon nach dem ersten "Hineinschnuppern" hatte. Die Wahl der Besetzung für dieses Hörbuch ist wohlüberlegt und perfekt abgestimmt getroffen worden. Katja Riemann ist für mich in diesem Falle die absolute Idealbesetzung gewesen. Ihre leicht rauchige und melancholische Stimme passte wunderbar zu dem Tonfall des ganzen Buches. Besonders die weiblichen Figuren, welche ja allesamt Risse und Sprünge hatten, hat sie in ihrer emotionalen Bandbreite sehr genau getroffen. Die männlichen Figuren waren ja entweder eher flapsig oder rotzig, und auch das gelang Frau Riemann mit Bravour. Ich glaube sogar, dass sie der Geschichte mehr Leben eingehaucht hat, als sie für mich "nur" auf dem Papier gehabt hätte. Denn es hat mich beim genauen Hinhören doch erstaunt, wie viel Bedeutung und Modulation sie noch in die einfachsten dahingeworfenen Ein-Wort-Sätze legen konnte - und die gab es, gerade bei Marie, doch recht oft. Chapeau, kann ich nur sagen!


    Weniger einleuchtend fand ich die Einteilung der Tracks. Sie stimmten nicht immer mit offensichtlichen Sinn-Abschnitten überein. Manchmal lagen sie mitten in einem Kapitel, und manchmal merkte man erst am veränderten Tonfall der Vorleserin, dass eine neue Perspektive eingesetzt hatte. Das könnte man noch besser machen! Die jeweilige Länge der insgesamt 4 CDs jedoch war gut gestaltet. Jeder Übergang von einer CD zur nächsten lag genau mitten in einem Spannungsbogen, was mir gut gefallen hat.


    Kommen wir zur Story an sich. Ich habe einige Rezensionen des "Nur-Buches" gelesen, und mir fiel erst dadurch auf, dass die Hörfassung doch um einiges gekürzt sein muss. Wiederholt schrieben z. B. einige Rezensenten von der reichhaltigen Ausbreitung des Privatlebens beider (!) Ermittler, doch im Hörbuch kommt eigentlich nur Franza Oberwieser privat vor. Gut, das erklärt auch meinen merkwürdigen Eindruck vom fast nicht anwesenden Felix Herz. Warum wird er an einer Stelle als Franzas "bester Freund" bezeichnet, obwohl er kaum vorkommt? Nun habe ich die Lösung dieser Frage.


    Was die Entwicklung des Falles angeht, sind gottlob keine auffallenden logischen Lücken zu verzeichnen. Alles entwickelte sich zwar langsam, abseits vom gängigen blutrünstigen Krimi-Schema, dennoch folgte man der Geschichte mit Aufmerksamkeit. Hier ging es eindeutig um Menschen und ihre Emotionen, und nicht um "Action". Die teils sehr poetische Sprache tat ihr Übriges dazu bei, um einen wohltuend anderen Eindruck heraufzubeschwören. Manchmal fühlte ich mich versucht, mir Sätze aufzuschreiben - so schön waren sie. Sehr ungewöhnlich für einen Krimi.


    Nur mit dem Gestalten von "Enden" sollte sich Frau Kreslehner meiner Meinung nach in Zukunft mehr Mühe geben - sprich, wenn sie schon ein so getragenes und melodramatisches Buch schreibt, sollte sie am Ende nicht so übertreiben. Das ist schwierig zu beschreiben, ohne zu viel zu verraten. Aber die Ergreifung des Täters (den man übrigens mit etwas Übung leicht auf CD 2 erraten hatte) hätte meines Erachtens "leiser" sein können. Und es musste nicht auch noch im Nachhinein eine so ernsthafte Verkomplizierung der Vorgeschichte eingebaut werden - auch das kann ich ohne Spoiler schwerlich beschreiben. Für Kenner der Literatur sei nur gesagt, dass Max Frisch in seinem "Homo Faber" eine ganz ähnliche Idee hatte. Doch vielleicht beruht dieser unausgegorene Eindruck auch wieder auf einer Kürzung, die ich natürlich nicht ahnen kann.


    Ja, und Franza Oberwieser - mit ihr wurde ich letztlich nicht wirklich warm. Sicher, der Polizistenberuf ist anstrengend und bisweilen sicher auch erschütternd. Doch in diesem Buch kam sie mir einfach zu überzeichnet depressiv vor. Wie oft sie sich während dieser Geschichte zu sterben gewünscht hat, kann ich schon nicht mehr zählen. Ich kann nur schwer nachvollziehen, dass man dann trotzdem konsequent an einer Ermittlung weiterarbeitet. Nun ja, aber das mag mein persönliches Problem sein.


    Insgesamt verleihe ich dieser Produktion mit Freuden vier wohlverdiente Sterne. Wäre das Ende runder gewesen, und hätte ich die Protagonistin sympathischer gefunden, hätten auch fünf Sterne daraus werden können. Hoffentlich beim nächsten Mal! Denn ich werde mir diese Autorin durchaus merken.

  • Ich kann mich rumble-bee nicht ganz so uneingeschränkt anschließen...


    Ich habe das Hörbuch von "Das Regenmädchen" gehört und gleich das erste, was mir nach etwas 5-10 Minuten aufgefallen ist, war die Tatsache, dass ich mir wohl kein Hörbuch mehr kaufen werde, das Katja Riemann liest. Ihre Stimme hatte für mich in jedem Satz ein "gnäckgnäckgnäck"-Unterton und das war irgendwann nur noch nervig. Dass ich weiter am Ball geblieben bin und das Hörbuch zu Ende gehört habe, war eigentlich nur der Story zu verdanken.


    Die war jedoch für mich in großen Teilen sehr hieroglypisch und unverständlich (und wie ich gerade bei rumble-bee gelesen habe, liegt das wohl an den massiven Kürzungen, die das Buch hier beschnitten haben). Ganz ehrlich - ich weiß nicht wirklich, in welcher Stadt das Buch spielt. Vielleicht ist es irrelevant, vielleicht habe ich es am Anfang überhört, vielleicht hätte man es durch die Andeutungen wie z.B. das Theater oder die Erwähnung von Hotelnamen erraten können.... aber es ist immer nur von "der Stadt" die Rede, was mich am Ende schier in den Wahnsinn getrieben hat. Denn wenn Marie nun nach Berlin fahren will und ihr Freund auch mit ihr mitkommen würde - wie weit ist das denn eigentlich? (Dass es im Süden spielt ist wegen der Donau schon klar, aber ich hätte gerne irgendwie mehr Identifikationsmöglichkeiten gehabt).


    Vom Überfliegen der CD-Hülle war ich eigentlich der Meinung, die Hauptermittlerin heißt Franka, was mir deutlich sympatischer gewesen wäre, denn Riemanns "FRANZA" ging mir auch erheblich auf den Senkel. Aber das war dann wohl auch nur noch ein Tropfen ins Fass, der selbiges fast zum Überlaufen gebracht hätte, weil es eben die Riemann ist, die da so nervig liest.


    Inhaltlich fand ich auch sehr schnell zum Täter und das Stochern der Ermittler im Nebel war manchmal doch schwer zu ertragen. Was dann aber gar nicht mehr ging, war für mich das Ende.... Sowohl die literarische Vorlage als auch die Hörbuch-Umsetzung, sprich: Sollte das Buch wirklich so abrupt enden wie das Hörbuch, bin ich froh, es nicht gelesen zu haben. Sollte das Buch am Ende wirklich so viel Tam-Tam im Drum-Herum der Aufklärung des Falls haben und sonst keine weitere Handlung mehr (die hier der Kürzung zum Opfer gefallen ist), wäre das Ende hierzu noch unpassender.


    Zwischendurch dachte ich oft: Was will sie mir denn jetzt damit sagen? Denn viele Themen und Anspielungen, vor allem aus dem privaten Umfeld von Franza, waren irgendwie so getrennt vom Buch und ohne wirklichen Belang im Hörbuch, dass sie auch getrost hätten weggelassen werden können (vielleicht zu Gunsten von etwas anderem, das wichtiger gewesen wäre). Hier habe ich zum Beispiel den "Schwank" um die Kaffeemaschine im Büro von Felix und Franza im Kopf, bei deren Erläuterung Franza unfreiwillig Privates preisgibt - ohne das zu müssen, denn warum sie hier so weitgehende Details an ihren Kollegen weitergibt, erschließt sich nicht.


    Gabi Kreslehners Vorlage ist aber (bis auf das Ende) immer sehr unaufgeregt und kommt eher mit subtiler Angst einher. Jedoch erschien mir hier auch einiges nicht ganz logisch, denn es gab für mich (als Polizei-Laien) doch genügend Hinweise, warum vielleicht doch besser Franza die Ermittlungsleitung hätte abgeben sollen bzw. müssen.


    Alles in allem habe ich aber ganz spannende Stunden mit dem Hörbuch verbracht, ich werde es wohl nicht zwingend weiterempfehlen, aber weitergeben (wenn denn die CDs schon mal im Haus sind...). Ich hatte den Eindruck, dass hier ein relativ gutes Buch nicht ganz so gut umgesetzt wurde und würde es dementsprechend als "nice to have" (aber eben kein must-have) klassifizieren.