Die Leichtfertigen - Philippe Djian

  • Verlag: Diogenes
    Gebundene Ausgabe: 217 Seiten
    Originaltitel: Impardonnables


    Kurzbeschreibung:
    Drogen, Liebesaffären, Verkehrsunfälle Francis hat viel durchgemacht, nun möchte er nur noch seinen Frieden. Doch Hochstapler und schöne Frauen wirbeln weiter durch sein Leben an ein ruhiges Schriftstellerdasein ist nicht zu denken.


    Über den Autor:
    Philippe Djian, geboren 1949 in Paris, wechselte oft den Wohnsitz. Bisherige Stationen: New York, Florenz, Bordeaux, Biarritz, Lausanne und Paris. Auf einer Autobahnmautstelle, bei einem seiner Gelegenheitsjobs, tippte Djian seinen ersten Roman. Damals, in den achtziger Jahren, waren seine jugendlichen Protagonisten noch on the road, sein dritter Roman, Betty Blue, wurde zum Kultbuch. Heute sind seine Helden seßhaft geworden, aber noch immer sind sie auf der Suche nach Intensität und Leidenschaft.


    Über den Übersetzer:
    Uli Wittmann, geboren 1948, promovierte in Ethnologie und Literaturwissenschaften. Nach längerer Zeit als Universitätslektor in Paris und Nigeria lebt Uli Wittmann in Paris. Er übersetzte aus dem Englischen und Französischen u. a. Breyten Breytenbach, Ben Okri, Caryl Phillips, Maryse Conde, J. M. G. Le Clezio, Francoise Bouillot und Noelle Chatelet.


    Mein Eindruck:
    Philippe Djian schreibt nicht mehr wie damals bei seinem Erfolgsroman Betty Blue – 37,2 Grad am Morgen. Seine Sätze sind inzwischen sehr verknappt. Daher muss erst einmal die Geschichte an sich dieses Buch tragen und das gelingt auch tatsächlich. Wie üblich schreibt Djian in der Ich-Form und der Protagonist Francis ist Schriftsteller. Es beginnt spannend. Francis erwachsene und verheiratetet Tochter ist verschwunden. Sie ist Schauspielerin und für ihre Eskapaden bekannt. Francis beauftragt eine Privatdetektivin. Schließlich gibt es sogar eine Lösegeldforderung. Djian schafft es gut, die angespannten Emotionen Francis zu beschreiben, der sich nebenbei auch in einer existenziellen Krise befindet. Es steht auch nicht gut um seine Ehe.
    Dann gibt es noch den vorbestraften Sohn einer Freundin von Francis, der auch nicht im Leben zu Recht kommt. Djians Helden sind, wie gewohnt, immer kurz vor dem Scheitern, andererseits sind sie auch nicht bereit aufzugeben. Die Stärke des Autors ist es, den Schmerz freizulegen und zu zeigen, wie der Verzweiflung auch immer etwas entgegengesetzt werden kann. Das verhindert jedoch auch nicht, dass Francis nach Beendigung des Vorfalls in ein Loch fällt, und er über sein Leben und seine Schriftstellerarbeit reflektiert. Das nimmt die zweite Hälfte des Romans ein, bei der es viele Rückblenden gibt.


    Ein Roman, zu dem die Musik von Animal Collective und Joy Division, die der Autor im Roman selbst ins Spiel bringt, passt. Der Roman wirkt wie ein in die Jahre gekommener Punksong, der aber immer noch voller Energie ist.
    „Die Leichtfertigen“ überzeugt durch die stimmungsvolle Handlung mit den emotionalen Achterbahnfahrten des Protagonisten und nicht zuletzt durch eine interessante Erzählstruktur. Von mir bekommt der Roman 9 Punkte.

  • Ich hatte vor, dieses Buch zu lesen, weil es wieder ganz typisch Djian zu sein schien - seine Themen, das, was er halt gut kann und was mir gefällt, dachte ich. Gleichzeitig fürchte ich aber, dass es so oder so nicht mehr so sein wird wie "früher", als ich ihn las, als ich Anfang zwanzig war. Nun schreibst Du auch noch, dass sich sein Stil so verändert hat, das schreckt mich trotz der hohen Punktevergabe richtig ab. Andererseits ist es vielleicht gerade gut, eben aus o.g. Grund - der Autor bleibt ebensowenig stehen wie man selbst, vielleicht passt es dann wieder zusammen. Ach, ich fürchte, ich erwarte viel zu viel von dem Buch.

  • Ende der 80er Jahre begeisterte mich Philippe Djian mit seinem Roman „Betty Blue“, der seinen Erfolg begründete. Nach „Betty Blue“ las ich auch weitere Werke von Djian, aber keines löste mehr die gleiche Sogwirkung aus wie sein Debütroman. Nach einigen schwächeren Werken der letzten Jahre ist der Roman „Die Leichtfertigen“ seit langer Zeit der erste Roman von Philippe Djian, der mich wieder überzeugen konnte.


    Philippe Djian erzählt in seinem Roman „Die Leichtfertigen“ die Geschichte von Francis, einem mittelmäßig erfolgreichen Schriftsteller, der in seinem Privatleben schwere Schicksalsschläge zu verarbeiten hat. Seine erste Frau und eine seiner beiden Töchter sind bei einem Unfall vor seinen Augen ums Leben gekommen. Ein prägendes Ereignis für ihn und seine mittlerweile erwachsene Tochter Alice, das auch maßgeblich deren Beziehung bestimmt. Francis wohnt mit seiner zweiten Frau, einer erfolgreichen Immobilienmaklerin, in einem Haus am Meer an der Grenze zu Spanien und wünscht sich nichts mehr als ein ruhiges und friedliches Leben. Plötzlich ist Francis Tochter, erfolgreiche Schauspielerin und Mutter von Zwillingen, ohne Nachricht verschwunden. Francis nimmt beunruhigt die Zwillinge auf und durchlebt Wochen voller Sorgen um Alice. In dieser schlimmen Zeit, in der ihn noch nicht mal seine Frau wirklich erreicht, beginnt Francis wieder zu schreiben, lernt eine Frau aus seiner Vergangenheit und deren Sohn kennen, und merkt zunächst nicht, wie sein Leben erneut vollkommen aus den Fugen gerät…


    Philippe Djian lässt Francis seine Geschichte selbst erzählen und gibt dem Leser so tiefen Einblick in dessen misanthropischen Charakter, der aufgrund seines Humors und oberflächlicher Fähigkeiten auf andere Zu- und Einzugehen, sich seinem Umfeld nicht sofort erschließt. In Rückblenden erfahren die Leser wie Leben und Schicksal Francis geprägt haben. Obwohl Francis als Schriftsteller mit Worten umzugehen weiß, sind seine Beziehungen voller Missverständnissen und kommunikativem Fehlverhalten. Eigentlich nicht auszuhalten, wäre da nicht eine spannende Handlung und in weiten Teilen eine leichte, lebensvolle Sommerstimmung wie ich das von „Betty Blue“ schon kannte, auch wenn sie durch den Zynismus, die Selbstzweifel, das Selbstmitleid und die Melancholie des Ich-Erzählers getrübt wird. Gerade wenn man denkt, dass die Handlung etwas dahinplätschert, bahnt sich ein überraschendes Ende an. Meines Erachtens passt der französische Titel „Impardonnables“ deutlich besser als der deutsche Titel „Die Leichtfertigen“ zum Inhalt des Romans. Zwar ist das Handeln von Alice und Francis in vielen Punkten leichtfertig, wesentlich sind jedoch ihre unentschuldbaren Worte und Handlungen.


    8 von 10 Punkten

  • Ich habe "Die Leichtfertigen" dann doch noch gelesen - und war sehr enttäuscht! Schon, als ich es zuklappte, wusste ich, dass nichts davon hängenbleiben würde, und so ist es auch. Da hat Djian meines Erachtens solange an seinem Stil gefeilt, bis nichts mehr übrig geblieben ist. Eine völlig uninteressante Geschichte, in der nie Atmosphäre aufkommt oder ich mal an den Formulierungen oder Vergleichen hängenblieb, da war einfach nichts.

  • Zitat

    Original von Bell
    Ich habe "Die Leichtfertigen" dann doch noch gelesen - und war sehr enttäuscht! Schon, als ich es zuklappte, wusste ich, dass nichts davon hängenbleiben würde, und so ist es auch. Da hat Djian meines Erachtens solange an seinem Stil gefeilt, bis nichts mehr übrig geblieben ist. Eine völlig uninteressante Geschichte, in der nie Atmosphäre aufkommt oder ich mal an den Formulierungen oder Vergleichen hängenblieb, da war einfach nichts.


    Herzlichen Dank für diese Einschätzung.
    Mit diesem Autor bin nach "Betty Blue" nie mehr so richtig warm geworden. Also lass ich dann mal besser die Hände von diesem Buch..... :wave

    Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst. (Evelyn Beatrice Hall)


    Allenfalls bin ich höflich - freundlich bin ich nicht.


    Eigentlich mag ich gar keine Menschen.