Originaltitel: Svinehunde (2010)
Droemer Verlag 2011, 503 S.
Über den Inhalt:
»Ich mag keine toten Männer. Die sind aufgeschnitten. Eklig, oder?« »Ja.« »Können wir jetzt Fußball spielen?« »Nein. Wir müssen einen Erwachsenen finden.« Wer sind die Toten, die von zwei Schulkindern in einer Turnhalle entdeckt werden? Was haben die fünf Männer verbrochen, dass sie so grausam ermordet wurden? Dänemark steht unter Schock. Kommissar Konrad Simonsen und sein Team müssen den Mörder finden, bevor eine Hetzjagd das ganze Land erschüttert.
Über die Autoren:
Lotte Hammer und Søren Hammer sind Geschwister. Lotte ist ausgebildete OP-Krankenschwester. Søren ist Lehrer für Mathematik, Dänisch und Englisch. Beide leben in Frederiksværk. Schweinehunde ist ihr Debüt, das in Dänemark das Buchereignis des Jahres und auf Platz 1 der Bestsellerliste war. Ihre Romane um den dänischen Kommissar Konrad Simonsen erscheinen in neunzehn Ländern.
Meine Meinung:
Bereits vor der Veröffentlichung in Dänemark war dieses Buch in mehrere europäische Länder verkauft worden. Vergleiche mit dem „Hypnotiseur“, dem ebenfalls in 2010 erschienenen Debüt eines schwedischen Autorenpaares, drängten sich mir unwillkürlich auf. Hier ist es ein Geschwisterpaar, das mit „Schweinehunde“ sein erstes gemeinsames Projekt vorlegt und inzwischen bereits am vierten Band um Hauptkommissar Konrad Simonsen und seinem Team schreibt.
In einer Turnhalle werden die Leichen von fünf schwer misshandelten Männern gefunden. Aufgrund des Zustands der Opfer hat die Polizei große Schwierigkeiten, ihre Identität festzustellen. Recht schnell kristallisiert sich der Verdacht heraus, dass es sich um Pädophile handelt, die quasi hingerichtet wurden. Aufgeheizt durch Presse und Internet verweigert die Bevölkerung die Zusammenarbeit mit der Polizei und erschwert die Suche nach den Tätern.
„Schweinehunde“ ist ein Krimi über Selbstjustiz und Manipulation der Öffentlichkeit.
Als Leser hat man immer einen Informationsvorsprung gegenüber der ermittelnden Polizei. Die ihrerseits unglücklicherweise nicht Schritt halten kann mit der Presse, es scheint, als würde die mit Insider-Informationen gefüttert.
Das am Anfang stehende Verbrechen bildet den Hintergrund für die Entwicklung einer Geschichte, bei der sich für den Leser die Perspektive plötzlich verschiebt. Von Beginn an ist klar, dass die Getöteten Pädophile sind und die Täter ehemalige Opfer von Pädophilen. Es geht nicht so sehr darum, herauszufinden, wer es getan hat, sondern wie es geschah und warum. Die Sympathie des Lesers liegt bei den Henkern, nicht in der Strafverfolgung. Das Thema Selbstjustiz führt unweigerlich zu der Frage, wer denn hier die wahren Schweinehunde sind, die pädophilen Sexualstraftäter oder die rachsüchtigen Opfer.
Schreibstil und Sprache sind ein wenig altmodisch. Es gibt allerdings Ansätze eines eigenwilligen Stils, besonders in den Dialogen, der leider nicht aufrecht gehalten wird. Der gelegentlich aufblitzende sarkastische Humor gefällt mir gut und wirkt trotz der Schwere des Themas nicht deplaziert. In dem Bemühen der Autoren, alles so authentisch wie möglich wirken zu lassen, tritt die Geschichte schon mal auf der Stelle und kommt nicht recht voran.
Kurze Kapitel und ständig wechselnde Perspektiven sorgen zwar für Tempo, können aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Geschichte ohne wirkliche Spannung und Höhepunkte bis zum Ende recht flach bleibt. Der Versuch einer realistischen Darstellung der Polizeiarbeit gerät durch die sehr ausführlichen Beschreibungen der Ermittlungsarbeit, Verhöre und Besprechungen (man kennt das ja von skandinavischen Krimis zur Genüge) langweilig und tritt auf der Stelle. Und zum Schluss bleiben ein paar lose Fäden übrig.
Ich empfand es als anstrengend, dass die Figuren immer mit vollem Namen genannt werden. Der übergewichtige Hauptkommissar Konrad Simonsen, Vater einer 16-jährigen Tochter, herrscht über sein Ermittlerteam: Nathalie von Rosen, genannt Comtesse, reich und attraktiv, Arne Pedersen, ehrgeizig, aber leider dem Glückspiel verfallen, die junge und schöne Berufsanfängerin Pauline Berg und der bereits pensionierte Kaspar Planck, der der Truppe mit seiner Erfahrung zur Seite steht. Auch die übrigen Nebenfiguren sind so ausgestattet, wie man sie sich im Krimi vorstellt: die Reporter zynisch und nur auf ihre Auflage fixiert, die Politiker rhetorisch gewandt, immer auf die richtige Windrichtung achtend. Die Kriminellen dürfen sich ein paar interessante Entgleisungen leisten, die meisten Figuren bleiben leider eindimensional und entwickeln sich nicht.
Die hier geschilderte kollektive Verweigerungshaltung der Dänen gegenüber der Polizei kommt mir übertrieben und unrealistisch vor. Dann kommt der Punkt, an dem die Geschichte den Autoren offensichtlich aus dem Ruder läuft. Es wird der Anschein erweckt, als würde die gesamte dänische Bevölkerung, aufgehetzt durch Presse und Internet, zur Selbstjustiz in Form von Gewalt gegenüber Pädophilen aufmarschieren.
Der Beginn ließ eine interessante und unter die Haut gehende Geschichte erwarten. In meinen Augen haben die Autoren sich zu verkrampft bemüht, die ihnen am Herzen liegenden Themen ins Bewusstsein des Lesers zu transportieren. Vielleicht gelingt es ihnen in der Fortsetzung, sich freizuschreiben. Ich werde dem nächsten Teil der Serie noch eine Chance geben.