Don Winslow - Satori

  • Basierend auf Trevanians Shibumi
    Heyne Verlag, 608 Seiten


    Kurzbeschreibung von amazon:


    Die Rückkehr einer Thrillerlegende ... episch, packend, gewaltig!


    Tokio 1951: Das Schicksal der Welt steht auf Messers Schneide. USA und Russland kämpfen mit allen Mitteln um die Vorherrschaft in Asien. Die CIA, die Nikolai Hel inhaftiert und gefoltert hat, macht ihm ein Angebot: Seine Freiheit gegen den Tod des sowjetischen Botschafters in Peking. Getarnt als Waffenhändler gerät Hel in ein tödliches Netz politischer Intrigen und verfolgt dabei ganz eigene Ziele: Rache und den Weg zu Satori, der Erleuchtung.


    Über den Autor (amazon)
    Don Winslow wurde in New York geboren und wuchs in South Kingston (Rhode Island) auf. Er war Schauspieler, Regisseur, Theatermanager, Safariführer und Privatdetektiv, bevor er mit seinen Kriminalromanen Kritik und Publikum begeisterte. Don Winslow lebt mit seiner Frau Jean und seinem Sohn Thomas in San Diego, Kalifornien.



    Meine Meinung:
    „Shibumi“, von Trevanian (eigentlich Dr. Rodney William Whitaker), ist ursprünglich 1979 erschienen, und erzählt die Geschichte von Nikolai Hel, einem Berufskiller, der die Technik des Nackt/Tötens beherrscht, in Shanghai aufwuchs, später in Japan das Go-Spiel erlernte, sechs Sprachen spricht und der kurz nach Ende des Zweiten Weltkrieges in Japan von den Amerikanern gefangen genommen und gefoltert wurde. „Satori“ erzählt eine Episode, die in „Shibumi“ in einigen wenigen Abschnitten angedeutet wird, und auf die man um so neugieriger wird. Um aus dem Gefängnis freizukommen muss Hel einen fast aussichtslosen Auftrag in China ausführen, einen Auftrag, von dem man annahm, dass er dabei draufgehen würde.


    Ich wäre ja nie auf den Gedanken gekommen, dass irgendjemand Nicolai Hel wieder aufleben lassen würde. Und um einen Vergleich zu bemühen, den Nikolai Hel anwenden würde: Shibumi ist im Vergleich zu Satori was Go im Vergleich zu Schach ist. Das eine – Shibumi – ist sehr vielschichtig, etwas verschachtelt, tiefergehend, das andere ist geradlinig und direkt.
    Satori erzählt geradlinig Nikolais Geschichte, wie er seinen Auftrag ausführt, und noch bevor er nach Peking aufbricht, geschieht der erste Mordanschlag auf ihn, auch später sind diverse Parteien hinter ihm her. Das Buch ist sehr spannend geschrieben, ich fand es keine Minute langweilig, und konnte nicht aufhören zu lesen. Satori reicht gewiss nicht an Shibumi heran, weder in der Struktur, noch der Vielschichtigkeit, noch den Anregungen, die es gibt. Wieviele Leser haben sich wohl nur wegen „Shibumi“ angefangen für Go zu interessieren? Aber es hat wirklich Spaß gemacht, das Buch zu lesen und Nikolai Hel wieder zu begegnen, auch wenn Satori gewiss nicht den selben Eindruck hinterlässt. Aber das entspricht auch den Gepflogenheiten heutiger Thriller, schnell erzählen, nur ja nicht zu sehr in die Tiefe gehen, nur ja nicht den Leser überfordern, und die Leser scheinen – zumindest nach Ansicht der Verlage- ja heute schon ziemlich schnell überfordert zu sein. Genau diesem heutigen Thriller-Schema entspricht Satori.


    Winslow scheint die Vorlage auch ziemlich gut gelesen zu haben, offenbar war er selber ein begeisterter Leser als damals das Buch herauskam, und man merkt es, er hat die Details übernommen, einige Charaktere die in Shibumi vorkommen, und ich finde, das Ergebnis ist ganz in Ordnung. Dennoch merkt man natürlich, dass man es mit einem anderen Autoren zu tun hat, an Trevanians Shibumi, das dieser eigentlich als eine Parodie auf Spionageromane verstand, reicht es bei weitem nicht heran.
    Und es ist leicht nachvollziehbar, dass Liebhaber des Originals dieses Buch beiseite legen und nicht gut finden.

  • Ich habe es tatsächlich abgebrochen, weil ich dieses Buch zu banal und uninteressant fand um meine Zeit damit zu verschwenden!


    Nach wie vor bin ich ein großer Bewunderer des Werkes von Don Winslow, aber mit diesem Buch hat er sich meiner Ansicht nach keinen Gefallen getan.

  • Ich habe wohl bisher noch kein Buch von Don Winslow gelesen, ich kann mich jedenfalls nicht erinnern, daher habe ich auch keinen Vergleich was er sonst macht. Dem Nachwort zu Satori nach zu schließen, habe ich den Eindruck, dass er damals auch voll gefangen war von Shibumi, und so kann ich es ein bisschen nachvollziehen, dass er sich hinreißen ließ Satori zu schreiben.
    Und ich habe mich einfach mal mitreißen lassen, von einem Spannungsthriller, oberflächlich, schnell, wie die eben so heute sind, mit ein paar bekannten Gestalten. Ich kann mir vorstellen, dass die meisten alten Shibumi Fans dieses Buch eher ablehnen, und jüngere Leser werden Satori vielleicht nicht lesen, weil sie Shibumi nicht kennen.
    So gesehen wundert es mich schon, dass das Buch auch noch so groß aufgemacht erschien, also als Klappbroschur, was irgendwie nervig ist, weil es mehr Platz einnimmt.
    Ich bereue es nicht, dass ich es gelesen habe, es war für mich spannend, aber es stimmt mich auch traurig, weil der direkte Vergleich schön zeigt, wie armselig viele der heutigen Thriller sind.


    Edit fand ein o zuviel

  • Hallo buzzaldrin,


    meine Rezensionen zu "Satori" und "Shibumi" sind noch nicht fertiggestellt.
    Winslow schreibt tatsächlich in sehr unterschiedlichen Stilen und lässt sich nicht so einfach in eine Schublade stecken.
    "Pacific Private" habe ich abgebrochen, von "Tage der Toten" bin ich völlig begeistert gewesen und würde die Geschichte über den mexikanischen Drogenkrieg unbedingt empfehlen und "Satori" weicht wieder völlig ab. Meine Rezension folgt noch, aber wenn Du einen Roman von Winslow testen willst, dann auf jeden Fall "Tage der Toten". Allerdings bleibt zu vermuten, dass Winslow sein ganzes Pulver in diesen extrem realitätsnahen, fast sachbuchartigen Roman verschossen hat und danach nicht mehr viel kommen wird.

  • Zitat

    Original von Salonlöwin
    Hallo buzzaldrin,


    meine Rezensionen zu "Satori" und "Shibumi" sind noch nicht fertiggestellt.
    Winslow schreibt tatsächlich in sehr unterschiedlichen Stilen und lässt sich nicht so einfach in eine Schublade stecken.
    "Pacific Private" habe ich abgebrochen, von "Tage der Toten" bin ich völlig begeistert gewesen und würde die Geschichte über den mexikanischen Drogenkrieg unbedingt empfehlen und "Satori" weicht wieder völlig ab. Meine Rezension folgt noch, aber wenn Du einen Roman von Winslow testen willst, dann auf jeden Fall "Tage der Toten". Allerdings bleibt zu vermuten, dass Winslow sein ganzes Pulver in diesen extrem realitätsnahen, fast sachbuchartigen Roman verschossen hat und danach nicht mehr viel kommen wird.


    Ich schließe mich diesen AQussagen vollkommen an, zum einen was die Empfehlung von "Tage der Toten" angeht - der beste Thriller und eines der besten Bücher überhaupt für mich - zum anderen auch was die Befürchtung angeht, das Winslow ab jetzt nur noch weiter nachlässt. Ein treuer Leser seiner Werke bleibe ich vorerst auf jeden Fall!

  • Ich hatte zunächst Shibumi gelesen und direkt im Anschluß Satori.
    Und ich hatte mit beiden Büchern so meine Probleme. Mit Shibumi, weil der Autor an vielen Stellen zu ausschweifig war und sich einfach an seiner zweifellos vorhandenen sprachlichen Expertise ergötzt hat, mit Satori, weil gerade die Sprache nicht gut getroffen war, wenn man beide Bücher vergleicht. Auch hat mich gestört, dass Winslow nicht ganz sauber die Figuren transformiert hat. So wirkt der Gnom in Satori auf Einmal wie eine Mischung aus ihm selbst und Le Cagot.


    Winslow ist zudem anzukreiden, dass er es mit dem Plot sehr übertrieben hat. Hel gegen den Rest der Welt. So genial er als Person auch zu sein scheint, wird er bei seinem "ersten Auftrag" viel zu perfekt und abgezockt dargestellt. Das mag ich ihm nicht abnehmen.


    Es wurden sprachliche Defizite mit viel Action und einer verwobenen Story kompensiert. Damit wurde - bei aller Langatmigkeit von Shibumi, genau das zerstört, was Shibumi letztlich ausgemacht hat.


    Betrachtet man Satori für sich alleine, ist das Buch überdurchschnittlich gute Unterhaltung in meinen Augen, aber so überwiegt für mich die Enttäuschung.


    Schade. Ich glaube, es hätte deutlich fähigere Autoren gegeben, die das Vermächtnis hätten ehren können.

    Enttäuscht vom Affen, schuf Gott den Menschen.
    Danach verzichtete er auf weitere Experimente.

    - Mark Twain -

  • Als sich 1951 die weltweite Lage zuspitzt und China und Russland zusammen eine Vorherrschaft in Asien anstreben, wird Agent Nikolai Hel undercover nach Peking geschickt, um den dortigen sowjetischen Botschafter auszuschalten. Nikolai sagt zu, sieht vor Ort aber rasch ein, dass er niemandem vertrauen kann. Nicht einmal seinen eigenen Leuten.

    Trotz dieses abwechslungsreichen Szenarios gestaltete sich der Anfang von „Satori“ leider ziemlich schleppend. Später nimmt die Geschichte zwar etwas mehr Fahrt auf, aber wirklich spannend wird es trotzdem nicht. Der Roman ist gut recherchiert und strotzt vor Fachwissen, doch das macht den Thriller nicht automatisch interessanter. Die vielen coolen Dialoge und Sprüche, die ich aus anderen Winslow-Romanen kenne, fehlten hier weitestgehend.