Uff, was für ein Brocken. Aber letzlich habe ich ihn doch geschafft, und getreu meinem Motto, dass ich zu jedem gelesenen Buch meinen Senf abgeben muss, versuche ich mich mal an einem Rezensionsthread dazu...
Der Autor:
Charles Robert Darwin wurde 1809 in eine Kinderreiche Familie in England hineingeboren. Seinem Vater nacheifernd begann er zunächst ein Studium der Medizin, mit dem er sich aber nie so recht arrangieren konnte. Auf Empfehlung seines Vaters wechselte er dann zum Studium der Theologie, welches Darwin ebenso wenig zu fesseln vermochte. Aber er verschaffte sich mit entomologischen Exkursionen und Sammlungen Abwechslung, besuchte botanische Vorlesungen und las privat naturwissenschaftliche Werke.
Mit 22 Jahren bekam er die Chance, an Bord des Vermessungsschiffes Beagle nach Südamerika und zu diversen Südseeinseln zu reisen. Erst 5 Jahre später sollte er wieder nach Hause kommen, um viele Exponate, Eindrücke und Erfahrungen reicher... und mit dem Keim einer Vermutung, die die Biowissenschaften revolutionieren sollte (und wohl auch noch mit anderen Keimen...bis zu seinem Lebensende sollte Darwin immer wieder mit den Symptomen einer unbekannten Krankheit zu kämpfen haben). In den folgenden Monaten sammelte er Beweismaterial zusammen und hatte bereits 1838 seine Theorie formuliert. Aber er zögerte, sie puplik zu machen, denn er war sich sehr dem Zeitgeist bewusst, in dem er lebte und hatte Angst davor, nicht ernst genommen zu werden.
Aus dieser Angst und Unsicherheit heraus schob er sein (späteres) Hauptwerk vor sich her, lenkte sich mit anderen Studien ab. Erst ein junger Naturwissenschaftler, Alfred Russel Wallace, riss ihn letztlich aus seinen Studien. Er hatte 1855 einen Aufsatz veröffentlicht, der erkennen ließ, dass er der Evolution ebenfalls auf der Spur war. Wachgerüttelt begann Darwin nun seine unzähligen Notizen zu sortieren und zusammenzuschreiben ...
1858 wurde seine "Entstehung der Arten" veröffentlicht (zusammen mit einem Manuskript von Wallace) und sicherte ihm somit die Urheberschaft an der Evolutionstheorie...
Darwin veröffentliche davor und danach noch eine Reihe weiterer Bücher und Abhandlungen und war Zeit seines Lebens besonders in botanischen Studien sehr aktiv.
Darwin starb 1882 mit 73 Jahren als Agnostiker, wie er selbst sich bezeichnete.
Das Buch:
Ist ein Klassiker. Hier erläutert er seine Theorie von der Veränderlichkeit der Arten, von der Selektion und wie dadurch alle Lebewesen aus einer (oder weniger) Abstammung(en) heraus entstanden sind.
Ich habe meine Eindrücke beim Lesen des Buches mit jeweiligen kurzen Kapitelübersichten im Forum aufgeschrieben: Die Entstehung der Arten -Charles Darwin / Diskussionsthread
Meine Meinung:
Meine Intention, um dieses Buch zu lesen bestand darin, dass ich mich mit biologischen und ökologischen Themen studienbedingt des öfteren auseinander setze. Dabei stolpert man natürlich häufiger über Darwin. Letzlich wollte ich unbedingt dieses vielleicht wichtigste Werk der Biologie selbst gelesen haben und mir selbst ein Bild darüber machen, was Darwin schon wusste, und was ihm vielleicht nur angedichtet wurde oder wo wir heutzutage schon ein Stück weiter sind.
Das dieses Buch leicht wegzuschmökern wäre, kann man freilich nicht behaupten, aber bis zum Schluss blieb mir der Eindruck, dass es erstaunlich flüssig zu lesen ist für ein so altes wissenschaftliches Werk. Vielleicht liegt es daran, dass Darwin nie selbst Naturwissenschaften studierte.
Wie dem auch sei, dieses Buch braucht Zeit, wenn man es nicht nur lesen, sondern auch begreifen will. Ich habe über ein Jahr gebraucht um dieses Buch zu beenden. Zwischendurch musste ich einfach Abstand nehmen. In aufgewühlten oder geistig sehr beanspruchten Zeiten war mir die Lektüre schlicht unmöglich.
Insgesamt ist dieses Buch schlicht ein Sammelsurium von Argumenten und faszinierenden Beispielen. Man kann aus jeder Zeile herauslesen, wie genau Darwin gearbeitet hat (später, als er diese Theorie entwickelte) und wie wichtig es ihm war, verstanden zu werden.
Nach der Lektüre bin ich mehr als zuvor der Meinung, dass man dieses Buch als angehender Zoologe, Biologe, Botaniker... gelesen haben sollte.
Interessant ist, dass er viele Gegenargumente seiner Theorie, die heute noch im Umlauf sind, selbst bereits ganz gezielt entkräften konnte (also sollte man versteiften Kreationisten die Lektüre dieses Buches auch mal ans Herz legen *hüstel*).
So spricht sich Darwin zum Beispiel ganz klar gegen Mutationen als Ursache für Anpassungsereignisse einer Art aus: "natura non facit saltum" - "Die Natur macht keine Sprünge" .. er betont mehrfach, dass die Entstehung von Arten ein sehr schleichender Prozess ist. Heute gibt es nach wie vor Leute, die als Hauptargument gegen die Evolutionstheorie anbringen, dass Mutationen doch meist negativ sind und eine vorteilhafte Mutation unwahrscheinlich wäre etc pp... Darwin hat nie etwas anderes behauptet.
Interessant ist auch, dass an keiner Stelle die berühmten "Darwinfinken" irgendeine Erwähnung finden.
Dieses Buch bekommt von mir 9 Punkte, allein schon seiner Bedeutung wegen. Diese Ausgabe hat mir auch sehr gut gefallen, klein und handlich mit einem schönen Nachwort, welches das Buch besser einsortieren hilft. Hier liegt die 6. und damit letzte von Darwin selbst überarbeitete Fassung vor. Es ist sicherlich kein einfacher Happen, aber wenn man sich nicht unter Druck setzt, ist er dennoch ganz gut zu lesen.
liebe Grüße
Aj
Edit: Ich muss hier nochmal kurz was berichtigen bzw klarstellen im Bezug auf Mutationen. Gemeint sind hierbei "große" Mutationsereignisse a la es wächst ein 5. Bein. Im Detail auf genetischer Ebene halte ich Mutation für einen wichtigen Faktor in der Evolution. Freilich konnte Darwin aber noch nicht auf genetischer Ebene urteilen...
Edit2. Ohje, und die Rechtschreibung konnte auch noch etwas Überarbeitung gebrauchen... Fehler die noch übrig geblieben sind dürft ihr als Varietäten in der Sprache und möglichen Prozess von sprachlicher (Fehl)Evolution betrachten