# Taschenbuch: 215 Seiten
# Verlag: Suhrkamp Verlag; Auflage: 1 (14. März 2011)
# Sprache: Deutsch
# ISBN-10: 3518462407
Kurzbeschreibung
Im August 2009 meldeten die Feuilletons eine Sensation: In einem der Öffentlichkeit nicht zugänglichen Teil des Max-Frisch-Archivs in Zürich war das Typoskript eines bisher unbekannten Werks des Schweizer Autors gefunden worden: 184 Seiten, von Frisch auf Tonband diktiert, von seiner Sekretärin in die Maschine getippt. Der Autor selbst hatte auf der Titelseite notiert: »Tagebuch 3. Ab Frühjahr 1982«. Max Frisch lebte zu dieser Zeit in New York, zusammen mit seiner damaligen Lebensgefährtin Alice Locke-Carey, bekannt als »Lynn« aus der Erzählung Montauk. Ihr ist das Tagebuch 3 gewidmet, und vermutlich fällt das abrupte Ende der Aufzeichnungen Mitte der achtziger Jahre mit der Trennung von der Amerikanerin zusammen. Die USA und die Schweiz, die Reagan-Administration und das belastete Verhältnis zu der um vieles jüngeren Frau, der Kalte Krieg und der Krebstod eines engen Freundes: Wie die beiden legendären, 1950 und 1972 erschienenen Tagebücher verzeichnet auch das Tagebuch 3 Augenblicksnotizen neben längeren reflexiven Passagen – und hebt das scheinbar flüchtig hingeworfene Notat in den Rang des Literarischen: »Es gibt in Amerika alles – nur eins nicht: ein Verhältnis zum Tragischen.«
Über den Autor
Max Frisch wurde am 15. Mai 1911 in Zürich geboren und starb am 4. April 1991 an den Folgen eines Krebsleidens in seiner Wohnung in Zürich. 1930 begann er sein Germanistik-Studium an der Universität Zürich, das er jedoch 1933 nach dem Tod seines Vaters (1932) aus finanziellen Gründen abbrechen musste. Er arbeitete als Korrespondent für die Neue Zürcher Zeitung.
Seine erste Buchveröffentlichung Jürg Reinhart. Eine sommerliche Schicksalsfahrt erschien 1934 in der Deutschen Verlags-Anstalt Stuttgart. 1950 erscheint Das Tagebuch 1946-1949 als erstes Werk Frischs im neugegründeten Suhrkamp Verlag. Zahlreiche weitere Publikationen folgten.
Meine Meinung
„Ich bin auf Erfahrungen angewiesen, die mich begrifflich hilflos machen und von daher narrativ.“
Es gibt keine gesicherten Informationen darüber, ob Max Frisch mit der Veröffentlichung von den Entwürfen zu seinem dritten Tagebuch einverstanden gewesen wäre und es gab im Verlag auch lange Diskussionen darüber, ob man seine Text angesichts dieser Tatsache wirklich veröffentlichen darf. Auch Peter von Matt, der das (sehr hilfreiche und interessante) Nachwort zum dritten Tagebuch verfasst hat, war ursprünglich gegen eine Veröffentlichung. Ich bin froh, dass sich der Verlag 2009 schließlich doch noch anders entschieden hat, da uns sonst ein großartiges Leseerlebnis entgangen wäre.
In seinem Nachwort schreibt Peter von Matt, dass das Tagebuch, so wie Max Frisch es versteht, nur wenig mit unserem heutigen Verständnis von einem Tagebuch zu tun hat. Es handelt sich um eine "streng gefügte Komposition essayistischer und erzählender Text, die untereinander so in Beziehung stehen, dass sich ein Geflecht wiederkehrender Themen und Motive ergibt". Die Themen und Motive im dritten Tagebuch sind sehr vielfältig und lassen sich am besten unter den beiden Oberbegriffen persönlich und politisch trennen. Politisch geht es vor allem um die "Supermacht" Amerika, aber auch um die Rolle der Sowjetunion und um die schon damals herrschende Angst vor einem Atomkrieg. Auf der persönlichen Ebene wird das Buch vor allem durch die Themen Alter und Tod bestimmt. Der langjährige Freund von Max Frisch, Peter Noll, stirbt an Blasenkrebs. Viele Einträge werden bestimmt von Gedanken über das Sterben, die Transzendenz. Natürlich spielt aber auch die Liebe eine Rolle, Max Frisch ist zu dieser Zeit mit der wesentlich jüngeren Alice Locke-Carey liiert. An vielen Stellen wird klar, dass es sich nicht um eine sehr glückliche Beziehung handelt.
Frisch geht mit allen Themen, die er anspricht sehr offen um. In seinen politischen Einträgen ist seine Wut spürbar, während in den Einträgen, die sich mit dem Sterben seines Freundes beschäftigen, die Trauer beinahe spürbar ist. Auch eine Problematik mit Alkohol wird von Frisch an mehreren Stellen angesprochen.
Dies ist das erste Buch, das ich von Max Frisch gelesen habe und es hat mich sehr beeindruckt. Poetisch, zurückhaltend und in ruhigen Bildern gewährt Frisch tiefe Einblicke. Schade, dass das Tagebuch unvollendet geblieben ist – doch bin ich froh, dass uns zumindest diese kleinen Einblicke ermöglicht worden sind.