Leyla - Feridun Zaimoglu

  • Kurzbeschreibung (von Amazon):
    Eine anatolische Kleinstadt in den fünfziger Jahren. Hier wächst Leyla als jüngstes von fünf Geschwistern auf, im engen Kreis der Familie und der Nachbarschaft, und hegt einen großen Wunsch: Sie will dieser Welt entkommen. Feridun Zaimoglu wendet den Blick zurück auf das Land, aus dem er mit seinen Eltern kam. Ein Land, erstarrt im Kalten Krieg, in dem ein strenger Glaube den Alltag durchdringt, die Familien dem Vater unterstehen, den Frauen ein bescheidener Platz zugewiesen ist – und in dem all das ins Wanken gerät. Er lässt die heranwachsende Leyla ihren Alltag erzählen, von den Vormittagen in der Schule, den Nachmittagen im Kreise der Schwestern, die an ihrer Mitgift sticken, und dem Leben in der Kleinstadt, in der Armut herrscht und jeder sein bescheidenes Auskommen sucht. Leylas Vater hat keinen Erfolg, verliert seine Anstellung als Bahnbeamter und schlägt sich mit immer windigeren Geschäften durch. Die Brüder gehen ihrer Wege, rebellieren gegen den Vater, die Schwestern warten auf den Mann, der für sie ausgesucht wird, und hoffen auf die große Liebe. Leyla erobert sich kleine Freiheiten, die sie wieder verliert, als sie zur Frau wird. Und sie kommt einem dunklen Familiengeheimnis auf die Spur. Erst der Umzug der Familie nach Istanbul eröffnet neue Möglichkeiten: Leyla lernt einen Mann kennen und verliebt sich, doch die beiden haben keine Zukunft in der Türkei. Mit epischer Kraft und einer sinnenfrohen, farbenprächtigen und archaischen Sprache erzählt Feridun Zaimoglu vom Erwachsenwerden eines Mädchens, dem Zerfall einer Familie und von einer fremden Welt, aus der sich viele als Gastarbeiter nach Deutschland aufmachten.


    Über den Autor:
    Feridun Zaimoglu, geboren 1964 im anatolischen Bolu, lebt in Deutschland. Er studierte Kunst und Humanmedizin in Kiel, wo er seither als Schriftsteller, Drehbuchautor und Journalist arbeitet. Er war Kolumnist für das Zeit-Magazin und schreibt für die Welt, die Frankfurter Rundschau, Die Zeit und die FAZ. 2002 erhielt er den Hebbel-Preis, 2003 den Preis der Jury beim Bachmann-Wettbewerb in Klagenfurt und 2004 den Adelbert-von-Chamisso-Preis. Im Jahr 2005 war er Stipendiat der Villa Massimo in Rom. Im selben Jahr erhielt er den Hugo-Ball-Preis.


    Meine Meinung:
    Leyla wächst in den 1950er Jahren mit zwei Brüdern und zwei Schwestern in Anatolien auf. Ihre Mutter erzieht sie streng, aber liebevoll, die älteren Geschwister erziehen sie mit. Und der Vater, den die Ich-Erzählerin nur den Mann ihrer Mutter nennt. Der Vater tyrannisiert die ganze Familie, zwingt allen seinen Willen und seine Grundsätze auf, an die er sich selbst am wenigsten hält, geht dubiosen Geschäften nach und stürzt die Familie mehr als einmal an den Rand des finanziellen Abgrunds.


    Leyla nimmt uns mit in ihre verwirrende Welt. Da sind die Schwestern, schön, lieb und sittsam, die ihre Träume von der großen Liebe in ihre Handarbeiten für die Aussteuer reicher Mädchen einnähen und den schmalen Lohn an den Vater abgeben müssen. Da sind die Brüder, der eine sensibel und verträumt, der andere immer im Schatten des Vaters, die viel mehr Freiheiten genießen als die Mädchen für den Preis, dass sie sich vorbehaltlos auf die Seite des Vaters stellen sollen. Und da ist die Mutter, eine warmherzige, kluge Frau, gefangen in sich selbst und in ihrem Leben, die oft nur einen harten Brotkanten zum Essen hat, den sie in Wasser taucht. Und der Vater. Was ist das für ein Mann, der so hartherzig und selbstsüchtig ist, der prügelt und grausam bestraft? Der seine Frau dafür verachtet, dass sie geschändet war, als er sie heiratete? Später erfahren wir, dass er Zeuge ihrer Vergewaltigung durch mehrere Männer während des Krieges wurde und das zerrissene Mädchen zur Frau nahm - vielleicht aus Scham, weil er ihr nicht helfen konnte, vielleicht auch aus Liebe. Und da sind Leylas Freundinnen, vor allem Manolya, die aus reichem Hause stammt und vor nichts Angst hat.


    Feridun Zaimoglu fängt die Bilder einer vergangenen Zeit ein, die vielerorts in der Türkei womöglich noch gar nicht vergangen ist, und knüpft daraus einen orientalischen Teppich mit farbenfrohen, wiederkehrenden Mustern. Ich habe das Buch trotz einiger Längen gerne gelesen und mich von Leyla in ihre Welt entführen lassen.


    Leylas Geschichte ist die Geschichte von Zaimoglus Mutter, lesenswert für alle, die sich für das Leben in der Türkei außerhalb der Urlaubsorte interessieren und sich auf eine lange Geschichte einlassen wollen.


    Interessant ist auch dieses Interview zur Entstehung von "Leyla" und zu den entstandenen Plagiatsvorwürfen.


    ASIN/ISBN: 359617621
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  • Kürzlich hat Feridun Zaimoglu in Kiel, wo er seit Jahrzehnten wohnt, einige seiner Bücher signiert, darunter auch "Leyla". Das war für mich eine gute Gelegenheit, mir das Buch zu kaufen und endlich zu lesen - was ich schon lange vorhatte.

    Da es schon vor über zehn Jahren erschienen ist und vielfach hochgelobt wurde, spare ich mir hier eine eigene Rezension. Das meiste von dem, was namhafte Kritiker (z.B. Ijoma Mangold in der SZ) seinerzeit dazu geschrieben haben, stimmt uneingeschränkt. (Hier ein Link zum Perlentaucher mit einigen Rezensionszusammenfassungen: https://www.perlentaucher.de/b…ridun-zaimoglu/leyla.html)

    Ein wundervolles Buch und ein großartiges literarisches Erlebnis.

    Ausdrückliche Leseempfehlung!