'Vom anderen Ende der Welt' - Seiten 106 - 209

  • Carl hat die Tiere freigekauft?
    Das muss mir entgangen sein, das hab ich mich hinterher nämlich gefragt, weil sie nicht mehr erwähnt wurden.


    Seth' Vater kann ich sogar ein kleines bisschen verstehen. Damals hatte man ja tatsächlich große Angst, Jungs zu verhätscheln. Man glaubte, sie mit aller Gewalt hart machen zu müssen für die harte Welt und glaubte, ihnen damit etwas Gutes zu tun.
    Es gab da diesen Spruch: Schone den Stock und du schadest dem Knaben.
    Das muss für Eltern und KInder gleichermaßen schlimm gewesen sein.

  • Ich bin heute leider kaum zum lesen gekommen. Trotzdem habe ich diesen Abschnitt noch beenden können.


    Seth ist mir, wie vielen anderen hier auch, sehr ans Herz gewachsen. Warum geht der Vater eigentlich so grob und hart mit den Jungen um. Sein Charakter oder die Sorge, dass auf dem Schiff alles außer Rand und Band läuft wenn er nicht alle hart genug ran nimmt?
    In der einen Scene wirkte das Vater-Sohn Verhältnis positiver. Als er den Jungen die Knoten gezeigt hat. Rührend fand ich da auch den großen Bruder, der immer ein wenig gewartet hat bis der Kleine auch fertig war.


    Das Mary ihre Periode nicht rechtzeitig bemerkt finde ich nicht unrealistisch. Von Verschiebungen durch Stress und schlechte Ernährung mal ganz abgesehen hat nicht jede Frau einen regelmäßigen Zyklus und nicht immer macht sie Periode vorher deutlich bemerkbar.
    Erstaunt war ich allerdings, dass Franklin auf einmal regelrecht die Wahrheit sehen wollte. Er hätte sich ja auch mit den Erklärungen zufrieden geben und weiter unbewusst weggucken können.


    Weiß Mary eigentlich das Carl über sie Bescheid weiß oder haben die Männer sie im glauben gelassen er wüsste es nicht damit sie sich authentischer verhält? Das ist mir nicht klar geworden. Vielleicht habe ich es auch überlesen?


    Mir gefällt dieses Buch weiterhin sehr gut und ich bin von der vielen Recherchearbeit sehr positiv überrascht. Der Leser erfährt so viel interessantes. Die kurzen Einwürfe aus Tahiti finde ich auch sehr gelungen. Und die Sicht auf die eigentlich unpraktisches Dinge unseres Lebens ließen mich schmunzeln und ein wenig nachdenklich werden.


    Ich freue mich schon sehr darauf weiterzulesen und hoffe morgen mehr Zeit dafür zu finden. Ein wirklich gelungenes Buch. :-)

  • Tabea : Da stand irgendwo, dass Carl so tut, als ob er nichts wüsste, damit Mary sich weiterhin größtmögliche Mühe gibt, als Mann durchzugehen, nur so hätten sie eine Chance nicht aufzufallen.


    Mulle : In dem Kapitel "Atlantischer Ozean 14. September 1785" bekommt Carl ja die Liste, wo auch die Tiere draufstehen und dann auf Seite 174/175 (in unserem Leseexemplar) "Vier Tage lang, hatte Carl beschlossen, wollte er nicht auf seine Brandy-Ration verzichten. Doch gern würde er ein Trankgeld entrichten, um sich freizukaufen. Nochmals sah er auf die Liste. Zwei Kater, ein Affe. Für die Tiere an Bord würde ein Aufschlag zu zahlen sein, den er entrichten würde."
    Als die Tiere dann nicht weiter aufgetaucht sind, habe ich mir einfach gedacht, dass Carl seine Gedanken in die Tat umgesetzt hat. Ich würde mich allerdings noch freuen zu lesen, dass Seth und Nat den Affen irgendwo an Land wieder aussetzen können.

  • Zitat

    Original von Tabea
    ...
    Seth ist mir, wie vielen anderen hier auch, sehr ans Herz gewachsen. Warum geht der Vater eigentlich so grob und hart mit den Jungen um. Sein Charakter oder die Sorge, dass auf dem Schiff alles außer Rand und Band läuft wenn er nicht alle hart genug ran nimmt?
    ...


    Zu der Zeit dachte man ja auch noch, dass man Jungs "abhärten" muss, damit sie zu richtigen Männern heranwachsen. Das wird sicher ein Aspekt sein. Der zweite ist, dass er seinen Söhnen ja gesagt hat, dass sie sich keine Extras erlauben dürfen, nur weil sie die Söhne sind. Irgendwie klingt mir noch im Ohr, dass es auf dem Schiff keinen Vater und keine Söhne gäbe.

  • Diesen Abschnitt habe ich eben beendet.


    Ich fand es gut und realistisch, dass Mary recht früh enttarnt wurde, da sie sich nicht immer wirklich "männlich" angestellt hat. Zwar habe ich mich gewundert, dass Carl dann doch die Heimlichkeiten weiter mitspielt, wo er doch erst so unglaublich zornig war, aber sonst wäre die Geschichte ja wahrscheinlich schon zu Ende ;-)
    Aber ich finde die langsame Annäherung zwischen Mary und ihm spannend, vor allem da er weiß, das sie eine Frau ist, Mary aber noch glaubt, dass er das nicht weiß! Und endlich, endlich darf sie mit auf eine Exkursion.
    Den Gedanken, dass sie bei einer Verhaftung mit Carl eine Zelle teilen will, fand ich klasse :grin
    Bin sehr gespannt, was die drei an Land erleben!


    Ob William wohl später erfährt, wie Mary auf das Schiff gelangt ist und dass es ihr gut geht? Ich würde es mir wünschen!


    Seth ist auch mir ans Herz gewachsen und auch Nat, der immer Rücksicht auf seinen kleinen Bruder nimmt! Die Szene, bei der der Vater ihnen die Knoten zeigt, fand ich allerdings irgendwie nicht so richtig glaubwürdig, vor allem, dass der Vater ihnen über den Kopf streicht - macht das jemand, der sonst immer so grob ist zu seinen Kindern :gruebel
    Aber das ist nur eine kleine Kritik.


    Insgesamt gefällt mir die Geschichte gut und ich lese gerne weiter :lesend

  • So nun ist Mary auch noch enttarnt, aber wenigstens darf sie trotzdem an Bord bleiben und Carl gibt sich vor ihr als ob er nicht wüsste das sie eine Frau ist. Vielleicht auch bei einem Schiff mit Matrosen besser, man weiß ja nie wie es ihr sonst ergangen wäre.
    Seth und Nat tun mir irgendwie leid, wie sie von ihrem Vater behandelt werden, aber auch die anderen Matrosen gehen mit den beiden nicht wirklich zimperlich um.

  • Den Abschnitt habe ich auch noch schnell gestern gelesen - ich muss sagen, der flüssige Schreibstil ist ein richtiger Genuss im Gegensatz zu meinem vorigen Buch (Die Eleganz des Igels) :-)


    Hier passiert ja allerhand: Zum Einen ist Marys Tarnung nun aufgeflogen. Ich dachte mir schon von Anfang an, dass es Franklin bestimmt zuerst merkt, da er ja mit ihr auf engstem Raum ein Zimmer teilt..
    Toll finde ich es, dass Franklin und Carl sie nicht verraten - sie denkt aber weiterhin, dass es nur Franklin weiß..
    Ihre Entdeckung hat jedenfalls den Vorteil, dass sie mit auf die Expeditionen darf..


    Beim ersten Abschnitt hier im Forum hieß es mal, dass es "einfach" wäre sich als Mann reinzuschmuggeln, da niemand überhaupt damit rechnen würde, dass sich eine Frau verkleidet. In diesem Abschnitt redet aber Carl
    davon, dass er bereits davon gehört hat.. Mir ist immer noch ein bisschen unerklärlich, dass es bisher niemand anderes mehr gemerkt hat.. Aber nun ja, das spielt ja auch keine große Rolle mehr..


    Sehr symphatisch ist auch mir Seth - ein sehr liebenswürdiger und aufmerksamer Junge, aus dem bestimmt mehr werden könnte.. Er tut mir richtig leid - was er da alles miterleben muss auf dem Schiff..


    Ich kann mir schon fast denken wie das Buch ausgehen wird - mal schauen, ob hier noch die ein oder andere Überraschung auftaucht :-)


    Die Sache mit der Periode fand ich übrigens auch realistisch, da kann es viele Gründe geben, dass sie es nicht vorher schon gemerkt hat..

    Einige Bücher soll man schmecken, andere verschlucken und einige wenige kauen und verdauen.

  • Zitat

    Original von Büchersally
    Zu der Zeit dachte man ja auch noch, dass man Jungs "abhärten" muss, damit sie zu richtigen Männern heranwachsen. Das wird sicher ein Aspekt sein. Der zweite ist, dass er seinen Söhnen ja gesagt hat, dass sie sich keine Extras erlauben dürfen, nur weil sie die Söhne sind. Irgendwie klingt mir noch im Ohr, dass es auf dem Schiff keinen Vater und keine Söhne gäbe.


    Klingt plausibel. Wenn auch aus heutiger Sicht wirklich furchtbar. :-(


    Nordstern : Danke dir. Also spielen sie sich nun gegenseitig etwas vor. ich bin gespannt wann und wie Mary herausfindet, dass Carl schon lange weiß wer sie wirklich ist.

  • Zitat

    Original von verena
    Beim ersten Abschnitt hier im Forum hieß es mal, dass es "einfach" wäre sich als Mann reinzuschmuggeln, da niemand überhaupt damit rechnen würde, dass sich eine Frau verkleidet. In diesem Abschnitt redet aber Carl
    davon, dass er bereits davon gehört hat.. Mir ist immer noch ein bisschen unerklärlich, dass es bisher niemand anderes mehr gemerkt hat.. Aber nun ja, das spielt ja auch keine große Rolle mehr..


    Ich denke, das gehört zu den "Dingen", die man wohl hört, denen man jedoch nicht soviel Gewicht gibt. Ausserdem passieren diese "Dinge" den anderen, aber doch nicht einem selber. ;-) Daher kann ich mir gut vorstellen, dass Carl am Anfang keinen Gedanken daran verschwendet hatte, ob sich eine Frau auf das Schiff geschmuggelt haben könnte und sich erst dann an die entsprechenden Erzählungen erinnerte, als er über Marys Maskerade informiert wurde.
    Jeder auf dem Schiff arbeitet sehr hart und hat nicht wirklich Zeit, sich mit den anderen zu beschäftigen. Allerdings wurde Mary ja trotzdem recht früh enttarnt, so dass es mMn realistisch rüber kommt.

  • Oh, sie landen auf Madeira! :grin Das hat mich jetzt sehr gefreut (und vor allem die ausführliche Schilderung der Insel von Funchals Hafen aus gesehen), verbinde ich doch damit sehr angenehme Erinnerungen an unseren Urlaub im Winter! Das musste ich jetzt kurz loswerden, mehr will ich dazu aber auch gar nicht schreiben, denn ich bin mit dem Abschnitt noch nicht ganz durch (und eure Posts habe ich auch noch nicht gelesen).


    Hier noch ein Bild, wie Mary Funchal gesehen hätte, wenn sie einige Jährchen später gefahren wäre:

  • Das ist ja toll, das Bild! Vielen Dank dafür! Eine tolle Idee! :-)


    Noch einmal zu Kyle Bennetter. Im ersten Thread habe ich kurz angerissen, was ihn zu dem macht, der er ist:


    Kyle Bennetter und seine Söhne. Ja, es ist so wie viele mutmaßen: Er will seine Söhne nicht verweichlichen, will sie auf die Welt der Seefahrt vorbereiten, ihnen mit der frühen Erfahrung als Schiffsjunge zu arbeiten, eine Karriere bei der Navy eröffnen. Das war damals nicht selten, und oft waren die Jungen in Seths Alter. Er gehört aber auch definitiv zu den "Menschen", die selbst keine andere Erfahrung als die "harte, strafende Hand" gemacht haben und so führt er fort, was er erlebt hat. (Zumindest war es so angedacht in seiner Figurenbiographie.


    Interessanterweise habe ich beim Schreiben nie daran gezweifelt, dass er für seine Söhne irgendwie und tief verborgen eine Zuneigung empfindet, naja, soweit wie ihm das eben möglich ist. Denn sonst würde er nicht so viel Wert darauf legen, ihnen einen guten beruflichen Weg zu ebnen. Und manchmal, in ganz seltenen Momenten, blitzt diese Zuneigung für seine Söhne auch auf. Wichtig ist, dass Seth und Nat wissen, dass ihr Vater diese zwei Seiten hat.

  • Zitat

    Original von Liv Winterberg


    Interessanterweise habe ich beim Schreiben nie daran gezweifelt, dass er für seine Söhne irgendwie und tief verborgen eine Zuneigung empfindet, naja, soweit wie ihm das eben möglich ist. Denn sonst würde er nicht so viel Wert darauf legen, ihnen einen guten beruflichen Weg zu ebnen. Und manchmal, in ganz seltenen Momenten, blitzt diese Zuneigung für seine Söhne auch auf. Wichtig ist, dass Seth und Nat wissen, dass ihr Vater diese zwei Seiten hat.


    So habe ich Kyle Bennetter auch beim Lesen empfunden, als einen Vater, der zwar sehr hart zu seinen Jungs ist, aber eigendlich nur ihr Bestes will, auch wenn seine Methoden sehr zweifelhaft sind (zumindest aus heutiger Sicht) und er ihnen seine Zuneigung nur sehr schwer zeigen kann.

  • Zitat

    Original von Liv Winterberg
    Das ist ja toll, das Bild! Vielen Dank dafür! Eine tolle Idee! :-)


    So toll ist es leider nicht, da es nur einen kleinen Ausschnitt zeigt und nicht mal annähernd den Ausblick auf die Insel wiedergeben kann. Madeira ist eine wirklich schöne Insel und vom Schiff aus ein ganz toller Anblick. So wie du es wiedergegeben hast warst du aber schon mal dort, oder? Und wars du sonst noch auf anderen Anlegestellen des Buches?

    "Alles vergeht. Wer klug ist, weiß das von Anfang an, und er bereut nichts." Olga Tokarczuk (übersetzt von Doreen Daume), Gesang der Fledermäuse, Kampa 2021

  • Ich habe mir schon gedacht, dass Mary schnell entarnt werden wird, alles andere wäre, glaube ich, unglaubwürdig gewesen, zumindest für mich. Kurze Haare machen aus einer Frau noch lange keinen Mann.


    Kyle ist sicherlich ein sehr strenger Vater, aber auch nicht strenger als andere Väter wohl damals waren. Er wollte halt ordentliche Seemänner aus seinen Söhnen machen, auch wenn ein solches Verhalten ganz bestimmt nicht zu rechtfertigen ist.

    Zitat

    Interessanterweise habe ich beim Schreiben nie daran gezweifelt, dass er für seine Söhne irgendwie und tief verborgen eine Zuneigung empfindet, naja, soweit wie ihm das eben möglich ist.


    Daran habe ich auch beim lesen nicht gezweifelt.

    Zitat

    Die Sache mit der Periode fand ich übrigens auch realistisch, da kann es viele Gründe geben, dass sie es nicht vorher schon gemerkt hat..


    Mich interessiert wie Frauen damals überhaupt mit ihrer Regelblutung umgegangen sind. :gruebel

  • Je mehr ich lese, desto mehr gefällt mir das Buch. Ich bin ganz gefangen von Marys Eindrücken- leider nehme ich das Buch eher in Emotionen wahr als in rational fassbaren Eindrücken, was für eine Leserunde immer etwas doof ist. Aber ich möchte auch nicht einfach nur den Inhalt des Abschnittes zusammenfassen- das haben andere vor mir schon ausgiebig gemacht (zumal der ja jedem bekannt ist, der an der Leserunde teilnimmt).


    Besonders gefällt mir Seth (eine tolle Mischung aus kindlicher Unschuld und Abgeklärtheit) und auch William.
    Abgesehen davon finde ich ist Landon ein wirklich toller Charakter. Hatte er Mary anfangs nur auf Grund ihrer Äußerlichkeit geschätzt und ihr naturwissenschaftliches Interesse als Spleen abgetan, so beginnt er sie jetzt dank William besser zu verstehen. Ich könnte mir denken, daß er ihr bei ihrer Rückkehr ein Halt (und wahrscheinlich auch ein liebender Gefährte) sein könnte, denn auch Mary wird reifer und erwachsener auf ihrer Reise. Leider kenne ich bereits einen wichtige Twist der Geschichte (da vieles vom Inhalt für allzu Neugierige auf der Seite der Literaturagentur verraten wird), sodaß ich mir diese Möglichkeit eigentlich ganz gut vorstellen könnte.

    Ich weiß nicht, was das sein mag, das ewige Leben.
    Aber dieses hier, das diesseitige, ist ein schlechter Scherz. (Voltaire)

  • Lese-rina : Hoffentlich enttäusche ich Dich jetzt nicht, aber ich war nie in Madeira ... Im dritten Thread habe ich einen ausführlichen Post zum Thema der Recherchen gesetzt, vielleicht gibt der Dir einen Eindruck.
    grottenolm : Dass auf der Agenturseite noch ein sehr ausführlicher Text stand, der viel aussagte, haben wir dann auch irgendwann gesehen und ihn sofort gekürzt. Aber für Dich dürfte das ein wenig spät sein. ;-)

  • @ Liv: Dann hast du es aber wunderbar getroffen! Umso mehr :anbet Auf das Thema Recherche bin ich schon sehr gespannt, will aber momentan noch nicht in den dritten Abschnitt reingucken!

    "Alles vergeht. Wer klug ist, weiß das von Anfang an, und er bereut nichts." Olga Tokarczuk (übersetzt von Doreen Daume), Gesang der Fledermäuse, Kampa 2021

  • Mary ist also enttarnt worden. Das war aber leider voraus zu sehen. Zum Glück darf sie als Marc weiter an der Expedition teilnehmen. Das ist für alle Beteiligten auch das Beste.


    Seth finde ich sehr sympatisch. Er ist noch sehr kindlich und rutscht ungewollt von einem Schlamassel in den nächsten.


    Auf Thaiti wo Owahiri seinem Sohn von Omai und seinen Eigenheiten erzählt ließen mich Schmunzeln.

  • Zitat

    Original von Mulle
    Wunderbar gefielen mir in diesem Abschnitt die Schilderungen vom Leben an Bord, die Beschreibungen der Natur und die Sinneseindrücke.


    Dem kann ich mir nur anschließen! Ich finde gerade dieses Bordleben, aber auch die Erlebnisse an Land wahnsinnig interessant! Etwas schade finde ich nur, dass sich für mich gerade die Seeerlebnisse episodenartig lesen. Etwas passiert (z. B. die Äquatortaufe oder das Bierunglück), ist dann aber auch sehr schnell wieder beendet und wird nie mehr angesprochen. Da hätte ich mir mehr Übergänge gewünscht. (Angesprochen wurde ja auch schon das Beispiel nach Marys Eigenexpedition - es wird nie geklärt, wie sie empfangen wurde). Seth Sichtweise ist in diesem Zusammenhang äußerst interessant, allerdings lenkt er von Mary und ihren Erlebnissen ab.


    Sprachlich ist es teilweise schon sehr derb, allerdings passt es zum rauen Umgang auf dem Schiff. Mich würde nur interessieren, wie Mary mit diesem komplett ungewohnten Leben zurechtgekommen ist.


    Die Enttarnung passierte zwar überraschend schnell, aber auch überzeugend. Obwohl es sicherlich (gerade damals) möglich ist, seine Periode erst so spät zu bekommen, fand ich Marys Reaktion darauf eher routiniert. Wäre es ihre erste gewesen, wäre sie sicherlich um einiges überraschter gewesen. Neben den bereits erwähnten Regelunregelmäßigkeiten (bitte auch nicht vergessen: die Frauen damals nahmen keine Hormone, die einen 28-Tage-Rhythmus garantierten), frage ich mich schon die ganze Zeit, inwieweit Mary überhaupt wusste, welches Datum war und wie genau die Frauen damals ihre Periode verfolgten/notierten. Sicher hing in ihrer Kajüte kein Kalender und auch wenn der Kapitän das Datum sicher verfolgte ist es fraglich, ob Mary die Tage mitzählte. Warum auch?


    Die eigene Expedition fand ich sehr mutig (gerade in dieser Situation), auf der anderen Seite aber auch sehr konsequent. Sie wusst ja nicht, wie es weitergehen sollte und nutzte so die Möglichkeit, die sich ihr bot. Allerdings wunderte es mich doch, wie einfach sie von Bord (und wahrscheinlich auch wieder drauf) kam.


    Ganz schön finde ich die Annäherung zwischen Franklin und Mary. Eine Liebesgeschichte zwischen diesen beiden würde mir persönlich (zumindest momentan) weitaus mehr zusagen als zwischen Carl und Mary. Nicht nur altersmässig, sondern auch von ihren Erfahrungen und Empfindungen her würden sie doch gut zusammenpassen, oder?

    "Alles vergeht. Wer klug ist, weiß das von Anfang an, und er bereut nichts." Olga Tokarczuk (übersetzt von Doreen Daume), Gesang der Fledermäuse, Kampa 2021

  • Wäre ich an Carl Belhams Stelle gewesen, hätte ich Mary bereits in San Jago an Land gelassen und sie auch gleich dort ausgesetzt. Wenn nicht dort dann allerspätestens in Rio. Sie an Bord zu lassen ist im Prinzip unverantwortlich. Möchte nicht näher ausführen was geschehen wäre wenn sie von der Crew entdeckt worden wäre...


    Mit den Tahiti Szenen kann ich leider nicht allzu viel anfangen. Es ist zwar gut einen zweiten Handlungsstrang zu eröffnen aber so wie es geschrieben ist gefällt es mir gar nicht. Irgendwie zu süss und zu kindlich geschrieben.


    Der letzte Absatz auf Seite 209 lässt ein mulmiges Gefühl in der Magengegend entstehen. Ich hoffe die Geschichte driftet nicht zu sehr ins romantisch-kitschige ab.


    Zitat

    Original von Mulle
    Ein Punkt hat mir in diesem Abschnitt nicht so gut gefallen, und das waren die ausformulierten Gedanken. Zum einen aufgefallen ist mir das bei Carl. Z.B. auf S 124/125. Ich finde seine Gedanken sehr weiblich formuliert und dann ist mir aufgefallen, dass alle Figuren in diesen ausformulierten Gedanken (kursiv) sehr ähnlich "klingen". Carl, Mary, Middleton .. sie haben dieselbe Stimme. Und diese Stimme hat mich manchmal irritiert.


    Ich was genau was Mulle mit diesen Sätzen aussagen wollte. Ich empfinde dies ganz ähnlich.


    Zitat

    Original von Liv Winterberg
    Noch einmal zu Kyle Bennetter. Im ersten Thread habe ich kurz angerissen, was ihn zu dem macht, der er ist:


    Kyle Bennetter und seine Söhne. Ja, es ist so wie viele mutmaßen: Er will seine Söhne nicht verweichlichen, will sie auf die Welt der Seefahrt vorbereiten, ihnen mit der frühen Erfahrung als Schiffsjunge zu arbeiten, eine Karriere bei der Navy eröffnen. Das war damals nicht selten, und oft waren die Jungen in Seths Alter. Er gehört aber auch definitiv zu den "Menschen", die selbst keine andere Erfahrung als die "harte, strafende Hand" gemacht haben und so führt er fort, was er erlebt hat. (Zumindest war es so angedacht in seiner Figurenbiographie.


    @ Liv Alles schön und gut aber die Funktion als Bootsmann und damit Vorgesetzter einer Crew die aus lauter harten Burschen besteht, die wochenlang grosse Entbehrungen auf sich nimmt ist nicht zu unterschätzen. Er kann gar kein Mitgefühl und Verständnis zeigen da ihm sonst die Position als Führungsmann entgleitet und ihm die Crew auf der Nase rumtanzt. Er muss seine harte Linie strikt durchziehen. Und seine Söhne besser zu behandeln als die andere Crew... :nono das geht erst recht nicht. Die Söhne sind wie der Rest der Crew zu behandeln, keine Bevorzugungen.