Geht die Ära des Science-Fiction zu Ende?

  • Steampunk ist noch nicht so erfolgreich. Scott Westerfeld hat eine neue Reihe "Leviathan". Dann ist Philip Pullmans His Dark Materials Reihe irgendwie auch Steampunk. Und dann gibt es einige Romantasy-Steampunk Bücher. Zum Beispiel Cassandra Clares "Clockwork Angel". Dies ist eine Art Spin Off ihrer Urban-Fantasy-Bücher.

  • Gefühlt ist jede dritte englischsprachige Neuerscheinung dem Steampunk-Subgenre zuzurechnen. Hier auf der Büchereule werden etliche Beispiele aufgeführt.


    Was ich nicht so ganz verstehe ist was genau "neue Ideen feiern" im Zusammenhang mit "technologischen Visionen" in der Science Fiction bedeuten soll. Wenn wir über "Fiction" reden, dann reden wir über Geschichten, in Geschichten gibt es zumeist Konflikte etc. Also was genau macht ein fiktionales Buch lesenswert, das primär Technik feiert?


    Um die Frage mir selbst zumindest teilweise zu beantworten: vielleicht wenn diese Technik dazu verwendet wird, um ein Problem zu lösen. D.h. Auslöser für einen Konflikt kann z.B. ein dystopisches Szenario sein. Ein Beispiel ist Cory Doctorows "Little Brother". Dort ist die Dystopie ein Überwachungsstaat (im Prinzip die USA der Gegenwart) und die Waffe der jugendlichen Helden Informationstechnologien.

  • Zitat

    Da bestimmt nun mal Angebot und Nachfrage das Geschäft. Wenn ich es richtig im Kopf habe werden 70 % der bellestristischen Bücher von Frauen gekauft. Männer hätten halt mehr tun müssen.


    Ja, ich gebe es zu! Das stimmt wohl. Bezüglich der Technikskepsis hast du auch Recht. Es ist eben der gegenwärtige Zeitgeist, der einen positiven Glauben an Technologie "böse" macht. Gut, ohne Brutkasten und Kaiserschnitt wären wohl die Hälfte von uns gar nicht am leben, aber trotzdem...Heute wird es von den Medien gepredigt, dass Technologie generell schlecht ist und automatisch zum Atomkrieg usw. führt. Blödsinn, meiner Meinung nach! Warum wohl? Wollen gewisse Kreise Deutschland und Europa desindustrialisieren? Morgenthau-Plan - nur verspätet? Gut, keine Politik. Jedenfalls wirkt sich das auf das Denken der gesamten Gesellschaft aus und führt dazu, dass auch Technikvisionen im SF-Bereich eben nicht mehr gefördert werden.

  • Zitat

    Original von Alexandermerow
    Es ist eben der gegenwärtige Zeitgeist, der einen positiven Glauben an Technologie "böse" macht. Gut, ohne Brutkasten und Kaiserschnitt wären wohl die Hälfte von uns gar nicht am leben, aber trotzdem...Heute wird es von den Medien gepredigt, dass Technologie generell schlecht ist und automatisch zum Atomkrieg usw. führt. Blödsinn, meiner Meinung nach! Warum wohl? Wollen gewisse Kreise Deutschland und Europa desindustrialisieren? Morgenthau-Plan - nur verspätet? Gut, keine Politik. Jedenfalls wirkt sich das auf das Denken der gesamten Gesellschaft aus und führt dazu, dass auch Technikvisionen im SF-Bereich eben nicht mehr gefördert werden.


    Ich meine, Du zäumst hier das Pferd vom falschen Ende.
    Technik per se ist nicht böse. Was viele mit Skepsis betrachten ist, das Technik viel zu früh und häufig nicht ausgetestet den Menschen regelrecht aufgezwungen wird und schnellstmöglich Entwicklungskosten hereinzuholen und Gewinne abzuschöpfen.


    Was heute als Jahrhundertinnovation gilt ist morgen schon nicht nur ein alter Hut, sondern möglicherweise eine Gefahr.


    Jede Technik ist nur so gut wie sie Menschen wirklich einen Vorteil bringen. Bei vielen jedoch überwiegen mittel- bis langfristig die Nachteile für die Mehrheit.


    Das daher mit einer gewissen Lebenserfahrung technische Neuerungen mit Skepsis betrachtet werden ist für mich der ganz normale Lebenserhaltungstrieb.


    Und gerade Dystopien sind doch nichts anderes als das Aufzeigen von negativen technischen und gesellschaftlichen Entwicklungen.


    Das Problem ist nicht die Technik sondern die Schnelligkeit mit dem sie auf den Markt geworfen wird und ob sie von Menschen beherrschbar ist


    Und gerade bei Atomkraft und Gentechnik fehlt einfach das Vertrauen, dass sie von Menschen beherrschbar sind. Denn Menschen sind nun mal fehlerhaft und Fehler in technischen Anwendungen können nun kaum noch denkbare Katastrophen auslösen.


    Viele haben, so wie ich, einfach das Gefühl: nicht mehr der Mensch beherrscht die Technik - die Technik beherrscht das Leben der Menschen und wer lebt schon gerne in voller Abhängigkeit


    fragt sich Dyke

    "Sie lesen?"
    "Seit der Grundschule, aber nur, wenn's keiner sieht."


    Geoffrey Wigham in "London Calling" von Finn Tomson

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  • Zitat

    Und gerade Dystopien sind doch nichts anderes als das Aufzeigen von negativen technischen und gesellschaftlichen Entwicklungen.


    Oder das Aufzeigen von Situationen, wo die Technik in den falschen Händen ist. Computerchips sind ja nicht von sich aus böse. Wenn sie aber z.B. den Leuten implantiert werden, um sie überwachen und ausschalten zu können, dann werden sie zum Bösen verwendet. Gleiches gilt für alle anderen technischen Errungenschaften.
    Heute dient die Technik mehr denn je nicht irgendwelchem Gemeinwohl, sondern ausschließlich Profitinteressen. Die Idee, etwas zum Wohle der Allgemeinheit zu erfinden, wird heute auch mehr denn je belächelt - vor allem, wenn man kein Geld daran verdienen kann. Dann wird eine derartige Erfindung sogar bekämpft bzw. nicht gefördert. Wenn jemand z.B. wirklich eine sichere, saubere und freie Energiegewinnung entwickeln würde (Tesla?), dann würde er fertig gemacht, medial diffamiert oder gar ermordet. Da verstehen die Lobbyisten keinen Spaß und Beispiele für derartige Szenarien gibt es genug.

  • Bookmarks Liste der Jugend-Science Fiction möchte ich noch ergänzen:


    Das neue Buch Genesis - Bernard Beckett (ab ca. 16 Jahre)
    Da kann man kaum etwas zu sagen, da es am Ende einen kleinen Knalleffekt gibt. ;-)


    Skinned - Robin Wasserman [ab 14 Jahren]
    Eine junge Frau wird in einem künstlichen Körper "wiedergeboren" und muss ich in einer Welt zurechtfinden, in der das nicht ohne weiteres Möglich ist. Der 3. Teil der Trilogie erscheint noch dieses Jahr auf deutsch.


    Mary E. Pearson - Zweiunddieselbe
    Was macht einen Menschen zum Menschen? Wann ist er keiner mehr? Ähnliche Thematik wie bei Skinned, soll eine Saga werden. Der 2. Teil erscheint im Original im Sommer.


    Der Pakt - Gemma Malley (ab ca. 14 Jahre)
    Auftakt einer Trilogie, die eine Gesellschaft beschriebt, in der es keinen Tod mehr gibt. Im Gegenzug wird auf Kinder verzichtet.


    Der Tomorrow Code - Brian Falkner [ab 14 Jahren]
    Die Neuseeländische Jugendbuchversion von Schätzings Schwarm, interessant zu lesen.


    Im Sog der Zeit-Serie: Die Entführten - Im Sog der Zeiten - Margaret Peterson Haddix (ab ca. 12 Jahren)
    Spielt in der Zukunft, in der Zeitreisen möglich sind. Jugendliche reisen in die Vergangenheit, um rauszufinden, wer sie wirklich sind und dadurch die Zeit zu retten.


    Schattenkinder-Serie: "Schattenkinder" von Margaret Paterson Haddix
    Pro Familie sind nur zwei Kinder erlaubt - aus wirtschaftlichen Gründen. Werden trotzdem weitere Kinder geboren, müssen sie ihr Leben lang versteckt werden, da sie Schattenkinder sind.


    Noch ein paar Einzelromane:
    Euer schönes neues Leben kotzt mich an - Saci Lloyd
    Ein Umweltroman im Tagebuchstil, ich habe es abgebrochen, hat aber anderen gefallen.


    Bar Code Tattoo - Suzanne Weyn (ab ca. 12 Jahren)
    Nur über ein Tattoo kann in dieser Gesellschaft gelebt werden, ein paar Jugendliche begehren dagegen auf.


    Noch ungelesen liegen bei mir noch:
    Gelöscht - Marco Kunst
    Tigeraugen - Tonke Dragt
    Himmel und Hölle - Malorie Blackman (Auch eine Trilogie)


    Nicht bei allen Büchern spielen junge Mädchen die Hauptrolle, bei den Schattenkindern ist es ein Junge. Die oben aufgeführten Bücher sind nur die, die ich in den letzten zwei Jahren gelesen habe oder noch lesen möchte.

  • Im Erwachsenenbereich erscheint schon noch das eine oder andere Buch im Bereich der Dystopien, nur werden sie oft nicht als Science Fiction vermarktet und erkannt. Da fallen mir drei Bücher ein, die hier eben nicht unter Science Fiction laufen, für mich aber welche sind:


    Corpus Delicti. Ein Prozess - Juli Zeh
    Ninni Holmqvist - Die Entbehrlichen und
    Alles was wir geben mussten - Kazuo Ishiguro


    Sie stehen in Buchhandlungen überall, nur nicht unter Science Fiction.

  • ah genau, wiggli, da waren ja noch die ganzen Dystopien über medizinische Fortschritte oder Überbevölkerung. Da kann ich dir einen wirklich fesselndes Jugendbuch empfehlen, dass einen an manchen Stellen traumarisiert.


    "Unwind" von Neal Shusterman.
    In der Zukunft können Eltern ihre Kinder nachträglich (also wenn die Kinder schon geboren sind) "abtreiben". "Abtreiben" heißt, dass diese Kinder in die Obhut der Behörde kommen und dass sie irgendwann als Organspender (komplett) enden. Das Buch ist "Alles, was wir geben mussten" von Kazuo Ishiguro etwas ähnlich, ist aber im Vergleich nicht ganz so deprimierend.

  • Zitat

    Original von Alexandermerow
    [Mir fallen bei so etwas nur die guten alten "Dreibeinigen Monster" ein :-] Die waren klasse!


    So isses! Was hab ich mich anno 1986 geärgert, als das ZDF nur einen Teil der BBC-Serie ausstrahlte. Die Story hörte mittendrin auf.

    Und was die Autofahrer denken,
    das würd’ die Marder furchtbar kränken.
    Ingo Baumgartner

  • Zitat

    So isses! Was hab ich mich anno 1986 geärgert, als das ZDF nur einen Teil der BBC-Serie ausstrahlte. Die Story hörte mittendrin auf.


    Die Tripods waren schon eine sehr intelligente "Überwachungsstaats-Story". Habe mir die alten Folgen neulich auf DVD besorgt. Die Special Effects sind zwar sehr rustikal, aber insgesamt eine tolle Serie.

  • Beanpole und der "Schmand fair" - oder wie immer sie das geschrieben haben. Ist schon lange her. Wenn ich jetzt nochmal eine olle TV-Serie als DVD anschleppe, krieg ich Ärger daheim.

    Und was die Autofahrer denken,
    das würd’ die Marder furchtbar kränken.
    Ingo Baumgartner

  • Zitat

    Original von Wiggli
    Danke für den Tipp, ich werde mein Englisch weiter verbessern und dieses Buch dann sicherlich dann auch lesen. :grin


    Kannst auch auf Deutsch lesen, erscheint demnächst. ;-)
    [SIZE=7](Mir hat es nicht so dolle gefallen da ich dem Autor die Erklärung für seine Welt nicht abnehmen kann.)[/SIZE]

  • Ach, der alte SciFi-ist-tot-oder-doch-nicht?-Thread hat's mal wieder nach oben geschafft :grin
    .. gerade lese ich oben 'Steampunk ist im Kommen' - Posting vom Sommer 2011. Lustig, damals gingen bei den Verlagen/Agenturen alle wie wild ab mit: Könnt ihr Steampunk-Manuskripte anbieten? Wird der nächste große Hype! Alle Verlage kaufen wie blöd Steampunk!


    Haben sie auch, und dann kamen 4 Monate später die ersten Titel auf den deutschen Markt und ... floppten. Ich hatte selbst so ein Konzept im Angebot und habe es dann flugs auf HighFantasy umgeschrieben, so dass die Agentur es neu anbieten konnte - weil Steampunk nämlich nun plötzlich keiner mehr wollte. Eine Menge Leute sind da auf ihren Konzepten sitzen geblieben, die sie zuerst auf Anfrage hin geschrieben hatten.
    Seitdem tröpfeln die Titel, für die die Verlage schon bezahlt hatten, nun stückchenweise in die Läden, aber er Trend ist wirklich schon tot, bevor er richtig Schwung holen konnte. Netter Nebeneffekt: In der Kielwelle hat es auch das eine oder andere, durchaus anspruchsvolle SciFi-Manuskript in die Verlage gespült, es ist ganz überraschend, was man an Neuerscheinungen findet. So lebendig wie gerade zur Zeit war SciFi schon lange nicht mehr. Auch wenn es kein Regal gibt, an dem das extra dransteht - die meisten SciFi-Titel stehen jetzt einfach mit bei der Fantasy.
    Die andere Tarnkappe, unter der sich auch jede Menge SciFi-Bücher verstecken, sind Dystopien, vor allem im Jugendbuch-Regal zu finden. Neben Liebesgeschichten in futuristischem Szenario finden sich auch da ein paar richtig gute SciFi-Perlen.


    Hier übrigens mein letztes Fundstück, das ich vorgestern bei Thalia entdeckt habe...

  • Zitat

    Auch wenn es kein Regal gibt, an dem das extra dransteht - die meisten SciFi-Titel stehen jetzt einfach mit bei der Fantasy.


    Das ist vielfach so. Ist mir auch schon aufgefallen. Zurzeit läuft tatsächlich eine Menge unter der Dystopie-Flagge (Tribute von Panem usw.). Mal sehen, wie lange dieser Trend anhält.

  • Um mal aufs Eingangs-Posting einzugehen, gab es überhaupt so etwas wie eine Ära Science Fiction? Führte das Genre nicht schon immer ein gewisses Nischendasein? Es mag schon sein, dass es schon bessere Zeiten gegeben hat und sich gegenwärtig das Label "Science Fiction" überhaupt nicht verkaufen lässt. Andreas Eschbach, wohl Deutschlands renommiertester SF-Autor redet von "Blei in den Regalen".


    Das heißt aber nicht, dass es keine Science Fiction mehr gibt. Man findet sie nur nicht mehr in den immer kleiner werdenden "Science Fiction"-Regalen (neuerdings tatsächlich häufig nur noch 2 Fächer im Fantasy-Regal) der Buchläden. Autoren, die Science Fiction noch gut verkaufen wollen, schreiben heutzutage lieber Thriller drauf oder springen auf den Dystopie-Zug auf.