Meir Shalev - Meine russische Großmutter und ihr amerikanischer Staubsauger

  • Inhalt:
    Die wahre und unglaubliche, aberwitzige und traurige Geschichte von Meir Shalevs Großmutter Tonia und dem Staubsauger, den ihr Schwager ihr aus Amerika geschickt hat. Aufgezeichnet von ihrem schelmischen, liebenden, staunenden Enkel.


    Tonia, in den zwanziger Jahren aus Russland nach Israel eingewandert, ist eine starke, eigensinnige Frau, und sie hat einen großen Feind: den Schmutz. Ihm hat sie den Kampf angesagt. Kein leichtes Unterfangen in der ländlichen Jesreel-Ebene. Denn im jungen jüdischen Staat sind Chaos, Staub und Schlamm allgegenwärtig, und ihre weitverzweigte Familie tut ihr Übriges, das Durcheinander zu vermehren. Da schickt Tonias Schwager ihr aus dem fernen Amerika eine Wunderwaffe ... Meir Shalev zeichnet mit Zärtlichkeit und Humor ein sehr persönliches Porträt seiner Großmutter und erzählt zugleich die Saga seiner Familie: einer Sippe von Pionieren und Dichtern, Lehrerinnen und Exzentrikern – allesamt begnadete Geschichtenerzähler, deren sich lustvoll widersprechende Stimmen eine wahre Geschichte heraufbeschwören, neben der so manche Erfindung der Phantasie verblasst
    (Quelle: Diogenes Verlag)


    Der Autor:
    Meir Shalev wurde 1948 in Nahalal in der Jesreel-Ebene geboren. Er studierte Psychologie und arbeitete viele Jahre als Journalist, Radio- und Fernsehmoderator. Inzwischen ist er einer der bekanntesten und beliebtesten israelischen Romanciers. 2006 erhielt er für sein Gesamtwerk den Brenner Prize, die höchste literarische Auszeichnung in Israel. Meir Shalev schreibt regelmäßig Kolumnen für die Tageszeitung ›Yedioth Ahronoth‹. Er lebt mit seiner Familie in Jerusalem und in Nord-Israel.
    (Quelle: Diogenes Verlag)


    Roman, Hardcover Leinen, 288 Seiten
    ISBN 978-3-257-06779-8
    Erschienen im Feb. 2011
    € (D) 20.90 / sFr 35.90* / € (A) 21.50
    Aus dem Hebräischen von Ruth Achlama
    Originaltitel: Ha-davar haja kacha
    (Quelle: Diogenes)



    Meine Meinung:
    Meir Shalev erzählt von seiner Familie und vor allem von seiner aus Russland ausgewanderten Großmutter Tonia, eine eigenwillige Frau, deren größter Feind der Schmutz ist.
    Tonia legt Lappen auf die Türklinken, empfängt Gäste auf der Terrasse, geduscht wird im Stall und für das "kleine Geschäft" geht man nach draußen.
    Immer trägt sie einen Lappen über der Schulter, um dem Schmutz sofort bekämpfen zu können. Der Fußboden wird solange gewischt, bis das Wasser klar ist.Tonia hat keine Hemmungen, ihre Tochter aus der Schule zu holen, damit diese ihr beim Putzen hilft.
    Aber natürlich ist die Putzsucht nicht das einzigste Thema in diesem warmherzig und humorvoll erzählten Roman. Es gibt noch weitere skurrile Geschichten um die Verwandtschaft - und von jeder Geschichte gibt es natürlich mehrere Versionen. Wie heißt es so schön im Roman:
    "Gibt es von einer Geschichte mehrere Versionen, wählt man bei uns in der Familie die schönste."Daher kann sich der Leser schon die Frage stellen, ob immer alles so gewesen ist, wie Shalev es beschreibt.


    Doch wie kommt jetzt ein amerikanischer Staubsauger in diesen Haushalt?
    Da ist der nach Amerika ausgewanderte Schwager Tonias, der für die Familie ein Verräter ist, denn "mitten in der Zeit der zweiten Einwanderungswelle, der 'hebräischen Arbeit' und der Trockenlegung der Sümpfe,entschied sich Onkel Jeschajahu, nach Amerika auszuwandern und gewissermaßen die Wüsten von Los Angeles zum blühen zu bringen. Ja, damit nicht genug, änderte er seinen hebräischen Namen in das englische 'Sam' und gründete ein business, mit dem er sein Geld unter Ausbeutung der Arbeiterklasse verdiente." (S. 12)
    Da seine Familie in Israel sein von ihm geschicktes Geld nicht annimmt, kommt Jeschajahu auf eine grandiose Idee - die ich aber hier nicht weiter verraten mag.


    Ich habe mich gut unterhalten lassen von diesem wunderbaren Roman, der einem das sicher nicht einfache Leben in Israel ein wenig näherbringt.
    Gut gefallen haben mir auch die hinzugefügten Photos, auf denen man sich Tonia, Onkel Jizchak, Batja und weitere Familienangehörige anschauen kann.
    Das Cover ist passend und spielt auch im Roman eine Rolle.


    edit:
    Letzten Satz ergänzt und einen Fehler beseitigt.

    Jeder trägt die Vergangenheit in sich eingeschlossen wie die Seiten eines Buches, das er auswendig kennt und von dem seine Freunde nur den Titel lesen können.
    Virginia Woolf

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  • Vielen Dank für die schöne Rezi;


    Nach dem Lesen dieses Buches habe ich mir fest vorgenommen, bei den Macken meiner Verwandschaft etwas nachsichtiger zu sein :grin

    Herzlichst, FrauWilli
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    Ich habe mich entschieden glücklich zu sein, das ist besser für die Gesundheit. - Voltaire

  • Conor - ich habe dieses Buch letzte Woche beendet und ich habe bisher nur gute Rezis darüber gelesen, wahrscheinlich bin ich die einzige Leserin, die es nicht ganz so gut findet, ich versuche mal den Grund zu posten...


    Meine Meinung: Meir Shalev ist ein bekannter und beliebter israelischer Romancier. Er hat ein Stück Familiengeschichte aufgeschrieben, in dem seine Großmutter Tonia eine der Hauptrollen spielt. Tonia, eine Einwanderin hat einen gewaltigen Putzfimmel und so wird in ihrem Haus jede Klinke mit Läppchen umwickelt, die Toilette zur Sperrzone erklärt und wehe dem, der das Haus durch den Haupteingang betritt - er könnte ja alles staubig machen...Sie putzt scheinbar den ganzen Tag und lässt ihre Kinder auch mal früher aus der Schule holen, damit sie ihr beim saubermachen helfen.


    Shalev erzählt und berichtet mit einem Schmunzeln von den Begebenheiten um Tonia aber auch den Rest der Familie, doch ich wurde einfach nicht warm mit diesem Buch. Der Humor, der sich eher in den geschilderten Situationen als in der Sprache äußerte, hat mich nicht erreichen können. Möglicherweise war daran die so weit verzweigte Familie Schuld, von der ich anfangs fast erschlagen war. Immer tauchten neue Onkel, Tanten, Neffen, Großnichten und ferne Verwandte auf und mir schwirrte der Kopf. Irgendwann versuchte ich gar nicht mehr zu verstehen, wer mit wem und warum verschwägert war und konzentrierte mich nur auf die Handlung, die immer wieder zu dem eigentlichen Fixpunkt zurückkam: Oma Tonia und ihr amerikanischer Staubsauger, den ihr ein ungeliebter Schwager aus Amerika geschickt hatte.
    Es wird nur ganz langsam die ganze Geschichte des ominösen technischen Wunderwerks entblättert, denn zuerst ist der Staubsauger ein großes Geheimnis und der kleine Meir würde ihn zwar zu gerne sehen, doch Tonia verweigert eine Besichtigung und hat das amerikanische Geschenk in einem Raum eingeschlossen.
    Shalev schildert seine Familie und seine Oma auf eine Art und Weise, die mir zwar zeigte, dass er mit diesem Buch einen liebevollen Rückblick beabsichtigt hat, aber bei mir sprang einfach kein Funke über. Es war, als sei ich Gast auf einer fremden Familienfeier und müsse mir von einem langweiligen Familienmitglied einen Bericht über alle Verwandtschaftsgrade anhören und als Dreingabe auch noch alle gesammelten Anekdoten der letzten 150 Jahre höflich lächelnd ertragen…Aus diesem Grund blieben mir die Personen fremd und ich konnte auch keine Sympathie für die putzlappenschwingende Oma empfinden, deren Verhalten für mich als unbeteiligte Person schon mehr nach Zwangserkrankung klang.


    Mein Fazit: Ich konnte leider mit dieser Familiengeschichte nicht warm werden, doch vielleicht war es nur das falsche Buch zur falschen Zeit.