Kurzbeschreibung des Buches:
In „Leben will ich“ wird die Lebensgeschichte Louises erzählt. Angefangen bei ihrer Kindheit in Paris, die geprägt ist von zwei dominanten Frauen und einem passivem Vater. Louise schafft es nicht den Ansprüchen ihrer Mutter, die selbst eine extrovertierte und willensstarke Person ist, gerecht zu werden. Sie erlebt sich als schüchtern und bevorzugt es im Hintergrund zu agieren. Ihre ersten Erfahrungen mit Männern und der Liebe sind von Motiven geprägt, der Mutter und dem Partner zu gefallen. Ihre eigenen Wünsche und Sehnsüchte wagt Louise lediglich in den Briefen auszudrücken, die sie an Ihren Ehemann schreibt, wenn er auf Geschäftsreisen ist. Es soll mehrere Jahrzehnte dauern bis Louise es schafft das Selbstbewusstsein aufzubauen, ihr eigenes Leben und ihre Sexualität zu leben.
Im Roman blickt Louise auf diese Zeit zurück, indem sie schriftlich ihre Entwicklung reflektiert. Zu Beginn der Erzählung in der Ich-Perspektive verfasst, stellt die reife Louise immer wieder Fragen an ihr jugendliches Ich. „War es gut so? Warum nicht?“. Im Laufe des Romans entwickelt sich aus dem Ich-zentrierten Blickwinkel eine auktoriale Erzählstruktur. Der Erzähler (Louise) mahnt durch geschickte Vorgriffe, dass die folgenden Abschnitte aus dem Leben der intelligenten Frau nicht zu ihren glücklichsten zählen. „Die Sicherheit im Herzen, die sollst du nun lange entbehren“.
Eigene Meinung:
Die Prolepsen und rügenden Einschübe des Erzählers machen das Lesen der knapp 500 Seiten langen Prosa zu einem faszinierendem und spannenden Erlebnis. Durch Louises Briefe (z.B. an ihren Ehemann) werden dem Leser das Innenleben, die Gedanken und Gefühle der jungen Frau offenbart. Ebenso erfahren wir die Außensicht der reiferen Louise durch ihre, in der zeitlichen Distanz erwachsenen, kritischen Kommentare.
Benoîte Groult ist eine detaillierte, und lebendige Erzählung über die persönliche Emanzipation einer Frau im Frankreich der 50er Jahre gelungen. Sie schildert in ihrem Roman durch bildhafte Sprache die Biographie Louises und gibt Einblick in psychologische Muster. Wenn die Autorin das Dahinsiechen des ersten, an Tuberkulose erkrankten, Ehemanns Louises beschreibt, möchte man als Leser am liebsten einige Zeilen überspringen. Es werden keine Leidensqualen ausgelassen. Angefangen bei der Wundbeschreibung des durch einen Säbelschnitt im Rücken erzeugten „breite(n) Mund(es) mit Lippen aus nacktem Fleisch“, der „im Takt mit der Lunge, mit einem entsetzlichen, feuchtem Geräusch“ atmet, bis hin zu der Schilderung des Todes des Geliebten. Es ist diese lebendige und ausschmückende Sprache, die den Leser an den Roman und die Lebensgeschichte Louises fesselt. Gepaart wird dies mit einer Mentalitätsgeschichte des Frankreichs während und nach dem zweiten Weltkrieg.
„Leben will ich“ ist all denjenigen zu empfehlen, die sich in detaillierten Erzählungen wiederfinden und hautnah in die Lebens-, Leidens-, und Liebeshistorie von Louise eintauchen möchten.
Die Erstausgabe des im Knaur-Verlag publizierten Taschenbuches „Les trois quarts du temps“ erschien im Jahr 1983.