Die Woll-Lust der Maria Dolors - Blanca Busquets

  • Über die Autorin:
    Blanca Busquets, 1961 in Barcelona geboren, arbeitet seit 1986 als Fernseh- und Radiojournalistin für Televisió de Catalunya und Catalunya Ràdio, wo sie diverse Kulturprogramme moderiert. Nach mehreren preisgekrönten Erzählungen und ihrem Romandebüt ›Presó de Neu‹ (2003) hat sie mit ›Die Woll-Lust der Maria Dolors‹ die Herzen aller Generationen erobert.



    Über die Sprecherin:
    Katharina Thalbach steht seit ihrem vierten Lebensjahr auf der Bühne. Mit 15 Jahren feiert man sie in der Rolle der Polly in Brechts „Dreigroschenoper“ als Entdeckung.
    Seither spielt Katharina Thalbach in unzähligen Bühnen- und Fernsehproduktionen, u. a. in Volker Schlöndorffs Verfilmung der „Blechtrommel“. 1997 wird sie mit dem Adolf-Grimme-Preis ausgezeichnet. Seit Ende der 80er Jahre ist Katharina Thalbach auch als Bühnenregisseurin tätig. Für den Hörverlag las sie zuletzt „Das Leben kleben“ von Marina Lewycka.



    Meine Meinung:
    Maria Dolors lebt seit ihrem Schlaganfall bei der Familie ihrer Tochter und kann sich leider nicht mehr richtig artikulieren. Ihre Familie denkt, dass sie wohl auch nicht richtig hören kann und schreit immer mit ihr, Dolors versteht jedoch alles und nicht nur das, was für ihre Ohren bestimmt ist, sondern darüber hinaus alles, was im Haus so vor sich geht. Ihr Schwiegersohn geht fremd, der Enkel ist homosexuell und die Enkelin ist magersüchtig, doch das sind nur einige Dinge, die sie im Sessel sitzend mitbekommt. Im Geist völlig wach und mit den Händen strickend, kommentiert sie mit ihrer inneren Stimme schlagfertig alle Situationen. Während sie von den aktuellen Problemen ihrer Familie im Wechsel mit Erzählungen aus ihrer Jugend bis hin zu ihrem Schlaganfall erzählt, kann man es sich am Besten im Sessel gemütlich machen und selbst zum Strickzeug greifen, denn Maria Dolors hat viel zu erzählen….


    Katharina Thalbach spricht das Hörbuch und macht das brillant. Es macht ungeheuren Spaß ihrer Erzählweise zuzuhören, man kann sich richtig in die Geschichte reinfühlen und hat fast das Gefühl im 2. Sessel neben Maria Dolors zu sitzen und die Geschichte von der Protagonistin selbst erzählt zu bekommen. Ein Roman wie ich ihn mir wünsche - mit einer sehr gern ausgesprochenen Hörempfehlung!



    Es gibt das Hörbuch von Dhv der Hörverlag (4 CDs) oder als Download von Audible.de - "Die Woll-Lust der Maria Dolors".

  • Hallo Wolke,


    schön, dass Dir das Hörbuch auch so gut gefallen hat. Ich fand Dolors Ansichten, so richtig unverblümt mitgeteilt.


    Die kratzige Stimme von Katharina Thalbach war genau abgestimmt, auf diese spröde Frau. Ihre Einstellungen zu Töchtern, Schwiegersöhnen und ihrem Leben war so lebendig.


    Was mir auch Freude gemacht hat war, dass Bücher eine große Rolle in ihrem Leben spielten. Der Titel lässt sonst vielleicht einen einfachen Strickroman vermuten, auch wenn nicht gar im Detail diskutiert wird, sind Bücher ein Bestandteil ihres Lebens gewesen, damit dürfte sie jeder Eule hier auch ein wenig nah sein.


    Und die Überraschung am Ende,



    Ich wünsche dem Hörbuch auch noch viele HörerInnen.

    Binchen
    :write
    Kein Lesen ist der Mühe wert, wenn es nicht unterhält. (William Somerset Maugham) ;-)

    Dieser Beitrag wurde bereits 1 Mal editiert, zuletzt von binchen ()

  • Ich habe es mir jetzt bestellt, kann ich morgen wohl abholen. Normalerweise bin ja kaum von Hörbüchern zu überzeugen, aber bei diesem Buch könnte ich mir vorstellen, dass es vorgelesen genauso gut/besser als selbst gelesen ist. Außerdem wollte ich es noch mal ausprobieren, beim Handarbeiten/basteln Hörbücher zu hören, immer Musik ist auch irgendwie langweilig.

  • Es hat mir sehr gefallen! Auch ich hatte das Gefühl, direkt neben Maria Dolors zu sitzen und ihren Gedanken zu lauschen. :-)
    Sie beobachtet das Familienleben, dabei kommt ihr zugute, dass alle denken, sie wäre nicht nur verstummt, sondern auch sehr schwerhörig und verhalten sich deshalb oft so als wäre sie gar nicht da. Der Schwiegersohn hat ein Verhältnis, ihre Tochter ist ebenfalls zeitweilig auf Abwegen, der Enkel hat entdeckt, dass er schwul ist und die Enkelin hat eine Essstörung. Maria Dolors hört in ihrem Sessel beim stricken eines Pullovers für die Enkelin immer, was in der Wohnung passiert und kommentiert es gedanklich, dabei springen ihre Gedanken dann oft in ihre eigene Vergangenheit und sie erzählt ihr Leben. Dabei merkt man, dass sie eine sehr gebildete Frau von 85 Jahren ist, die sich sehr gut mit dem Wandel der Zeit von ihrer Jugend bis heute arrangiert hat und eigentlich nie antiquierte Ansichten vertritt. Ich finde sie herrlich unkonventionell und konnte es gut verstehen, dass es ein Greuel für sie war, nach dem Schlaganfall, der sie erst in den Sessel in der Wohnung ihrer jüngsten Tochter verbannte, ihre Eigenständigkeit aufzugeben.
    Katharina Thalbach leiht der alten Dame ihre Stimme und macht es, wie Wolke schon sagte, brilliant.


    Am Ende des Hörbuches kommen die Familienmitglieder auch alle noch mal zu Wort. Auch das hat mir gut gefallen, da fast jeder so wirkt, wie Maria Dolors ihn/sie vorher charakterisiert hat.


    Etwas verwirrt war ich, dass immer nur von "Dolors" die Rede war, ich war vorher davon ausgegangen, dass Dolors ihr Nachname bzw. zweiter Vorname, aber nicht der Rufname ist.


    Im Spoiler etwas inhaltliches, was mich gestört hat, ich aber nicht zuviel verraten möchte


    Ich würde dieses Hörbuch ebenfalls weiterempfehlen! :wave

  • Die Gedanken sind frei


    Die 85jährige Marie Dolors kann nach ihrem Schlaganfall nicht mehr sprechen. Hören dagegen tut sie noch gut, nur bekommt das keiner in ihrer Familie mit. So wird sie unfreiwillig Zeuge vieler Geheimnisse ihrer Angehörigen.


    Meine Meinung:
    Mir hat die Gedankenwelt der Marie Dolors sehr gut gefallen und Anna Thalbach bringt das in der Hörbuchversion sehr, sehr gut zum Ausdruck.
    Am Interessantesten fand ich allerdings die Vergangenheit von Marie Dolors selbst - dass sie auf ihre große Liebe Anthony verzichtet hat und wie es dazu kam. Sie hat ihm nie verraten, dass ihre Tochter Theresa seine Tochter ist und wird dies auch nie tun. Ich war überrascht, zu was die Dame alles fähig war!


    Die Probleme in der Familie sind vielseitig, von Fremdgehen, über Homosexualität und Magersucht, sodass das Hörbuch nie langweilig wird.
    Besonders schön fand ich am Ende, dass die Familie selbst noch einmal zu Wort kommt und über ihre Beziehung zu Marie Dolors nachdenkt.


    Fazit:
    Sehr unterhaltsamer, amüsanter Roman, der zum Nachdenken anregt und Großmütter mal in einem anderen Licht zeigt.