Selten hat mich ein Buch beim Lesen so aggressiv gemacht wie Hundert Tage von Roxana Saberi. Das liegt nicht daran, dass die Autorin so einen schlechten Stil hat, zu erzählen, sondern mehr an den Umständen, in denen dieses Buch spielt. Aber am Besten von Anfang an.
Roxana Saberi – halb Perserin, halb Japanerin, aufgewachsen in den USA, geht als Journalistin nach Teheran um dort zu arbeiten. Als ihr die Akkreditierung als Journalistin entzogen wird, beschließt sie, durchs Land zu reisen und ein Buch über Land und Leute zu schreiben. Das scheint allerdings der iranischen Regierung nicht zu schmecken – wir wollen hier ja niemandem Paranoia unterstellen, aber das Ende vom Lied ist, dass Roxana nach einiger Zeit der totalen Überwachung (gibt’s Big Brother eigentlich auch im Iran?) festgenommen und in das gefürchtete Evin Gefängnis gebracht wird, wo der ganze Horror erst richtig los geht.
Roxana wird von mehreren Beamten in einem regelrechten Marathon verhört, bis man sie soweit hat, ein falsches Geständnis abzulegen um früher aus der Gefangenschaft entlassen zu werden. Leider klappt auch das nicht und ein hundert Tage andauerndes Martyrium, geprägt durch absolut ungeheuerliche Verhörmethoden (das, was mich auch so unheimlich sauer und aggressiv gemacht hat), Hoffen, Bangen, Beten und Hungerstreiks, beginnt.
Roxana lernt während ihrer Haft einige sehr starke Frauen kennen, die sich nicht brechen ließen und für ihre Einstellungen einstehen, komme was wolle, was ich sehr bewundernswert fand. Außerdem ist mir mal wieder sehr ins Auge gestochen, dass das ganze Regime nur auf Macht, Hass auf den Westen und Kontrolle der eigenen Bürger aufbaut und dies nichts – aber auch rein gar nichts mit dem Islam zu tun hat (auch wenn dieser sicher ein hübsches Deckmäntelchen abgibt).
Gemessen an der aktuellen Situation ist es sowohl Frau Saberi als auch dem Verlag hoch anzurechnen, dass nicht auch noch aus diesem Buch eine Hasstirade auf den Islam wurde; Potenzial wäre sicher da gewesen.
Für den Schreibstil, die spannende Geschichte und eine sehr kritische Selbstreflexion der Autorin gibt es neben 4 Sternen eine Empfehlung an alle, die sich für den Iran als (politisches) Land und dessen Leute interessieren. Ich für meinen Teil würde ja gerne mal hin, aber spätestens nach der Rezension kann ich mir das wohl abschminken...