Gebundene Ausgabe: 687 Seiten
Verlag: Insel Verlag; Auflage: 1 (14. März 2011)
Sprache: Deutsch
Kurzbeschreibung
Jedes Jahr wählen 1500 Oberschüler aus ganz Frankreich aus der Longlist des Prix Goncourt ein Buch aus, dessen Autor sie den »Prix Goncourt des lycéens« verleihen. 2009 erhielt ihn Jean-Michel Guenassia für den "Club der unverbesserlichen Optimisten". Mit dem "Club" hat Guenassia den »Roman einer Generation«, die »melancholische Chronik einer Adoleszenz« geschrieben. 1959, als Michel in Paris seinen zwölften Geburtstag feiert, stößt er im Hinterzimmer eines Bistros auf den »Club der unverbesserlichen Optimisten«. Die folgenden fünf Jahre, bis zum Schulabschluß, wird ihn diese Versammlung von Männern beschäftigen, die trotz allem Optimisten geblieben sind: Emigranten aus dem Ostblock, enttäuschte und verfolgte Kommunisten, Juden, Querköpfe, Intellektuelle, Schachspieler. Deren dramatische Lebensgeschichten begleiten, kontrapunktieren, verdunkeln und erhellen Michels Aufwachsen. Es ist die Zeit des Kalten Kriegs. In Algerien werden die Unabhängigkeitsbestrebungen bekriegt; der Rock ’n’ Roll erobert die Jugend. Sascha, spät zum Club dazugestoßen, wird ausgeschlossen. Er hilft Michel bei seinen Anfängen als Fotograf. Eine alte Geschichte wird diesem Sascha zur Last gelegt. Dabei hat er sich, damals in der Sowjetunion, korrekt verhalten – was sich jedoch erst nach seinem Selbstmord 1964 herausstellt. Im selben Jahr wird der Club geschlossen. Michels Liebe wandert mit ihrer Familie nach Israel aus. Michel Marini muß sich neu orientieren.
Über den Autor
Jean-Michel Guenassia, geboren 1950 in Algier, lebt in Paris. Er war einige Jahre Anwalt und schreibt heute für Fernsehen und Theater. Die Veröffentlichung des Clubs, sein spätes Debüt als Romancier, erregte in Frankreich großes Aufsehen.
Meine Meinung
"Was mich im Leben interessierte, waren Rock'n'Roll, Literatur, Fotografie und Tischfußball."
Das Buch war einer meiner wenigen reinen Spontankäufe, einfach aufgrund dessen, dass mich Titel in Verbindung mit dem Cover und der Kurzbeschreibung direkt fasziniert haben. Vorab sei schon mal gesagt: enttäuscht wurde ich nicht, ganz im Gegenteil! Ich habe das Gefühl, einen kleinen, noch ein wenig unentdeckten, Schatz gelesen zu haben.
Jean-Michel Guenassia hat einen Generationenroman geschrieben: im Mittelpunkt steht das Paris der fünfziger und sechziger Jahre. Der Roman beginnt 1980 mit der Beerdigung Sartres und beschreibt anschließend die Jahre 1959 mit 1964. Im Mittelpunkt der Geschichte steht der zu Beginn zwölfjährige Michele, der im Bistro "Balto" ein geheimes Hinterzimmer entdeckt - einen Schachclub - in dem sich Intellektuelle, Emigranten oder auch verfolgte und geflüchtete Kommunisten und Juden treffen. Eines haben alle diese Menschen gemeinsam - trotz der Schicksalsschläge die sie erlitten haben, bemühen sie sich darum optimistisch zu bleiben. Der Tag, an dem Michele durch Zufall in diesem Club stolpert, verändert sein ganzes Leben nachhaltig. Jeder der Clubmitglieder hat seine eigene Geschichte, die Micheles Wahrnehmung der Welt und sein Aufwachsen auf ganz unterschiedliche Art und Weise prägen.
Guenassia gelingt es mit Michele eine tolle Figur zu zeichnen, mit der ich mich sehr identifizieren konnte. Beim Lesen habe ich mich fast schon als Freund Micheles gefühlt und an vielen Stellen wollte ich gerne eingreifen, ihn schütteln oder ihn einfach nur in seiner Entscheidung bestätigen - als Leser wächst man gemeinsam mit Michele, ich wurde zusammen mit ihm erwachsen. Michele kämpft den typischen Kampf eines Heranwachsenden: er möchte länger ausgehen, als er darf; er hat Schwierigkeiten in der Schule - vor allem mit Mathe. Und er hat es nicht ganz leicht mit den Mädchen, die er kennenlernt. Micheles Eltern sind finanziell erfolgreiche Geschäftleute, was im Laufe des Buches jedoch immer stärker überschattet wird. Auch für Micheles Bruder nimmt das Leben eine dramatische Wendung, genauso wie für Micheles Freund Sascha - einem russischen Flüchtling, der anders als die anderen Exilanten im Club nicht akzeptiert wird.
Guenassia zeichnet intensive, detaillierte und an vielen Stellen auch überraschende Figuren. Trotz des Umfangs lässt sich das Buch flüssig und leicht lesen. Immer wieder schwankt die Erzählung zwischen Optimismus und Traurigkeit und am Ende tendiert sie immer stärker zu einer traurigen Note. Dennoch habe ich das Buch sehr gerne gelesen. Man erhält einen tollen Einblick in eine mir ganz fremde Welt und ich freue mich, zumindest für 700 Seiten, in ihr "gewohnt" haben zu können.
Ein sowohl farbiges, als auch faszinierendes Porträt einer Stadt sowie einer ganzen Generation, das viele Leser verdient.
10 Punkte.