Edition Nautilus
Aus dem Italienischen übersetzt von Maja Pflug
Kurzbeschreibung:
Ein Romalager am Rande der Stadt. Verlassene Fabriken, Hochstraßen, Gewerbegebiete. Eine eigene Sprache, eigene Regeln, von außen kommen höchstens Polizisten, Sozialarbeiter oder Notärzte. Als Branko der Ungar auftaucht, empfängt man ihn kühl und weist ihm einen Platz am schlammigen Rand des Lagers zu. Doch die Kinder sind von ihm fasziniert, vor allem von der großen Truhe, die er mitgebracht hat. Und so erzählt Branko den Kindern, zusammengekauert vor seiner rostigen Baracke, an den Abenden seine Geschichte. Sein Großvater wurde in Ungarn während des Zweiten Weltkriegs von einem falschen Freund verraten und mit der ganzen Familie im KZ ermordet. Brankos Vater, der einzige Überlebende, hat seine Herkunft stets geheim gehalten. Aber im Zirkus schlummert eine ganz eigene Saat, und sie ist jetzt bereit aufzugehen… Die Stimme des Erzählers, Brankos sanfte Stimme, ist die Stimme eines Toten. Denn Branko wird gleich zu Beginn des Romans ermordet. Doch er kann sich dem Tod nicht überlassen, bevor die Kinder nicht die Kraft der Fantasie und die Stärke des Lebens begriffen haben.
Über die Autorin:
Milena Magnani, 1964 in Bologna geboren, hat Sozial- und Politikwissenschaften studiert und als Lehrerin in der Psychiatrie gearbeitet sowie als Journalistin und Dramaturgin. Der gerettete Zirkus ist ihr dritter Roman.
Mein Eindruck:
Der gerettete Zirkus ist aufgrund seiner Erzählperspektive ein ungewöhnliches Buch. Es ist nicht schwer zu lesen, aber doch etwas anders, denn der Erzähler wird schon zu Anfang des Romans ermordet und schildert die Ereignisse aus einer geisterhaften Sicht. Bevor er bereit ist zu gehen, reflektiert er noch über sein Leben, seine Kindheit in Ungarn und die letzten Geschehnisse in einem Lager der Roma. Hier ist er als Fremder aufgetaucht, mit seinem geheimnisvollen Zirkus in Kisten. Darüber hat er den Kindern des Lagers Geschichten erzählt, vor allem auch über seinen Großvater, einem Artisten, der einstmals von einem Freund verraten wurde. Die Erzählform ist elegant gestaltet und angenehm zu lesen.
Milena Magnani hat die verschiedenen Erzählebenen gut ineinander verwoben. Es geht um die Identitäten und Lebensweisen der Roma, um ihre Ausgrenzung in der Gesellschaft, ihre Verunglimpfung als Zigeuner. Die Themen werden nicht vordergründig dargestellt sondern wirkungsvoll in die Handlungsschichten integriert.
Milena Magnani erstellt ein komplexes Bild, das der Realität vermutlich so nahe kommt, wie es mit einem konventionellen Stil kaum möglich wäre.