:waveIch war am Wochenende auf einem Workshop von Delia. Es ging um den Spannungsbogen in Romanen. War super interessant und von Eva Völler gut und verständlich rübergebracht. Kaum war ich zu Hause, setzte ich mich nun an mein noch unveröffentlichtes Erstlingswerk zur gefühlten einen Millionsten Überarbeitung. Ich wollte überprüfen, ob ich diesen Spannungsbogen in meinen, ich gebe zu, aus dem Bauch geschriebenen Roman wiederfinde. Bis zum Midpiont war alles schön. Dann sollte noch ein zweiter Plotpoint kommen, eine Krise und danach noch maximal 2-3 Seiten. Tja, da lag der Hase im Pfeffer auf den 200 Seiten nach dem Midpiont passierte noch viel mehr. Mich würde jetzt doch mal interessieren, wie ihr so arbeitet. Bereitet ihr die Story im Detail vor und setzt bestimmte Höhepunkte im vorhinein fest?
Freue mich auf Anregungen
Aufbau eines Romans
-
-
Hallo, Kuckucksheim.
Viele Romane erzählen von etwas, das in solchen Workshops (aber auch anderswo) "Konflikt" genannt wird: Der Konflikt wird skizziert, entwickelt sich, am Ende wird er aufgelöst - hurra, wir haben einen Spannungsbogen! Viele Romane erzählen aber auch von jemandem (der eine Entwicklung durchmacht, oder dessen Leben Gegenstand der Erzählung ist), da gibt es zumeist zwar auch einen Konflikt (der z.B. in der Wesensart der Hauptfigur liegen kann, die sich beispielsweise vom Duckmäuser zum Helden entwickelt), aber nicht notwendigerweise. Viele Romane ähneln Kurzgeschichten und zeigen nur einen sehr kurzen Zeitraum, andere erzählen von Jahrzehnten, gar Jahrhunderten. Und ganz viele Romane machen etwas völlig Anderes. Es kommt schlicht und ergreifend darauf an, was man erzählen will. Zuweilen gibt es mehrere (Haupt-)Konflikte, mehrere Protagonisten, ineinander verschlungene Handlungen, oder überhaupt keine. "Roman" ist, kurz gefasst, ein ziemlich dehnbarer Begriff, aber prinzipiell, wie auch Wikipedia sagt, ganz einfach "die Langform einer schriftlich fixierten Erzählung". Deshalb steht die Arbeitsweise und Planung einer solchen Langerzählung im direkten Zusammenhang mit ihrem Gegenstand.
Wer einen "klassischen" Spannungsroman (ein Konflikt, ein Spannungsbogen, Protagonist(en) versus Antagonist(en)) erzählen will, sollte tatsächlich versuchen, dem Grundprinzip zu folgen. Wenn sich der Konflikt dem Höhepunkt, nämlich seiner Auflösung, nähert, sollte sich die Erzählung gleichzeitig ihrem Ende nähern, was nicht notwendigerweise heißt, dass sie auch mit der Auflösung enden muss - Epiloge kann man immer noch anhängen. Wenn nach dem eigentlichen Ende noch etwas übriggeblieben ist, das man unbedingt erzählen muss, verstört man nicht nur den Leser, man hat einfach schlecht geplant. Für die gute Planung solcher Projekte gibt es viele Hilfsmittel. Ein simples besteht darin, den Plot zu entwerfen und auf die Kapitel zu verteilen, bevor man sie schreibt. Ziemlich wichtig ist aber in allen Fällen die Beantwortung der entscheidenden Frage, und zwar bevor man die erste Seite schreibt: Wovon will ich erzählen? Um was geht es im Text? Und das sollte auch so geschehen.
-
Hallo Tom,
klingt ganz so, als müsste ich nicht die Megaplotpoints entwerfen. Finde mein Buch mit vielen kleineren Höhepunkten nämlich auch ganz gut. Lese gerade ein belletristisches Werk von 650 Seiten und auf den ersten 150 ist die Protagonistin hauptsächlich müde und nichts passiert so wirklich. Ich habe manchmal den Eindruck, als ob die Autoren von den Verlagen eine Seitenzahl vorgegeben bekommen, die sie füllen müssen und dann wird eben auch gefüllt -
Zitat
Original von Kuckucksheim
Lese gerade ein belletristisches Werk von 650 Seiten und auf den ersten 150 ist die Protagonistin hauptsächlich müde und nichts passiert so wirklich.Ich ahne auf Anhieb, welches Buch du meinst.
Nein, ich glaube, es zu wissen. Und ich liebe dieses Buch, der etwas gemächliche Beginn hat seine absolute Berechtigung, das klärt sich späterIch schreibe nie mit bewusstem Blick auf Plotpoints, auch wenn ich viel darüber gelesen habe.
Ich schreibe erstmal meine Geschichte. Oft passt diese ganz von allein recht gut an die "Schablone der klassischen Plotpoints". Wenn nicht, folgt die Geschichte eben einem alternativen Muster. Wenn ich, meine Testleser und im besten Fall auch Agent und Verlag die Geschichte cool finden, dann stört mich die Abweichung vom klassischen Plot einen feuchten Kehricht.
Wenn ich aber beim Überarbeiten merke, dass da was hakt, dass es sich irgendwo zieht, dass irgendwas verdammt noch mal nicht so ist, wie es sein könnte ... dann nehme ich die Plotpoint-Schablone zur Hilfe und schau mir an, ob sie mir dabei hilft, den Fehler zu erkennen (vielleicht eine Schwallerei irgendwo oder - bei mir häufiger - irgendwo zu hastig durchgejagt).ZitatOriginal von Kuckucksheim
Finde mein Buch mit vielen kleineren Höhepunkten nämlich auch ganz gut.Du musst dabei bedenken, dass der Leser abstumpft. "Viele kleine Höhepunkte" nimmt er rasch nicht mehr als solche wahr, sondern als "Alltag der Geschichte". Das sind Bücher, bei denen der Leser hinterher sagt, dass die Geschichte nur so dahin plätscherte, selbst wenn auf jeder dritten Seite eine wilde Schlacht stattfindet. Am Schluss bleibt der Leser zurück und sagt: Aha. Und jetzt?
Die Geschichte sollte schon einen Höhepunkt haben, der sich von den anderen abhebt.
Man kann sicher auch nach anderem Muster ein gutes Buch schreiben, aber mal ehrlich: Man kann mit den Füßen zeichnen lernen, wenn man es mit den Händen schon kann. Warum sich gleich zu Anfang überfordern und es sich unnötig schwermachen? -
Hallo Mulle,
Das mit den zuvielen Schlachten ist ein guter Hinweis. Ich finde es aber schon ziemlich schwierig, die Seiten mit ganz normalen Leben zu füllen. Da muss ich wohl noch etwas üben. Was mich immer interessiert, wie lange hast du geschrieben, bis ein Verlag angebissen hat? Lg -
Hallo,
du musst und solltst nichts potentiell Spannendes rausnehmen und gegen etwas Alltägliches ersetzen. Wenn viel gekämpft wird, wird viel gekämpft. Solange es passt und in dieser Geschichte entscheidend ist - gut.
Ich würde einfach schauen, dass sich der Höhepunkt abgrenzt. Der muss etwas Besonderes sein. Das *kann* bedeuten, dass es am Höhepunkt der Geschichte eben nicht zur kriegerischen Auseinandersetzung kommt, sondern dazu, dass diese durch clevere Tricks verhindert wird. (Nur als Beispiel.)Wie lange ich gebraucht habe, um verlegt zu werden, ist schwer zu sagen. Ich habe im Dez. 2008 die erste Geschichte begonnen, die ich gerne veröffentlichen wollte, und im September 2009 meinen ersten Vertrag unterschrieben - aber mit einer anderen Geschichte.
-
Danke Mulle, für die Antwort. Planst du deine Geschichte an den diversen Höhepunkten entlang? Was ich auch sehr schwierig finde ist der Aufhänger, also die ersten Seiten, des Buches. Ich schreibe etwas, finde es super und drei Tage später total bescheuert. Jetzt habe ich mir überlegt, dass ich irgendwann mal mit dem Überarbeiten aufhören sollte und das Buch einfach nochmal an verschiedene Verlage rausschicke. Lg -
Zitat
Original von Kuckucksheim
Danke Mulle, für die Antwort. Planst du deine Geschichte an den diversen Höhepunkten entlang? Was ich auch sehr schwierig finde ist der Aufhänger, also die ersten Seiten, des Buches. Ich schreibe etwas, finde es super und drei Tage später total bescheuert. Jetzt habe ich mir überlegt, dass ich irgendwann mal mit dem Überarbeiten aufhören sollte und das Buch einfach nochmal an verschiedene Verlage rausschicke. LgIch gebe dir einen guten Rat: schreibe deinen Roman mal komplett fertig.
Überarbeite, was du glaubst überarbeiten zu müssen, und ab damit an die Verlage.Alles andere wird ohne professionelle Meinung von Außen nur ein Verschlimmbesserung. Mut zur Lücke. Und Schreiben lernt man nur durch schreiben.
Glaube es mir.
dein hef
-
wenn du dir unsicher bist, ob die Geschichte nur so dahin plätschert: warum gibst du sie nicht mal ein paar Freunden zu lesen. Natürlich solchen, bei denen du ein ehrliches Urteil erwarten kannst?
-
Zitat
Original von Kuckucksheim
Danke Mulle, für die Antwort. Planst du deine Geschichte an den diversen Höhepunkten entlang? Was ich auch sehr schwierig finde ist der Aufhänger, also die ersten Seiten, des Buches. Ich schreibe etwas, finde es super und drei Tage später total bescheuert. Jetzt habe ich mir überlegt, dass ich irgendwann mal mit dem Überarbeiten aufhören sollte und das Buch einfach nochmal an verschiedene Verlage rausschicke. LgDas hat meiner Erfahrung nach keinen Sinn. Unbekannte Autoren werden inzwischen beinah ausschließlich über Literaturagenten vermittelt. Das eingeschickte und angenommene MS ist der buchstäbdliche 6er im Lotto.
Mein Tipp wäre: Schreibe deine Geschichte runter, lass sie zwei, drei Monate liegen, bis du sie aus dem Kopf hast (es hilft, mit einem neuen Projekt anzufangen) und überarbeite sie erst danach. Wenn du glaubst, sie ist fertig, suchst du dir mindestens einen möglichst kritischen und ehrlichen Testleser. Sobald auch er sagt: "Klasse!", bietest du das Ding ein oder mehreren Agenten an.
-
@ Mulle: Hört sich nach einer hervorragenden Strategie an!
-
Zitat
Original von Mulle
Mein Tipp wäre: Schreibe deine Geschichte runter, lass sie zwei, drei Monate liegen, bis du sie aus dem Kopf hast (es hilft, mit einem neuen Projekt anzufangen) und überarbeite sie erst danach. Wenn du glaubst, sie ist fertig, suchst du dir mindestens einen möglichst kritischen und ehrlichen Testleser. Sobald auch er sagt: "Klasse!", bietest du das Ding ein oder mehreren Agenten an.
-
Naja, irgendwie habe ich es so gemacht. Die Geschichte aus dem Bauch geschrieben und überarbeitet. Dann ein paar Testlesern aus meinem Bekanntenkreis gegeben, von den ich wusste, dass sie das Genre mögen. Die Feedbacks waren durchweg positiv, obwohl ich nicht verraten hatte, dass ich den Roman geschrieben habe. Dann habe ich ein Expose geschrieben und ungefähr 15 Verlage angeschrieben. Ich gebe zu nur die Großen. Rowohlt wollte direkt eine längere Leseprobe und hat sich danach nie wieder gemeldet, fand ich schon komisch. Eine Absage wäre nur höflich gewesen. Ansonsten kamen nur die üblichen Standardabsagen. Da zweifelt man natürlich über kurz oder lang an seinem Werk. Vielleicht versuche ich es mal mit Agenturen. Je mehr ich mich jetzt mit Schreibtechniken vertraut mache, umso schwer fällt mir das Schreiben.Das ist eigentlich schade. Lg
-
Zitat
Original von Kuckucksheim
Dann ein paar Testlesern aus meinem Bekanntenkreis gegeben, von den ich wusste, dass sie das Genre mögen. Die Feedbacks waren durchweg positiv, obwohl ich nicht verraten hatte, dass ich den Roman geschrieben habe.*g* wie hast du das denn gemacht? Ihnen einen Stapel Manuskriptseiten in die Hand gedrückt und erklärt, du hättest das Ding in der Mülltonne gefunden?
ZitatDann habe ich ein Expose geschrieben und ungefähr 15 Verlage angeschrieben. Ich gebe zu nur die Großen. Rowohlt wollte direkt eine längere Leseprobe und hat sich danach nie wieder g..... Vielleicht versuche ich es mal mit Agenturen.
Ohne dich entmutigen zu wollen, aber: Agenturen verlangen durchwegs, dass du ihnen bekannt gibts, wo dein Manuskript schon überall angeboten wurde. Wenn du also die üblichen
VerdächtigenVerlage schon abgeklappert hast und eine Ablehnung gekriegt hast, ist das Projekt für eine Agentur nicht länger interessant.lg, A.
-
Zitat
Original von Antigone33
Ohne dich entmutigen zu wollen, aber: Agenturen verlangen durchwegs, dass du ihnen bekannt gibts, wo dein Manuskript schon überall angeboten wurde. Wenn du also die üblichenVerdächtigenVerlage schon abgeklappert hast und eine Ablehnung gekriegt hast, ist das Projekt für eine Agentur nicht länger interessant.Das stimmt meistens, aber nicht uneingeschränkt. Du solltest in Deinem Anschreiben auf jeden Fall darauf hinweisen, dass Du das Ding schon Verlagen angeboten hast.
Nun wäre es aber möglich - falls sie einfach überwältigt sind von Deiner Schreibe und dem Expose - dass sie trotzdem einen Blick darauf werfen wollen. Und im günstigsten Fall Dir anbieten, Dich später noch mal mit einem anderen Projekt bei ihnen vorzustellen. Dann hast Du zumindest mal grundsätzlich eine Vorstellung, wo Du rein handwerklich stehst.LG, Andrea
-
Ich werde es nochmal mit Agenturen versuchen. Danke für eure Tipps. Da ich mit meiner Firma Hörbücher produziere, war es ganz einfach, ein paar Leuten aus meinem Bekanntenkreis zu erzählen, dass es ein Skript ist, dass ich produzieren möchte, und halt vorher einige Meinungen brauche. Wie gesagt, die Resonanz war durchgehend positiv, in der eigentlichen jugendlichen Zielgruppe und bei "Erwachsenen". Da ich also ja schon in der Bücherbranche arbeite und schon sooooviele echt schlechte Bücher in der Hand hatte, deprimiert es mich natürlich, wenn sich so gar nichts tut. Es wäre schon toll, wenn man mal ein Feedback eines Profis bekäme. Von einer Agentur, die sich schon intensiver mit meinem Buch befasst hat kam gestern eine Absage "Werk liest sich flüssig und man liest gern weiter, Ende ist jedoch zu operettenhaft". Was soll man damit anfangen. Jetzt schreibe ich eben was Neues und versuchs dann noch mal. Jetzt ist es aber eben nicht mehr so wie beim ersten Mal. Ich überlege viel mehr und schreibe nicht mehr so aus dem Bauch heraus. Um es mal ein wenig operettenhaft zu formulieren "Der Zauber ist ein bißl weg."
-
Zitat
Original von Kuckucksheim
Von einer Agentur, die sich schon intensiver mit meinem Buch befasst hat kam gestern eine Absage "Werk liest sich flüssig und man liest gern weiter, Ende ist jedoch zu operettenhaft". Was soll man damit anfangen.Jetzt würd mich doch mal interessieren, was ein operettenhaftes Ende ist.
-
Mich auch.
-
Zitat
Original von Themrys
Jetzt würd mich doch mal interessieren, was ein operettenhaftes Ende ist.
Wenn ich mal einen Tipp abgeben darf: Da schwingt sowas drin wie schwülstig / kitschig / übertrieben-dramatisch-herzbrecherisch
nur mal so so als Vermutung.
Dass sie aufgrund dessen abgelehnt haben, wenn sie den Rest gut finden, erstaut mich allerdings ... da muss noch mehr dahintergesteckt haben. Denn wenn's nur der Schluss war - sowas kann man ja leicht ändern. -
Zitat
Original von agu
Dass sie aufgrund dessen abgelehnt haben, wenn sie den Rest gut finden, erstaut mich allerdings ... da muss noch mehr dahintergesteckt haben. Denn wenn's nur der Schluss war - sowas kann man ja leicht ändern.Vielleicht gehen sie davon aus, dass man das Ende ändert und die Sache nochmal einsendet, wenn sie sowas schreiben?
Dürfen wir wissen was denn das Ende war? Dann kann mans vielleicht rausfinden.