Zen in the Art of Archery
Erstausgabe: 1948 in deutscher Sprache, 1953 in englischer übersetzung
Deutscher Titel: Zen in der Kunst des Bogenschießens
Als im Jahr 1948 die erste Auflage von "Zen in der Kunst des Bogenschießens" erschien, rechnete wohl kaum jemand damit, dass dieses Buch auch sechzig Jahre später eines der am meisten gelesenen Bücher über Zen eines westlichen Autors sein würde.
Eugen Herrigel, geboren 1884, nahm 1924 einen Lehrauftrag für Philosophie an der Kaiserlichen Touhoku Universität im japanischen Sendai an
und begann neben seiner Lehrtätigkeit mit dem Bogenschießen, um nicht nur dem japanischen Land und seinen Menschen näherzukommen, sondern auch einen Zugang zur spirituellen Strömung des Zen-Buddhismus' zu erhalten.
Die Begegnung zwischen dem Meister Kenzo Awa und Eugen Herrigel bildete den Anfang einer Lehrer-Schüler-Beziehung, die Herrigel nach Jahren lehrreichen Trainings in seinen späteren Aufzeichnungen als eine Einheit bezeichnete.
Neben dem Interesse für fernöstliche Philosophie waren es eben diese Jahre mühsamer Übungen, die den Autor veranlassten, seine beachtenswerten Erfahrungen niederzuschreiben. Entstanden ist eine höchstaufschlussreiche Sammlung von Eindrücken, die von kleinen Erfolgen und noch viel mehr vom Scheitern geprägt ist, das Hauptaugenmerk allerdings auf die Auseinandersetzung mit sich selbst richtet.
Zu Recht verweist Daisetz Teitaro Suzuki, ein bekannter japanischer Autor, in seinem Vorwort daraufhin, dass es bei der Kunst des Bogenschießens nicht nur um das Erlernen einer Technik gehe, sondern darum, dass die Kunst zur kunstlosen Kunst werde.
Dass dieser Erfahrungsbericht, der kapitelweise die Fortschritte schildert, durchaus lesenswert ist, liegt zum einen an der schonungslosen und selbstkritischen Art Herrigels, zum anderen aber auch an seinem stilistischen Vermögen, das Unausgesprochene deutlich zu beschreiben.
Gerade die bildhafte Wiedergabe der ersten Berührung mit Pfeil und Bogen, das Erlernen der Atemübungen sowie die körperliche Anspannung
lassen erkennen, mit welcher Ernsthaftigkeit sich der Philosoph dem Bogenschießen genähert hat.
Eine nicht unbedeutende Rolle für Herrigels Faszination am Bogenschießen spielte sein Meister Kenzo Awa, der ihn immer wieder ermutigte, nicht aufzugeben und ihn lehrte, auf ein Nachdenken im entscheidenden Moment zu verzichten. Dieses Lehrer-Schüler-Verhältnis ist es auch, das einen aus westlicher Sicht ungewohnten Blick auf die außergewöhnlichen östlichen Lehrmethoden wirft, bei denen die Erziehung, die große Liebe zur Kunst und eine unkritische Verehrung gegenüber dem Lehrer die entscheidenden Aspekte für die Verbindung von Inspiration mit technischen Fähigkeiten des Schülers darstellen.
Wären diese Einblicke nicht genug, zeigt sich die eigentliche Qualität dieses Buches in der Beschreibung der regelmäßigen Rückschläge und der Verzweiflung Herrigels, die den Leser emotional ergreifen und ihn wünschen lassen, dass Herrigel endlich den richtigen Abschuss fühlen wird.
Bis dahin wird jedoch einige Zeit vergehen, Herrigel wird einige Dispute mit seinem Meister austragen und verstehen lernen, dass das Leitmotiv des Bogenschießens im "Nicht fragen, üben!" besteht bis er am Ende erfolgreiche Schüsse von Fehlschüssen zu unterscheiden weiß, mit geschlossenen Augen
routiniert mit Pfeil und Bogen umgehen kann und das zeremonielle Moment des Bogenschießens erkennen wird.
Die zentralen Fragen jedoch bleiben bis zum Ende offen:
Wie werden die technischen Fähigkeiten des Umgangs mit Pfeil und Bogen erworben? Wie wird die Fähigkeit spirituell und wie gelingen Perfektion, Kontrolle und Selbstbeherrschung?
Ganz in der Tradition des Zen-Buddhismus versucht sich Herrigel in Antworten, die auf die Erkenntnis der Schönheit dieser Betätigung abzielen und seine persönlichste Erfahrung weitergeben, dass ein zu starkes Wollen für den perfekten Schuss eher hinderlich sei.
Mit "Zen in der Kunst des Bogenschießens" hat Eugen Herrigel ein außergewöhnliches Bekenntnis über lehrreiche Jahre in der Kunst des Bogenschießens vorgelegt, das auch über sechzig Jahre nach Erscheinen nichts an Aktualität eingebüßt hat und nicht nur ungewohnte Einblicke in den Zen-Buddhismus gewährt, sondern auch uneingeschränkt all denen empfohlen werden kann, die sich einer der Disziplinen, die als Wege des Zen bekannt sind, widmen möchten.
Anmerkung:
Die ISBN der englischen Ausgabe, die ich gelesen habe, war nicht aufzufinden.