Die Freundin meines Sohnes - Lauren Grodstein

  • Gebundene Ausgabe: 350 Seiten
    Verlag: Klett-Cotta; Auflage: 1., Aufl. (21. Februar 2011)
    ISBN: 978-3608938968
    Originaltitel: A Friend of the Family



    Pressestimmen
    »Gewandt, bissig, ungemein klug - und spannend wie ein Thriller.« --Annabelle, 23.02.2011


    »...einen überzeugenden Thriller vor, der gekonnt die Verlogenheit hinter einer allzu glatten, selbstgefälligen Fassade zum Vorschein bringt.« --Christina Merkelbach, Aachener Zeitung, 19.03.2011


    »...die Geschichte ist dermaßen spannend, dass einem oft der Atem stockt und man Seite um Seite mitgerissen wird in den unheilvollen Strudel aus Liebe und Macht.« --Anke Breitmaier, dapd Nachrichtenagentur, Frühjahr 2011


    »Spannend und eindrücklich, scharfsinnig beobachtet und glaubwürdig beschrieben. Ein berührender und nachhaltiger Lesegenuss!« --Margrit Lustenberger, Luzerner Rundschau, 29.2.2011


    »Literarisch brillante Demontage einer vermeintlich heilen Welt.« --myself, März 2011


    Kurzbeschreibung»Erschreckend und tief bewegend beschreibt Grodstein die sorgenvolle Liebe eines Vaters und hinterlässt einen erschütterten Leser.« Washington Post
    Jeder Vater will für seine Kinder nur das Beste - so auch der erfolgreiche Arzt Pete Dizinoff. Und so versucht er, einige Entscheidungen seines Sohnes zu korrigieren. Bis plötzlich die Existenz seiner Familie, seiner Freunde und nicht zuletzt die eigene auf dem Spiel stehen.



    Meine Meinung:
    Alle Väter wollen für ihre Söhne nur das Beste. Aber wie weit dürfen sie in diesem Vorhaben gehen? Und ist es das Beste für den Sohn oder für den Vater?


    Dr. Peter Dizinoff hat alles was einen erfolgreichen Mann ausmacht. Er hat seine Liebe aus Studententagen geheiratet, man ist in einen sicheren Vorort gezogen und hat dort obwohl man es sich vielleicht nicht gleich leisten konnte ein schönes viktorianisches Haus gekauft. Das mit dem Kinderkriegen hat nicht ganz so schnell geklappt, aber immerhin nachdem man "sich locker gemacht" hatte wurde Elaine doch noch schwanger.


    Alec, ein Wunschkind - ihm soll es an nichts fehlen


    "Seit dem Tag, an dem Alec in den Kindergarten ging, zahlte ich für seine Ausbildung zweitausend Dollar pro Steuerquartal auf ein Konto ein - damit er eine gute Schule besuchen konnte, die im Grünen lag und damit ich den Schulsticker an unser Autos kleben und meinem Morgenkaffee aus einem Becher mit dem Logo der Schule trinken konnte."


    Pete betrachtet es als sein verbrieftes Recht, dass sein Sohn erfolgreich werden würde. Schließlich macht er das ja alles nur für ihn.


    Die besten und ältesten Freunde, die mit in die Vorstadt gezogen sind obwohl sie möglicherweise lieber ein kleines Stadthaus in New York gehabt hätten, die hat es allerdings schwer getroffen. Laura deren 17jährige Tochter entbindet hinter der Gemeindebibliothek ein Kind und tötet es. Eine Kindsmörderin. Die glatte Fassade bekommt einen Riß. Kann die Freundschaft das aushalten? Pete kann damit nicht so gut umgehen wie Elaine.


    Aber Jahre später, als Laura wieder in den schmucken Vorort zurückkommt, verliebt Alec sich in die junge Frau. Kann der besorgte Vater das gutheißen, sein Sohn zusammen mit einer Mörderin? Er kann doch nicht zulassen dass ihm sein Leben entgleitet....


    Mit ganz genauem Blick und dem richtigen Maß an Boshaftigkeit schaut die Autorin auf eine wohlsituierte Gesellschaft in einem amerikanischen Vorort. Obwohl man gleich auf den ersten Seiten erfährt, dass Pete`s Leben sich in freiem Fall befindet, bleibt die Geschichte durch die sich immer wieder wechselnden Zeitebenen bis zur letzten Seite spannend.


    Hat mir sehr gut gefallen und ich vergebe 9 Punkte

    Herzlichst, FrauWilli
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    Ich habe mich entschieden glücklich zu sein, das ist besser für die Gesundheit. - Voltaire

  • Danke für die tolle Rezension, FrauWilli :wave


    Das Schlagwort "Thriller" spricht mich eigentlich nicht wirklich an, deine Beschreibung klingt aber so, als könnte mir das Buch gefallen. Ich hatte es bisher schon ein paar Mal in der Hand, aber es konnte mich nicht wirklich überzeugen und dann waren die Meinungen auf Amazon auch eher durchwachsen. Auf meiner Wunschliste bleibt es aber auf jeden Fall erstmal stehen.

  • Inhalt:


    Der Arzt Pete Dizinoff mischt sich in das Leben seines Sohnes Alec ein und gerät dabei an dessen Freundin Laura, die Tochter eines befreundeten Paares. Laura hat in ihrer Jugend ihr Baby getötet, wurde von Psychatern behandelt. Sie schlägt sich mit Gelegenheitsjobs durch, die Sie durch die halbe Welt führen. Zurück Daheim trifft Sie den zehn Jahre jüngeren Alec. Endlich liebt Sie einmal jemand richtig. Alec schmeisst für Laura die Ausbildung hin und will mit ihr als Maler in Paris leben. Für Pete Dizinoff eine schreckliche Vorstellung. Für ihn ist es unmöglich von der Vorstellung loszulassen, dem Sohn eine vernünftige Ausbildung bieten zu wollen. In einem weiteren Handlungsstrang geht es um einen möglichen Kunstfehler des Arztes. Eine Patientin ist verstorben, anscheinend ist Pete Schuld. Freundschaften zerbrechen, die Familie wird zerstört. In Rückblenden zeichnet Lauren Grodstein, den Zerfall einer bürgerlichen Fassade.


    Meinung:


    Lauren Grodstein bringt ein Kunststück fertig: Sie schlüpft, als Ich-Erzähler in die Rolle eines Mannes und breitet in meisterhaften Passagen das Innenleben von Pete Dizinoff aus. Bislang habe ich lediglich von Doris Dörrie einmal ein ähnlich riskantes Buch gelesen, in dem die Autorin ebenfalls meisterlich aus der Sicht eines Mannes fabulierte. (Was machen wir jetzt) Technisch gesehen erzählt Lauren Grodstein nahe an der Perfektion, die Rückblenden lesen sich nur selten mühevoll, meist sind sie wohl dosiert in das Geschehen eingebettet und grandios ausgeführt. Lauren Grodstein gelingt es ihrem gesamten Personal Leben einzuhauchen. Die Rahmenhandlung wird ungeheuer Realitätsnah und nüchtern ausgebreitet. Über zwei Schwachpunkte muss man sicherlich sprechen: Zwar bin ich dem Roman aufgrund der Spannung, die aus den familiären Konflikten heraus entstehen gefolgt, muss allerdings anmerken, dass diese Spannung sehr linear aufgebaut ist. Um es einfacher auszudrücken: Es geschieht nichts Unvorhersehbares. Eigentlich ist alles Vorhersehbar. Wie gesagt: Mir war das genug. Ich habe mich gut unterhalten. Ein zweiter Schwachpunkt ist für mich im Verhalten von Elaine zu Pete nicht sauber aufgelöst. Sie wirkt auf mich ziemlich illoyal, sprich etwas unglaubwürdig, übertrieben angefressen vom Verhalten ihre Mannes, der ihr in schweren Zeiten beigestanden ist. Ansonsten ein gelungenes Buch mit tiefe Einblicke in die amerikanische Mittelschicht.

  • Zitat

    Original von buzzaldrin
    Das Schlagwort "Thriller" spricht mich eigentlich nicht wirklich an, deine Beschreibung klingt aber so, als könnte mir das Buch gefallen.


    Ich könnte mir auch vorstellen dass es dir gefällt und einen Thriller habe ich in dem Buch keinesfalls gesehen. :wave

    Herzlichst, FrauWilli
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    Ich habe mich entschieden glücklich zu sein, das ist besser für die Gesundheit. - Voltaire

  • Die kleine Schwester von Siri Hustvedt


    Wirklich, ich kann mir den Vergleich nicht verkneifen - zu offensichtlich sind die Parallelen zwischen diesem Buch hier, Lauren Grodsteins "Die Freundin meines Sohnes", und seinem literarischen Seelenverwandten, Siri Hustvedts "Was ich liebte". Doch Lauren Grodstein geht in manchen Punkten anders vor, sie verwendet andere Erzähltechniken, sie fasst sich wesentlich kürzer, und sie gestaltet das Ende anders. Und genau aus diesen drei Gründen gefällt mir diese Version des großen Themas "geplatzter amerikanischer Traum" wesentlich besser!


    Seien wir ehrlich, was Kritiker manchmal als "große Literatur" bezeichnen, geht an uns Lesern schlicht vorbei. So erging es mir mit Siri Hustvedt. Man erlaube mir die Formulierung, aber deren Epos fand ich strunzlangweilig und ausgewalzt. Ganz anders hier! Na bitte, es geht doch. Lauren Grodstein schafft es, dasselbe Thema mit Frische und liebenswerten Details umzusetzen, in einer Sprache voller Warmherzigkeit und Witz.


    Thema: Ein Mann mittleren Alters, vorzugsweise aus gehobener Gesellschaftsschicht, erzählt in Rückblenden aus seinem Leben. Er steht an einem Punkt, an dem alles verloren scheint - sowohl die Partnerschaft, als auch die Beziehung zum eigenen Kind. Mit in das eigene Leben verwoben ist ein anderes, befreundetes Ehepaar, nein, nicht irgendeines: der beste Freund samt seiner Frau. Man hat sich schon früh kennengelernt, und insgeheim war man damals (teils auch noch heute) scharf auf die Frau des Anderen. Doch es hat nicht sollen sein. Man blieb auf freundschaftlicher Ebene, bekam Kinder, fuhr gemeinsam in den Sommerurlaub. Doch irgendwann kippte die Idylle langsam, aber sicher, als nämlich die Elemente "Tod" und "Kriminalität" in Bezug auf eines der Kinder Einzug halten in die Familien. Ab jenem Zeitpunkt beginnt das schöne Bild zu zerbröseln, und es fehlt nur noch ein winziger Fehltritt des Protagonisten, um seinen persönlichen Abstieg "perfekt zu machen"...


    Bis zu genau diesem Punkt könnte die obige Beschreibung für beide (!) von mir oben erwähnten Bücher gelten. Doch Lauren Grodstein geht meiner Ansicht nach wesentlich geschickter vor, um den Leser auch wirklich "bei der Stange zu halten".


    Erstens einmal verteilt sie die Anteile zwischen "Rahmenhandlung im Jetzt" und "Rückblenden" anders. Ich habe nicht nachgezählt, aber die eigentliche Rahmenhandlung nimmt nicht viel mehr als ein halbes oder fast ein ganzes Kapitel ein. Zu Anfang des Buches liegt der größere Anteil des Rahmens, und er ist voller Andeutungen, die erst im Laufe des Buches aufgelöst werden. Spannend und geschickt gemacht! Mitten im Buch sind es vielleicht ein- oder höchstens zwei Sätze im "Jetzt", mit denen ein Kapitel beginnt; doch unmerklich leitet die Autorin immer wieder in die Vorgeschichte über. Sehr sanft sind diese Überleitungen, und immer vollkommen logisch. Ganz zum Ende des Buches liegt dann der verbleibende, zweite größere Teil des "Rahmens", und damit wird das Buch auch sehr rund abgeschlossen. Es begann im Jetzt, und endet auch im Jetzt. Der weitaus größte Teil des Buches spielt jedoch in der Vergangenheit, dem Leser wird mit der Verortung im "jetzt" lediglich ein Anker geboten. Das macht die Lektüre leicht und schwebend, und dennoch nicht ziellos - denn man weiß bzw. ahnt ja, dass alles auf ein Ende hingeführt wird.


    Was die Erzähltechniken betrifft, fiel mir auf, dass Lauren Grodstein zwar konsequent die Perspektive des Protagonisten, Pete Dizinoff, einhält, aber erfrischend viele, lebendige Dialoge vorkommen lässt. Und zwar fast ohne lästige "Redebegleitsätze". Ja, so hätten lebende Personen tatsächlich sprechen können! Das nimmt man ihr ab. Daran nimmt man Anteil. Das liest man gern.


    Der Titel "Die Freundin meines Sohnes" ist erfrischend direkt, und bezeichnet im Kern schon genau, worum es geht. ( Der Originaltitel ist da ein wenig neutraler: "A friend of the family".) Ganz ähnlich wie bei Hustvedt, geht es auch hier um eine Freundschaft zwischen den Kindern der befreundeten Väter, doch um eine Freundschaft, die letzten Endes nicht gut geht. Laura (Joes älteste Tochter) ist zehn Jahre älter als Alec (Petes einziger Sohn), und sie hat als Teenager ungewollt ein Kind geboren und es sogar getötet! Wie kann Pete da nicht entsetzt sein, als sich die beiden ineinander verlieben? Man kann den Mann verstehen. Was aber den wirklichen "Thrill" in diesem Buch ausmacht, ist die ständige erotische Spannung, der verwirrende Unterton, der sich immer dann einschleicht, wenn Pete die "böse Laura" beschreibt, oder mit ihr in Kontakt kommt. Man ahnt es als Leser schnell, hier wirkt noch immer die einstige Enttäuschung in Pete fort, die Enttäuschung, schon bei Lauras Mutter nicht landen zu können. Doch Laura gleicht ihrer Mutter fast aufs Haar...


    Lauren Grodstein belässt es aber nicht bei dieser an sich schon heiklen Konstellation. Nein, sie lässt Pete Dizinoff, der nämlich erfolgreicher Arzt ist, auch noch einen Beinahe-Kunstfehler begehen, was Petes private Situation zusätzlich verschärft. Nicht genug damit, dass er bei seinem Sohn und seiner Frau an Ansehen verloren hat, weil er die Beziehung zu Laura gewaltsam hintertrieb - nein, jetzt hängt auch noch das berufliche Damokles-Schwert über seinem Haupt. Und das ist nun wirklich kunstvoll gemacht: nahezu das ganze Buch über wird dieses zweite Drama nur angedeutet, in der Schwebe gehalten. Erst im allerletzten Kapitel erfährt der Leser die Auflösung.


    Zur Schreibweise insgesamt möchte ich anmerken, dass Lauren Grodstein es einfach versteht, einzelne Szenen lebendig zu gestalten. Ihre Schreibweise ist nicht so akademisch oder episch wie in anderen Büchern, die einem als "große amerikanische Literatur" verkauft werden. Nein, sie ist einfach menschlich, wunderbar detailgetreu, und nachvollziehbar. Manche Szenen sind derart gelungen, dass man sie auch einzeln nachlesen könnte - wie beispielsweise der gemeinsame Museumsbesuch, oder der Besuch bei Petes sterbendem Vater. Wunderbar beobachtet, und unverkrampft geschildert!


    Mein einziger Kritikpunkt, der auch der Grund dafür ist, dass ich "nur" vier Sterne vergebe, ist das Ende, in Verbindung mit der Motivation einzelner Personen. Ich möchte nicht zu viel verraten - daher nur soviel: hätte die Autorin die Charakterisierung ihrer Figuren konsequent durchgehalten, so, wie sie am Anfang vorgestellt wurden, hätte es am Ende eigentlich anders ausgehen müssen. Mir ist da manche Verhaltensweise nicht ganz ersichtlich. Doch insgesamt haben mich der Spannungsbogen, die Wärme des Buches, und die erfrischenden Dialoge wieder versöhnt. Ich kann das Buch wirklich nur jedem empfehlen, der ansonsten vom "amerikanischen Roman" ein wenig gefrustet ist - denn es gibt sie noch, die schnörkellose und lesbare Literatur!

  • Das Leben des Arztes Pete Dizinoff steht Kopf. Pete führte ein mehr oder weniger glückliches Leben. Er war glücklich verheiratet mit Elaine, hatte einen innig geliebten Sohn, Alec, eine gut gehende Arztpraxis und ein schönes Haus in einem reichen Vorort. In der Nähe wohnten seine seit Studienzeiten besten Freunde Joe und Iris mit ihren Kindern. Joe und Iris hatten Probleme mit ihrer ältesten Tochter Laura. Nach einem schlimmen Vorfall kam die 17jährige Laura bei Verwandten unter. Als sie wieder zu den Eltern zieht, ist sie 30, Alec 20. Die beiden kommen sich näher. Doch das passt Pete gar nicht. Er ist der Meinung, dass Laura Alec schadet. Aus falsch verstandener Liebe zu seinem Sohn versucht er mit aller Gewalt, die beiden auseinanderzubringen, was damit endet, dass er aus dem Haus der Familie ausziehen und nun in dem Raum über der Garage wohnen muss. Die Ehefrau Elaine möchte sich scheiden lassen. Die besten Freunde haben den Kontakt abgebrochen.


    Dann ist da noch die Sache mit der Patientin Roseanne Craig, deren Eltern Dizinoff verklagen wollen. Ihr Bruder lauert ihm auf und bedroht ihn. So pendelt die Erzählung zwischen diesen beiden Problemen hin und her, dabei macht das familiäre aber den Hauptteil aus.


    Dizinoff blickt auf sein bisheriges Leben zurück, wobei er nicht chronologisch erzählt, sondern einzelne Episoden herauspickt und in der Zeit hin und her springt. Nach und nach enthüllt sich so dem Leser, was in all diesen Jahren passiert ist, wie es letztlich zu der Entgleisung kam. Pete Dizinoff ist eigentlich ein ganz normaler Mann, der nur das Beste für seine Familie will, vor allem auch für seinen Sohn. Er soll auf ein gutes College gehen und einen guten Abschluss machen. Bei allem will ihm der Vater gerne helfen. Nur leider hat der Sohn andere Vorstellungen.


    Der Schreibstil ist sehr angenehm, lässt sich leicht lesen, ist aber nicht zu einfach gestrickt. Hin und wieder eine Prise Ironie lockert die Erzählung schön auf. Während der größte Teil der Handlung äußerst ausführlich dargestellt wird, geht es mir am Schluss etwas zu schnell. Da hatte ich das Gefühl, die Autorin will jetzt einfach mal fertig werden. Die Geschichte ist insgesamt recht interessant und ganz nach meinem Geschmack. Trotz allem ist der Funke nicht so richtig übergesprungen, was wohl hauptsächlich daran liegt, dass mir die Hauptfigur mit ihrer arroganten und selbstgerechten Art ziemlich unsympathisch ist.

  • Inhalt: Peter Dizinoff ist Arzt und lebt zusammen mit seiner Frau Elaine in Round Hill einem kleinen Vorort in New Jersey. Bis auf bisher kleinere Probleme mit seinem Sohn Alec läuft in seinem Lebenalles so, wie es sein sollte. Sein bester Freund Joe jedoch, der aufrgrund von Empfehlungen Peters kurz nach dessen Familie nach Round Hill gezogen ist, hatte mehr Probleme mit seiner ältesten Tochter, Laura, denn diese hatte mit siebzehn eine Schwangerschaft und brachte ihr Baby im sechsten Monat in der Toilette einer Bibliothek zur Welt, kurze Zeit später wurde das Kind tot in einem Mülleimer gefunden und Laura befand sich in eienr Klinik, da die Nachblutungen nicht hatten aufhören wollen. Ob das Kind schon bei der Geburt tot war oder Laura den Tod verschuldet hatte, ist nicht klar, da Laura nicht über das Vorkommniss sprechen will. Verurteilt wird sie zu einem Aufenthalt in einer Psychatrischenklinik und danach verschwindet sie zunächst aus Round Hill.
    Jahre später, als sie schon knapp über 30 ist und Alec bereits seinen ersten Versuch zu studieren abgebrochen hat und wieder bei seinen Eltern zu Hause wohnt, begegnen sich die beiden auf einer Party bei Joe und kommen sich mit der Zeit einander immer näher, was Peter gar nicht gefällt. Denn dieser möchte nicht, dass sein Sohn eventuell sein Leben verschwendet, indem er sich mit einer vermeindlichen Kindsmörderin abgibt, auch wenn diese die Tochter seines besten Freundes ist.
    Nach und nach versucht Peter seinen Sohn und Laura auseinder zu bringen, jedoch achtet er dabei nicht daruaf, dass er gewisse Dinge um sich herum vergisst und immer mehr auf eine Situation zusteuert, in der er sich sicher nicht befinden wollte.


    Meinung: Der Roman war im ersten Augenblick nicht so mein Fall, einfach weil er mir doch ein wenig durcheinader vorkam, der Erzähler sehr oft bei den Orten und Zeiten in denen er sich befindet springt, denn oft wird auch von der Vergangenheit erzählt. Die Geschichte an sich ist nämlich so strukturiert, dass eigentlich schon alles passiert ist und einem alles rückblickend erläutert wird, wobei selbst in den Rückblicken auf die Geschehnisse, die dazu geführt haben, dass alles ist, wie es ist, wieder Rückblicke auf die Kindeheit oder andere vergangene Ereignisse eingebaut werden. Durch diesen Aufbau kann es ab und an dazu kommen, dass man sich nicht mehr ganz sicher ist, zu welcher Zeit erzähltes grade wirklich spielt. Insbesondere, da es leider nicht durch Absätze gekennzeichnet ist, zumindest nicht immer. Auch manche Stellen haben ein bisschen an Sinn verloren, da sie übersetzt wurden und das mit dem nicht besten Begriff, was ein wenig schade ist, aber an sich das Lesen nicht stört.
    Stilistsich ist der Roman sonst eigentlich recht flüssig und leicht zu lesen und ich finde weder, dass die Autorin besonders lange, ausschweifende Sätze nutz, noch dass die Sätze besonders kurz und abgehackt und dadurch auffällig sind. Ansonsten ist es bei diesem Roman rech gut gelöst, dass wirklich die ganze Geschichte aus der Sicht Dizinoffs, verbunden mit seinen Gefühlen und Gedanken erzählt wird, weil man sich dadruch doch sehr in seine gefühlslage hineinversetzen kann.
    Alles in allem muss ich gesten, dass mich das Buch überrascht hat, da ich nicht damit gerechnet hätte, dass ich es doch noch so gut finde, wenn ich auch sagen muss, dass es mich nicht vollkommen vom Hocker gerissen hat.

    Furcht ist der Pfad zur dunklen Seite. Furcht führt zu Wut, Wut führt zu Hass, Hass führt zu unsäglichem Leid.

  • Und hier noch meine Meinung dazu:


    Viel findet sich nicht im Netz, wenn man Lauren Grodstein eintippt. Die in New Jersey geborene und aufgewachsene Autorin lebt noch heute mit ihrem Ehemann und Sohn dort. Sie unterrichtet kreatives Schreiben und Literaturwissenschaft in Camden. Ihre bisherigen Arbeiten wurden bereits in mehrere Sprachen übersetzt. So auch ihre Novelle „A friend of the familiy“, die im Februar letzten Jahres von Klett-Cotta auf den deutschen Markt gebracht wurde.


    Eigentlich könnte alles perfekt sein. Der Internist Pete Dizinoff hat Elaine geheiratet, die er liebt. Die beiden haben Alec, ein Wunschkind, mittlerweile mehr oder weniger erwachsen. Das eigene Haus, die eigene Praxis, genügend Geld also, und dazu noch Joe und Iris, gute Freunde aus Studienzeiten in der Nachbarschaft. 20 Jahre heimeliges Mittelstands-Klischee in den Vereinigten Staaten.


    Nun ja, nicht ganz. Denn Wunschkind hin oder her – Alec ist nicht unbedingt der Schwiegermuttertraum schlechthin. Trotz aller Förderung schafft er die Schule mehr schlecht als recht, kommt mit Drogen in Kontakt, weiß nichts mit sich anzufangen, wirft ein teures Studium hin und will Künstler werden. Was macht der stolze Vater? Er knirscht mit den Zähnen und versucht dennoch die perfekte Grundlage für die Zukunft seines Sohnes zu schaffen.


    Das Cover (blauer Himmel mit nur ein paar Wölkchen, ein schlichtes Haus, davor zwei männliche Figuren) ist schlicht und ich hätte beim Betrachten desselben ebenso wenig wie durch den Titel herausgefunden, worum es geht. Denn es geht weniger um besagte Freundin, als um Petes Leben, in dem alles auseinander fällt. Oder vielmehr alles auseinanderfiel. Sein guter Ruf als Arzt, seine Freundschaften, seine Ehe, seine Familie - alles ist anders und nichts scheint gut. Mit Die Freundin meines Sohnes lässt Lauren Grodstein ihre Leserschaft auf Petes Leben zurückblicken, lässt sie mit ihm auf ein Urteil warten und erfahren, was zum abrupten Ende dieses ach so amerikanischen Idylls führte. Lässt ihn erzählen, was passiert ist.


    Hier offenbarte sich für mich ein kleines Manko. Pete stellt sich bereits mit der Schilderung seiner aktuellen Lebenssituation voller Selbstmitleid und wenig sympathisch vor. Das hätte mich das Buch beinahe weglegen lassen. Nach einem anschließenden ausführlicheren Rückblick auf die Umstände, die zu eben dieser Situation führten, lässt die Autorin ihre Hauptfigur an diesen Anfang anknüpfen und beendet dadurch die Geschichte. Das eine oder andere konnte man sich jedoch bereits nach dieser anfänglichen Vorstellung denken.


    Grodsteins Hauptfigur offenbart sich von Anfang an also wie bereits erwähnt nicht unbedingt als der sympathisch-nette Typ von nebenan. Vielmehr wird schnell deutlich, dass er ein Kontrollfreak ist, der letztlich nicht einmal vor Gewalt zurückschreckt, um seinen Willen durchzusetzen. Er ist hochmütig und in seiner Hochmütigkeit falsch, da er beispielsweise auf seine Freunde und deren Leben herabblickt. Doch warum? Weil er grundsätzlich ein schlechter Mensch ist?


    Sicher nicht. Pete ist tatsächlich vielleicht nicht der sympathisch-nette Typ von nebenan. Aber er könnte nebenan oder sogar mit uns wohnen. Seine Taten und Denkweisen entstehen aus dem Wunsch, alles richtig zu machen. Seine Motivation ist die Liebe. Nicht zur Freundin seines Sohnes, wie man jetzt vielleicht vermuten könnte, sondern die zu seinem Sohn. Der eine oder andere mag das aus seinem Leben eher anders herum kennen (Mutter kann Sohn nicht loslassen, Vater die Tochter). Doch Alec ist Petes Wunschkind von seiner Traumfrau Elaine. Für Alec wünscht er sich ein gutes und sicheres Leben. Da passt es überhaupt nicht, dass der sich ausgerechnet in die in den Schoß ihrer Familie zurückkehrende Laura verliebt. Sie ist einige Jahre älter als Alec, die Tochter von Petes eingangs erwähnten guten Freunden Joe und Iris gleich nebenan. Ausgerechnet Laura, die mit 17 unbemerkt schwanger wurde, das Baby in einer Toilette zur Welt brachte und tötete. Ausgerechnet Laura, die danach erst in der Psychiatrie und dann in der Fremde verschwand. Ausgerechnet Laura – genauso interessant wie labil - verdreht Alec völlig den Kopf. Pete versucht alles, um diese Beziehung zu unterbinden. Darüber vernachlässigt er seine Tätigkeit als Arzt. Prompt unterläuft ihm ein fataler und tödlicher Fehler und er landet vor Gericht. Darüber setzt er seine Freundschaft mit Lauras Eltern aufs Spiel, weil er etwas anrührt, das jahrelang nur oberflächlich übertüncht wurde, um den Schein der Normalität zu wahren. Ein Ereignis, das nie richtig aufgearbeitet wurde. Seine Ehe, seine Familie, sie gerät allein dadurch in Gefahr, weil er nicht davor zurückschreckt, auf seiner Sicht der Dinge zu beharren. Während Petes Frau Elaine Mitleid für Laura empfindet, Alec die Welt nicht mehr versteht, Iris für ihre eigene Tochter kämpft, obwohl sie sie für damals hasst, ist sie in Petes Augen einfach eine Mörderin und gefährlich. Sie ist nichts für seinen Sohn, der auch noch verkündet, mir ihr nach Paris gehen zu wollen. Um das zu verhindern, sucht Pete ein letztes Gespräch mit Laura. Es eskaliert und Laura dreht den Spieß um. Sie wehrt sich nicht nur gegen Petes Versuche sie von Alec zu trennen, sie bringt ihn in Misskredit.


    Was grundsätzlich wie ein gutbürgerliches amerikanisches Idyll anmutet, erweist sich sukzessive als oberflächlich gut funktionierende Farce mit etlichen schwelenden Konflikten und jeder Menge Unverständnis. Denn natürlich gab es einen Grund, warum Laura die damalige Schwangerschaft verschwieg. Natürlich gibt es auch einen Grund, warum Alec so ist wie er ist. Und natürlich gibt es 1.000 Gründe den Schein zu wahren, die allesamt wichtiger scheinen, als die wirklichen Probleme. Pete und seine Familie sind bei weitem nicht die Vorzeigetypen, als die er sich und sie selbst gerne sieht. Er wirkt stellenweise arrogant und in seinem Eifer alles richtig zu machen wie bereits erwähnt wenig liebenswürdig. Doch genau das macht ihn wiederum menschlich – wer ist schon perfekt?


    Die Autorin springt zwischen den Figuren hin und her, erzeugt durch Andeutungen Spannung – die allerdings durch die eine oder andere langatmige oberflächliche Passage gebrochen wird. Ihre Charaktere sind nicht wirklich diffus, aber auch nicht sonderlich klar herausgearbeitet. Man erkennt durchaus Laura als gleichermaßen schwach wie berechnend. Pete ebenso fatalistisch hilflos wie fanatisch. Dennoch scheint hier etwas zu fehlen. Hinzu kommt, dass der Lesefluss etwas ins Stottern kommt, weil Grodstein in Petes Schilderung der Vorfälle auch noch Zeitsprünge eingebaut hat und auf klitzekleine Nebenschauplätze ausweicht, die nicht zwingend für die Geschichte gewesen wären. Und doch tragen auch diese Abschweifungen, in denen Pete auf an und für sich nebensächliche Erfahrungen seines Lebens eingeht, dazu bei, seine Sorge und Liebe zu Alec herauszuarbeiten.


    Und keines von Petes Problemen wirkt so erfunden, dass man den Kopf schütteln müsste. Alle muten, genau wie seine aus Verzweiflung entspringenden Handlungen und die daraus resultierenden Folgen, real und nachvollziehbar an. Grodsteins Roman zeigt, dass Geld und gut situierte Verhältnisse nicht vor Fehlentscheidungen und Problemen bewahren und sie bisweilen nicht nur nicht abmildern, sondern sogar verstärken können. Die gesamte Entwicklung von Petes Geschichte ist nicht immer akzeptabel aber durchaus nachvollziehbar und gerade dadurch erschreckend. Man stellt sich zwangsläufig die Frage, wie weit sich Eltern in das Leben ihrer erwachsen werdenden Kinder einmischen dürfen. Inwieweit sie sie vor Fehlern bewahren dürfen. Was falsch verstandene Liebe und was natürliches Schutzbedürfnis ist.


    Fazit:


    Die Freundin meines Sohnes lässt sich trotz kleinerer Schwächen leicht lesen, ohne zum Lesequickie zu verkommen. Es soll ein Thriller sein, ist jedoch nicht das spannendste Buch, das ich in letzter Zeit gelesen habe. Dennoch konnte ich es nicht einfach so weglegen. Es zog mich langsam aber unaufhörlich bis zum Schluss. Denn durch die Nachvollziehbarkeit bestimmter Handlungen und Gedanken blieb bis zur letzten Seite der Wunsch, zu erfahren, wie die Sache ausgeht.

    Der Unterschied zwischen dem richtigen Wort und dem beinahe richtigen ist derselbe Unterschied wie zwischen einem Blitz und einem Glühwürmchen.
    Mark Twain