160 Seiten, zahlreiche Abbildungen, Zeittafel, Bibliographie, Register, kartoniert
Verlag: Rowohlt Taschenbuch Verlag, Reinbek 2000
ISBN-10: 3-499-50627-0
ISBN-13: 978-3-499-50627-7
Zum Inhalt (Quelle: Buchrückentext mit eigener Ergänzung)
Victoria wurde einst als „Großmutter Europas“ bezeichnet, und sie war das Symbol britischer Weltmachtgeltung wie eine Repräsentantin bürgerlicher Ordnung und Wohlfahrt. Doch zeigt die Analyse der fast 64 Jahre ihrer Regierung einen Menschen von höchst zwiespältiger Natur, dem es nie gelang, die stürmischen Entwicklungen seiner Zeit mit den eigenen Vorstellungen in Übereinstimmung zu bringen. Gleichwohl hat Victoria der englischen Monarchie nicht nur ihre Würde zurückgegeben, sondern deren Substanz unter veränderten Bedingungen neu befestigt.
Das Buch zeichnet ihren Lebensweg, ihre Gedankenwelt und ihren Einfluß - oder Nichteinfluß - auf die Politik und die Zeitläufte nach.
Über den Autor (Quelle: Verlagsangabe im Buch)
Jürgen Lotz, geboren 1944 bei Frankfurt/Main, arbeitete nach seiner Ausbildung als Historiker und Politologe neunzehn Jahre für ein historisches Magazin, davon dreizehn Jahre als Chefredakteur. Heute ist er freier Publizist und lebt am Tegernsee.
< Hier > der Wikipedia-Artikel über Königin Victoria
Meine Meinung
Als Victoria geboren wurde, bestimmte noch die Postkutsche den Rhythmus der Zeit; als sie starb, hatte die Eisenbahn das Verkehrswesen revolutioniert, fuhren die ersten Autos durch Londons Straßen und von Aeroplanen hieß es, sie könnten die Mobilität des Menschen bald ins Unbegreifliche steigern. (Seite 17) Von ihren fast 82 Lebensjahren war sie rund 64 Jahre Königin von England. Damit ist der Bogen angedeutet, den dieses Buch spannt, und gleichzeitig sein Problem: für ein ganzes Zeitalter sind 140 Seiten Text einfach zu wenig, um es umfassend darzustellen.
Andererseits sind es, gepaart mit einer flüssigen gut lesbaren Sprache, genügend, um einen Überblick zu geben. Um den Menschen Victoria vorzustellen wie auch die wesentlichen Probleme und Ereignisse während ihrer langen Zeit als Regentin. Daß dabei vieles zwangsläufig etwas kurz wegkommt, versteht sich von selbst. Für mich, der sich in englischer Geschichte nicht sonderlich auskennt, war vor allem die Jugend Victorias, genauer gesagt die Verwandtschaftsverhältnisse, eher verwirrend. Da wäre ein Stammbaum hilfreich gewesen. Zwar hatte ich davon schon gehört, doch letztlich fand ich es überraschend, wie eng teilweise die Verwandtschaftsverhältnisse zwischen der englischen Königsfamilie und dem deutschen Adel bzw. den deutschen Herrscherhäusern (und nicht nur diesen) waren bzw. sind; Heiratspolitik wurde offensichtlich nicht nur bei den Habsburgern betrieben. Und trotzdem konnten die verwandtschaftlichen Verhältnisse nicht die Kriege verhindern - auch dies etwas, was im Verlauf des Buches klar wird.
Immer wieder, so wird deutlich, stößt die englische Königin an ihre Grenzen. Auch wenn sie es nicht wahrhaben will, entwickelt sich während ihrer Herrschaftszeit das Parteiensystem und die Krone verliert weiteren Einfluß. Diese Spannungen zwischen Souverän, der denn doch nicht so souverän ist, und der praktischen Politik, bisweilen verschärft durch persönliche Animositäten, werden gut und nachvollziehbar beschrieben. Interessant für mich war auch die Darstellung der englischen Politik und der Machtverhältnisse zwischen Krone und Regierung, wovon vieles für mich völlig neu war. Geradezu fasziniernd fand ich es, als Ereignisse aus englischer Sicht zur Sprache kamen, die ich meine Tochter kürzlich für den Geschichtsunterricht aus deutscher Sicht abgefragt hatte. Das klang alles plötzlich ganz anders und zum vielleicht ersten Mal habe ich mir ernsthaft die Frage stellen müssen, ob es so etwas wie eine historische Wahrheit überhaupt gibt.
Der Autor beherrscht die Faktenfülle sehr souverän, das Buch ist zu keinem Zeitpunkt langweilig oder trocken. An einigen Stellen läßt sich der Stil sogar als emotional eingefärbt beschreiben, so daß ich einen guten ersten Eindruck von der Königin und der nach ihr benannten Epoche erhielt.
Kurzfassung
Eine gut lesbare, faktenreiche und bisweilen emotionale Biographie über eine Königin und die mit ihr untergegangene Epoche.
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