Tom Tarek: Rufname Lila – Aus dem Leben mit einer Katastrophenkatze. Dramatische Geschichten. Norderstedt 2011, Books on Demand GmbH, ISBN 978-3-8423-3806-7, Softcover, 136 Seiten, Format: 12 x 19 x 1 cm, EUR 9,90. Als E-Book: Apple iBookstore, EUR 8,49.
Biologe Tom und seine Lebensgefährtin Anne-Marie haben sich ein Tigerkätzchen zugelegt, Noch ist das Tierchen namenlos. Auf Anne-Maries Frage, wie die Kleine denn heißen solle, antwortet zur allseitigen Überraschung die Nachrichtensprecherin: „Lila“. Zwar spricht die Dame im Fernsehen über eine Präsentation der kommenden Herbstmode, aber der Name gefällt dem Paar. Und im Prinzip ist es ja auch egal, wie man eine Katze ruft. Sie kommt sowieso nicht.
Klein-Lila entpuppt sich als kreatives Temperamentsbündel und macht bald das ganze Dorf unsicher. Sie verwüstet fremder Leute Wohnungen und klaut Handschuhe, weil sie die anscheinend für helfende menschliche Hände hält. Sie klettert todesmutig auf Dächer und Bäume und muss von ihrem Menschen gerettet werden, der mit dem Herumturnen in luftigen Höhen überhaupt nichts am Hut hat.
Lila bringt Mäuse, Ratten und anderes Getier nach Hause. Toms gut gemeinte Versuche, die leicht lädierten Beutetiere zu retten, verschlimmern oft das Chaos noch. So sperrt er eine Fledermaus ins Schlafzimmer und reißt das Fenster auf, damit das Flattertier ins Freie findet. Was er nicht bedacht hat: Zwergfledermäuse sind sehr soziale Tiere ... und diese hier ruft ihre ganze Mischpoke zu Hilfe!
In einem noch größeren Tohuwabohu endet der Versuch, Lila bei ihren Streifzügen mittels eines Senderhalsbands zu orten. Der Kollege, der Tom das Ding geliehen hat, tut gut daran, um sein Leben zu rennen! Also kommt bei Lilas nächstem Verschwinden wieder eine herkömmliche Suchanzeige mit Belohnung zum Einsatz. Und die löst eine wahre Flutwelle an Hilfsbereitschaft aus!
Zum Glück taucht Lila wieder auf und benimmt sich wie gewohnt: Sie zerfetzt Kartons, Tapeten und Menschenhände, wird um ein Haar per Postpaket nach Albanien verschickt, setzt eine Tierpension und einen Weinkeller unter Wasser, sperrt ihre Menschen aus dem Haus aus und hetzt ihnen die Polizei und das Ordnungsamt auf den Hals.
Katzen zu halten kann manchmal anstrengend sein – und ein teures Vergnügen!
Tom hält seine erfinderische Lila natürlich für die intelligenteste Katze Oberbayerns. Doch sein Kollege Sebastian, der die Tigerkätzin am Institut für Verhaltensforschung untersucht, kommt leider zu einem anderen Ergebnis: Doof wie Bohnenstroh soll sie sein! Tom ist beleidigt und zweifelt, genau wie der Leser, an der wissenschaftlichen Korrektheit der Experimente. Eines ist sicher: Wenn das Institut getestet hätte, wie gut Lila ein Durcheinander verursachen kann, würde man sie jetzt als Wunder der Natur feiern!
Weil sie so eine Katastrophenkatze ist, nimmt Tom es auch nicht ernst, als Anne-Marie ihm kurz darauf am Telefon verkündet: „In Lilas Körbchen liegt ein Monster“. Natürlich, das weiß er doch! Doch die Lebensgefährtin spricht nicht von der Hauskatze, sondern von einem Tier, das in unseren Breiten eigentlich gar nichts zu suchen hat.
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Fotograf: Cody Pope *
Lila versteht sich prächtig mit dem randalierenden „Ratz“, aber zwei Monster will Anne-Marie nun wirklich nicht im Haus haben. Doch wie wird man das Besuchs-Ungeheuer wieder los? Toms Methode erweist sich als nur bedingt geeignet. Nicht der „Ratz“ landet hinter Gittern ...
Da sich merkwürdigerweise niemand findet, der in Abwesenheit des Paares auf Lila aufpassen will, muss die Katze mit in den Urlaub. Also reist das Chaos immer mit Tom und Anne-Marie, ob sie nun in Afrika weilen oder in den Karpaten. Dabei kommt es zu tierischen Begegnungen mit Affen, Wölfen und Bären und anderen Zwischenfällen, auf die die beiden gut und gern hätten verzichten können.
Nichts bleibt ihnen erspart! Weil Lila anscheinend durch Wände gehen kann und in der Lage ist, sich gleichzeitig im Haus und im Garten aufzuhalten, zitieren Toms Nachbarn gleich mehrere Parapsychologen herbei. Doch Lila hat mit diesem esoterischen Unfug genauso wenig am Hut wie ihre rational denkenden Menschen. Wasserader hin, Polstergeist her: Die Meister des Hokuspokus werden sich, genau wie alle Katzenhalter dieser Welt, mit der Erkenntnis zufrieden geben müssen, dass Katzen so etwas einfach können.
Mit Lila erleben Tom und Anne-Marie noch öfter ihr blaues Wunder. Unter anderem versucht sie sich als Filmkatze und jagt sogar ein ausgewachsenes Pferd in die Flucht. Womöglich hat sie mit all ihren Missetaten gar den leibhaftigen Teufel aus der Unterwelt gelockt!
Sollte Tom Tarek bei der Schilderung seiner Erlebnisse etwa übertreiben? Als Mensch mit sehr viel Katzenerfahrung versichert Euch die Rezensentin: allenfalls ein klitzekleines bisschen. Das Leben mit Katzen ist einfach so: Es beschert einem die merkwürdigsten Erfahrungen.
Der Autor, ein Biologe wie der menschliche Held in seinem Buch, weiß nicht nur, wovon er schreibt – er weiß auch, wie man professionell, locker und witzig Geschichten erzählt.
Wer immer noch denkt, bei Books on Demand gäbe es nur Bücher, die zu laienhaft verfasst seien um einen „richtigen“ Verlag zu finden, sieht hier ein Gegenbeispiel. Ja, es erscheinen interessante, gut geschriebene und ordentlich lektorierte Bücher bei BoD, die qualitativ locker mit den Erzeugnissen bekannter Verlage mithalten können! Gerade bei Themen mit einer eng definierten Zielgruppe (hier: Katzenfreunde mit einer Vorliebe für heitere Geschichten) ist das der Fall. So etwas ist für die großen Häuser oft nicht massentauglich und somit nicht lukrativ genug, egal wie unterhaltsam es ist. Bei BoD geht’s.
Wer gerne über die lustigen und chaotischen Erlebnisse anderer Katzenfreunde schmunzelt, dem sei dieses Buch ans Herz gelegt. Wer bei besonders komischen Stellen zum lauten Loslachen neigt, sollte die Geschichten vielleicht lieber im stillen Kämmerlein lesen und nicht gerade in der Bahn. Denn das öffentliche Kichern über Bücher provoziert Reaktionen. Man kann sich natürlich auch auf Gespräche mit seinen Mitmenschen einlassen – und das Büchlein bei der Gelegenheit weiterempfehlen.
*) Foto Nordopossum: This file is licensed under the Creative Commons Attribution-Share Alike 2.5 Generic license. You are free: to share – to copy, distribute and transmit the work; to remix – to adapt the work under the following conditions: attribution – You must attribute the work in the manner specified by the author or licensor (but not in any way that suggests that they endorse you or your use of the work). Share alike – If you alter, transform, or build upon this work, you may distribute the resulting work only under the same or similar license to this one.