Inhalt:
Caitlins beste Freundin Ingrid hat sich das Leben genommen. Caitlin ist völlig betäubt vor Schmerz und unfähig, diese schreckliche Tat zu verstehen. Zwar wusste sie von Ingrids Problemen, ihrer Traurigkeit, dem Ritzen, aber nie hätte sie gedacht, dass die Situation für ihre Freundin ausweglos sein könnte. Erst als sie Ingrids Tagebuch findet, dass diese ihr hinterlassen hat, beginnt sie zu verstehen – und sich selbst zu verzeihen.
Meine Meinung:
Depressionen, Autoaggression, Suizid – die Themen, mit denen sich dieses Jugendbuch beschäftigt, sind keine Einfachen. Einer solchen Lektüre fehlt es schnell an Leichtigkeit, sie ist zu ernsthaft, zu traurig, zu deprimierend. Oder aber sie ist zu oberflächlich, setzt sich nicht intensiv genug mit ihren Themen auseinander… Nina LaCour ist mit „Ich werde immer da sein, wo du auch bist“ diese schwierige Aufgabe jedoch grandios gelungen. Eindringlich schildert sie Caitlins Gefühle, ihre Traurigkeit, ihren Zorn über den Tod ihrer besten Freundin. Ihr Schmerz wird für den Leser beinahe körperlich spürbar, so nah ist man ihr, so sehr kann man sich in sie hineinversetzen.
Und auch bei den anderen Charakteren, Ingrids Eltern, Caitlins Eltern, der Fotografie- Lehrerin, den Schulkameraden der Mädchen, war die Autorin sehr auf Authentizität bedacht. Und auch hier hat sie sehr gute Arbeit geleistet. Es gab keine einzige Stelle, an der ich irgendwen nicht verstanden hätte oder sein Verhalten nicht nachvollziehen konnte. Die komplette Handlung ist wunderbar stimmig ausgearbeitet und passt einfach.
Gemeinsam mit Caitlin kommt man Ingrids Geheimnissen auf die Spur, ihren Problemen, die Caitlin schlichtweg übersehen oder unterschätzt hat. Ein harter Prozess, der auch nachdenklich stimmt – achtet man selber gut genug auf seine Freunde, seine Familie? Übersieht man vielleicht versteckte Hilferufe? Doch das Buch macht einem keine Angst, eher im Gegenteil. Es macht deutlich, dass man als Außenstehender nicht alles sehen kann und lindert Schuldgefühle.
Caitlins Weg zurück ins Leben ist steinig und von Rückschlägen gezeichnet, doch sie wächst daran und am Ende des Buches hat man das Gefühl, sie guten Gewissens zurücklassen zu können. Man ist sich einfach sicher, dass sie, trotz des großen Verlustes, mit ihrem Leben zurechtkommen wird, und bleibt, trotz des traurigen Themas, mit einem positiven Gefühl zurück.
„Ich werde immer da sein, wo du auch bist“, ist ein Buch, das einen zum weinen, aber auch zum lachen bringen kann. Selten habe ich ein Buch gelesen, das so sehr unter die Haut geht und das ich, trotz eines sehr ernsten und auch schmerzhaften Themas, so gerne gelesen habe. Absolut zu empfehlen!