Gebundene Ausgabe: 432 Seiten
Verlag: Berlin Verlag (9. April 2011)
Sprache: Deutsch
Kurzbeschreibung
In seinem neuen Roman Zweite Person Singular erzählt Sayed Kashua die Geschichte zweier arabischer Israelis, die mit aller Macht versuchen, ihre Fremdheit in der Mehrheitskultur, aber auch die gegenüber der in ihren Augen rückständigen arabischen Kultur, durch eine neue Identität zu überwinden. Sie suchen ihr Heil in den Versprechungen der Popkultur und des westlichen Individualismus, nach denen alles möglich scheint, doch sind damit in dem tief zerrissenen Land zum Scheitern verurteilt.
Über den Autor
Sayed Kashua wurde 1975 geboren und lebt im palästi nensischen Teil des Dorfes Beit Safafa bei Jerusalem. Er ist Filmkritiker und Kolum nist der in Tel Aviv erschei nenden Wochenzeitung Ha'Ir. Sayed Kashua ist ver heiratet und hat eine Tochter und einen Sohn. Zweite Person Singular ist sein dritter Roman. 2002 erschien im Berlin Verlag sein Debütroman Tanzende Araber (BvT 2004). Da war des Morgen erschien 2005 (BvT 2006). Seit 2006 schreibt er regelmäßig in der Wochenzeitung Haaretz. Er ist zudem Autor der erfolgreichen israelischen Sitcom Avoda Aravit (arabische Arbeit).
Meine Meinung
Hinter dem Titel "Zweite Person Singular", bei dem man vermuten könnte, ein trockenes Grammatikbuch in den Händen zu halten, verbirgt sich eine faszinierende und schnell erzählte Geschichte.
Der Roman ist in sieben Teile geteilt: in den ersten sechs wird abwechselnd aus der Sicht von zwei arabischen Israelis erzählt. Im letzten Abschnitt werden diese beiden Erzählstränge zusammengeführt. Erzählt wird die Geschichte eines Rechtsanwalts, der zusammen mit seiner Frau und seinen beiden Kindern in einem großen Haus wohnt. Er bleibt namenlos während der Geschichte, fährt aber ein teures Auto und kauft für die monatliche Diskussionsrunde mit anderen Intellektuellen das teuerste Sushi der Stadt ein. Das Leben des Rechtsanwalt gerät aus den Fugen als er glaubt einen Beweis dafür gefunden zu haben, dass seine Frau ihn betrügt.
Der andere Strang wird aus der Sicht des jungen Amirs erzählt, der weit weg von seinem Dorf in einer WG lebt und nach seinem Studium als Sozialarbeiter arbeitet. Auch er ist arabischer Israeli und wünscht sich nichts mehr, als so zu sein, wie die anderen. Als er eine Stelle als Pfleger von einem gelähmten jüdischen Jungen annimmt, verändert sich sein Leben nachhaltig.
Zitat"Heute will ich ein Teil von ihnen sein, Orte betreten, die sie betreten dürfen, lachen, wie sie lachen, trinken, ohne an Allah zu denken. Ich will wie sie sein, frei, voller Träume, fähig, an Liebe zu denken. Wie sie. Wie die anderen [...]. Die nicht das Bedürfnis hatten, sich für ihre Existenz zu entschuldigen, die nicht glaubten, sie müssten ihre Identität verstecken. Wie sie. [...] Ich möchte ein Teil von ihnen sein, ohne das Gefühl zu haben, dass ich etwas falsch mache."
Erzählt wird "Zweite Person Singular" in einer ungeschönten, sehr direkten Sprache. Der Roman ist sehr gut und schnell lesbar, in einer nüchternen und klaren Sprache geschrieben. Besser gefallen hat mir der Erzählstrang über Amir, dessen Leben mich sehr fasziniert hat.
Beide Erzählstränge werden geschickt zusammengeführt - auch wenn dies an einigen Stellen unvermeidlich immer mal wieder leicht konstruiert wirkt. Intensiv und sehr nachvollziehbar beschreibt Kashua die Situation der arabischen Israelis in Israel und macht dabei deutlich, wie schmal der Grad zwischen Anpassung und Ausgrenzung ist.
Ich habe die Kurzbeschreibung von Amazon gekürzt, da der erste Teil schon zu viel verraten könnte.
8 Punkte.