Die Ameisenkolonie - Jenny Valentine

  • KLAPPENTEXT:
    Als der 17-jährige Sam in London landet, will er vor allem eines: in Ruhe gelassen und von seinen Eltern nicht gefunden werden. Ein heruntergekommenes Haus, dessen Bewohner alle mit ihren eigenen Problemen beschäftigt sind, erscheint Sam als perfekte Unterkunft. Doch gerade als er sich in Sicherheit wiegt, tritt ihm die kleine Bohemia in den Weg. Das leicht verwahrloste Nachbarsmädchen hat sich ausgerechnet Sam zum Freund erwählt. Ehe er sich's versieht, ist Bohemia ihm auch nicht mehr egal, und als sie verschwindet, versucht er alles, um sie zu finden. Auf seiner Suche bekommt er unerwartete Hilfe und am Ende sogar die Möglichkeit, sich mit seinem eigenen dunklen Geheimnis auszusöhnen.


    ZUR AUTORIN:
    Jenny Valentine studierte englische Literatur und zog in ihrer Kindheit regelmäßig um. Diese Angewohnheit hat sie bis heute bei behalten. Ihre beiden Jugendbücher „Wer ist Violet Park“ und „Kaputte Suppe“ wurden mehrfach ausgezeichnet und auch ihre Kinderbuchreihe „Meine kleine Schwester Kiki & Ich“ ist sehr beliebt.


    EIGENE MEINUNG:
    Kennt ihr das, wenn euch Bücher so berühren, dass ihr sie nach dem Lesen noch in der Hand haltet und ganz versonnen darüber streicht? Bücher, die einem so das Herz öffnen, dass man sie am liebsten gar nicht aus der Hand legen würde und die man bei jeder Gelegenheit Freunden und Bekannten empfiehlt? Solch ein Buch ist „Die Ameisenkolonie“.
    Die Autorin erzählt die Geschichte aus zwei verschiedenen Blickwinkeln. Zum einen aus der Sicht des 17-jährigen Sam, der von zu Hause ausgerissen ist, zum anderen aus der Sicht der 10-jährigen Bohemia, die immer wieder umziehen muss, da ihre Mutter Cherry entweder den Job oder den Mann, und damit auch die Wohnung wechselt. Meistens ist es der Mann, denn arbeiten gehen liegt Cherry eigentlich eher nicht.
    Ich muss zugeben, dass ich mich anfangs etwas schwer getan habe in die Geschichte hineinzukommen. Das mag vielleicht daran gelegen haben, dass ich zunächst nicht ganz bereit war mich darauf einzulassen, welche Emotionen die Autorin bei ihren Lesern weckt. Oder aber daran, dass der Erzählstil der beiden Protagonisten so unterschiedlich ist.
    Sam erzählt sehr erwachsen. Er grübelt sehr viel und der Leser merkt, dass ihn irgendetwas stark bewegt: Der Grund warum er von zu Hause abgehauen ist. Jenny Valentine treibt die Spannungskurve immer wieder in die Höhe indem sie dem Leser kleine Häppchen zuwirft, die darauf hin deuten warum Sam verschwunden ist. Des Rätsels Lösung erfährt der Leser aber erst zum Ende hin.
    Gekonnt setzt die Autorin kindliche Naivität als Stilmittel in den Erzählpart der kleinen Bohemia. Ihre Sicht der Dinge ist so erfrischend, aber auch irgendwie traurig, denn so ganz einfach ist das Leben mit einer Mutter, die gern mal einen über den Durst trinkt und noch diverse andere Schwächen hat, dann doch nicht. Bo geht weder zur Schule, noch hat sie Kontakt zu anderen Kindern. Sie beschäftigt sich hauptsächlich allein, da sie niemand anderen hat. Oft klingt sie wie eine weise alte Frau, was eigentlich für ihr Alter sehr ungewöhnlich ist.
    Was macht dieses Buch so besonders? Sind es die beiden Protagonisten, deren Lebensumstände irgendwie recht traurig erscheinen? Sind es die Bewohner des Hauses, die alle ein bisschen seltsam und schrullig, aber so liebenswert sind? Ist es die Liebe zum Detail, mit der die Autorin ihre Geschichte kreiert? Oder ist es vielleicht die traurig schöne Freundschaft, die zwischen den Figuren des Romans entsteht? Ich glaube, dies alles zusammengepackt zu einem Buch, das zudem auch noch mit einer tollen Sprache verzaubert und den Leser in seinem tiefsten inneren berührt und nicht mehr loslässt, sind das Geheimnis dieses tollen Romans.
    Ich hoffe sehr, dass die Autorin ein weiteres Buch über die Bewohner des Hauses in der Georgia Street 33 schreibt. Nicht nur weil sie mir sehr ans Herz gewachsen sind, sondern auch, weil es da noch ein paar geheimnisvolle Geschichten gibt, die es aufzudecken gilt...


    FAZIT: Ein absolut empfehlenswerter Roman, der sowohl traurig als auch lustig ist, und beim Leser jede Menge Emotionen hervorruft (ich habe gelacht und geweint). Ein Buch, das uns in unserer schnel lebigen Zeit innehalten lässt und uns auf sanfte Art und Weise darauf aufmerksam macht, wie wichtig Freunde, Familie, Vertrauen und Liebe für uns sind. LESEN!!!

  • Vielen Dank für die Rezi, das klingt sehr überzeugend. Das wird notiert :-]

    :lesend
    Rachel Aaron - The Spirit Rebellion
    Patrick Rothfuss - Der Name des Windes
    Stefan Zweig - Sternstunden der Menschheit

  • Ich habe das Buch gemeinsam mit Pepperann in einer kleinen privaten Leserunde gelesen. Hier meine Meinung dazu (, die natürlich genauso positiv ausfällt). Ich kann nur jedem raten: Lest dieses Buch!!!


    Inhalt:


    Als Sam mit seinen siebzehn Jahren von zuhause abhaut und nach London zieht, hat er ein Ziel: nicht gesehen werden. Sam möchte für sich sein, allein sein. Zunächst erscheint ihm das Haus in der Giorgiana Street 33 genau der passende Ort dafür zu sein, doch dann stellt sich heraus, dass sich die zehnjährige Bohemia ausgerechnet ihn zum Freund ausgesucht hat.


    „’Welches sind deine drei Lieblingsmenschen?’, fragte sie. ‚Meine liebsten Menschen sind Mum und Isabel und du.’ Ich sagte ihr, das sei doch albern. Sie hätte mich doch gerade eben erst kennengelernt: ‚Ich könnte ganz furchtbar sein – du kennst mich noch nicht lange genug, um das zu wissen.’ Sie sagte: ‚Keiner von meinen Freunden ist furchtbar.’“ (S. 86)


    Meine Meinung:


    Im Gegensatz zum Rest des Buches waren die ersten Seiten der Geschichte nicht ganz einfach zu lesen. Erzählt wird abwechselnd aus der Sicht von Sam und Bohemia. Und zumindest zu Beginn gefielen mir Bohemias Kapitel sehr viel besser und ließen sich leichter lesen als die von Sam. Dies hat vor allem damit zu tun, dass sich die Autorin gut darauf versteht, die Gefühls- und Gedankenwelt ihrer Charaktere in den Schreibstil mit einfließen zu lassen:
    Die Kapitel, die aus Sams Perspektive geschrieben sind, sind genau wie er anfangs eher undurchschaubar und unnahbar. Es wird vieles angedeutet, aber kaum etwas erschließt sich sofort. Bohemias Kapitel hingegen sind genauso wie sie selbst: offen, zugänglich, manchmal etwas naiv und dadurch lustig und unterhaltsam.


    Schnell wurde mir beim Lesen klar: „Dies ist eine besondere Geschichte!“
    Die Autorin schafft eine Hausgemeinschaft, die man einfach mögen muss. Schafft Charaktere, die nicht immer perfekt, aber absolut liebenswürdig sind. Nicht nur Bohemia wächst dem Leser mit ihrer kindlich-naiven und gleichzeitig so weisen Art ans Herz. Auch Isabel, die alte Dame, die sich in alles einmischt und sich um jeden kümmern will, muss man einfach gern haben.
    Während des Lesens war ich gefangen in einem Wechselbad der Gefühle: von Lachen zum Entsetzen zum Weinen hin zu absoluter Rührung. All dies schafft die Autorin auf nur wenigen Seiten bei mir hervorzurufen. Und ich hätte mir so gewünscht, das Buch wäre länger gewesen, denn ich konnte mich am Ende nur schwer trennen von all den lieben Menschen, die ich hier kennenlernen durfte. Und ich kann schon jetzt verraten, dass ich das Buch mit Tränen in den Augen zugeklappt habe.


    Wer „Die Ameisenkolonie“ liest, bekommt eigentlich alles, was man von einem guten Buch erwarten kann: tolle Charaktere; Emotionen, die durch den grandiosen Schreibstil der Autorin direkt ins Herz gehen; ein bisschen Lebensweisheit und nicht zuletzt ein paar schöne unterhaltsame Lesestunden. Eine absolute Leseempfehlung an dieser Stelle von mir (nicht nur an Jugendliche, sondern auch an alle Erwachsenen): dieses Buch darf man sich einfach nicht entgehen lassen!