Per Olov Enquist - Kapitän Nemos Bibliothek

  • Titel: Kapitän Nemos Bibliothek
    OT: Kapten Nemos bibliotek
    Autor: Per Olov Enquist
    Übersetzt aus dem Schwedischen von: Wolfgang Butt
    Verlag: Fischer Taschenbuch Verlag
    Erschienen: Januar 2010
    Seitenzahl: 236
    ISBN-10: 3596176360
    ISBN-13: 978-3596176366
    Preis: 9.95 EUR


    Das sagt der Klappentext:
    In einem kleinen Dorf in Nordschweden werden am Tag ihrer Geburt zwei Kinder miteinander vertauscht. Zwei Jungen, die enge Freunde werden. Doch als sie sechs Jahre alt sind, soll der Irrtum beseitigt werden. Auf richterlichen Beschluss zurückgetauscht, müssen beide von nun an in den richtigen Familien aufwachsen. Ein Akt scheinbarer Gerechtigkeit endet in Unglück, Gewalt und Wahnsinn.


    Der Autor:
    Per Olov Enquist, 1934 in einem Dorf im Norden Schwedens geboren, lebt in Stockholm. Er arbeitete als Theater und Literaturkritiker und zählt zu den bedeutendsten Autoren Schwedens. Der internationale Erfolg seines "glanzvollen, hinreißend erotischen, politischen Großwerks" ("Ekstra Bladet") bei Presse und Publikum war das Ereignis des literarischen Bücherfrühlings 2001. Zuletzt erhielt Per Olov Enquist den Österreichischen Staatspreis für Europäische Literatur 2009.


    Meine Meinung:
    In diesem speziellen Fall macht es Sinn, einmal auf den Buchdeckel zu schauen. Dort wird die Meinung des TAGESSPIEGEL und die Ansicht der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG zu diesem Buch veröffentlicht. Der TAGESSPIEGEL stellt fest, dass diese Geschichte „schön, traurig, aufwühlend und ergreifend“ ist. Die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG schreibt, dass diese „simple Geschichte ungeheuerlich“ ist. Mit diesen Ansichten treffen die beiden Zeitungen ins Schwarze. Per Olov Enquist hat ein ganz besonderes Buch geschrieben, ein ganz gewiss nicht alltägliches Buch – ein Buch das mit seiner unglaublichen Intensität noch lange beim Leser nachhallen wird, ein Buch das aus einer genau genommen wirklich „simplen“ Geschichte ein literarisches Großereignis macht. Die Konturen der handelnden Personen sind klar gezeichnet, jede Figur hat ihre ganz eigene Persönlichkeit. Enquist verzichtet auf jegliches Klischee. Er schaut hinter die Dinge, Vordergründigkeiten stehen bei ihm auf verlorenem Posten. Ein Buch mit einer beeindruckenden Tiefe, ein Buch eines der angesagtesten zeitgenössischen Autoren Europas. Ein wunderbares Leseerlebnis liegt hinter mir – ein Buch das uneingeschränkt empfohlen werden kann.

    Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst. (Evelyn Beatrice Hall)


    Allenfalls bin ich höflich - freundlich bin ich nicht.


    Eigentlich mag ich gar keine Menschen.

  • Danke für die interessante Rezension, Voltaire :wave


    Aufmerksam bin ich auf das Buch geworden durch die Autobiographie von Per Olov Enquist, die mich ja sehr begeistert hat. Ich habe bisher noch gezögert, mir weitere Bücher von ihm zu kaufen, da ich mir nicht sicher bin, ob mir die bellitristischen Werke von ihm genausogut gefallen könnten. Jetzt wird einem Kauf aber nichts mehr im Wege stehen!

  • „Kapitän Nemos Bibliothek“ ist die Geschichte zweier Jungen, die nach der Geburt vertauscht und Jahre später aus ihren Familien herausgerissen wurden, um das Versehen rückgängig zu machen.


    Aus Erinnerungsfetzen aneinandergereiht, so setzt sich, je weiter man sich durch dieses Buch liest, Puzzleteil mit Puzzleteil zusammen und erst am Ende des Romans ergibt sich ein (fast) vollständiges Bild. Zu Beginn haderte ich etwas mit dieser Erzählweise, weil ich zu schnell viel mehr erfahren wollte. Man musste sich bewusst auf diesen Stil einlassen und seinen Gedanken Zeit geben. Im Nachhinein betrachtet, finde ich diese fragmentarische Erzählweise genial, spiegelt sie doch nicht zuletzt die innere Zerrissenheit des Erzählers auch Jahre nach dem Rücktausch wider.


    Immer wieder flüchtet sich der Ich-Erzähler in seine Suche nach Gott und in seine Fantasiewelt, die Bibliothek von Jules Vernes Kapitän Nemo, weil er sonst das Leben nicht aushalten würde.


    Der gesamte Roman war durch eine äußerst bedrückende Atmosphäre gekennzeichnet. Es war kein bisschen Frohsinn oder Hoffnung darin zu finden. Das machte es mir auch schwer eine gewisse Lesefreude zu entwickeln, zumal dieses unendlich traurige, auf mich sehr intensiv und verstörend wirkende Buch seine geballte Wirkung auch erst nach der Lektüre entfaltet. Es hat mich lange, nachdem ich es zurück ins Regal gestellt habe, noch sehr bewegt und wird keineswegs das letzte Buch des Autors gewesen sein, dem ich meine Aufmerksamkeit schenken werde.