Stanley, Michael: Kubu und der zweite Tod von Goodluck Tinubu

  • Stanley, Michael: Kubu und der zweite Tod von Goodluck Tinubu
    Eichborn Verlag 2011. 496 S.
    ISBN 978-3821861234. 21,95€


    Verlagstext:
    Doppelmorde, Drogenschmuggel, Kidnapping und Krokodile: der zweite Fall von Detective Kubu, dem besten Polizisten und größten Feinschmecker Botswanas.
    Eigentlich ist das Jackalberry Bush Camp ein abgeschiedenes, wildromantisches Urlaubsziel im botswanischen Chobe Nationalpark – bis ein grausamer Doppelmord Detective Kubu und seinen Kollegen Tatwa auf den Plan ruft. Einem Gast – Goodluck Tinubu, Lehrer aus Mochudi – wurde in seinem Zelt die Kehle durchgeschnitten, ein weiterer Tourist hinterrücks erschlagen, und ein dritter Gast ist urplötzlich abgereist.
    Die Sache scheint klar: Der dritte Mann, ein in Simbabwe gesuchter Dissident, muss der Mörder sein. Doch je mehr Kubu sich mit dem Camp und dessen Bewohnern beschäftigt, desto sicherer ist er, dass er auf eine falsche Fährte gelockt werden soll und der Kreis der Verdächtigen sehr viel größer ist. Das Ergebnis der forensischen Untersuchung bestätigt, dass dieser Fall in der Tat mysteriöser ist, als es den Anschein hatte: Tinubu ist nämlich schon einmal gestorben – dreißig Jahre zuvor im rhodesischen Bürgerkrieg …


    Zu den Autoren und zur Übersetzerin
    Michael Stanley alias Michael Sears und Stanley Trollip (beide geboren 1947) teilen seit vielen Jahren eine Liebe zu Afrika, seinen Völkern, seiner Natur und seinen Kulturen. Michael Sears ist Mathematiker, hat aber auch für eine Diamantenmine gearbeitet. Er lebt in Johannesburg. Stanley Trollip ist Lernpsychologe und lebt in Minneapolis und Südafrika. Gemeinsam haben sie zahlreiche Safaris in Botswana und Simbabwe unternommen, dabei entstand die Idee für Kubu und eine Krimiserie, die in Botswana spielt. ...


    Stephanie Schäfer, geboren 1963 in Wetzlar, übersetzt aus dem Afrikaans, dem Niederländischen, Französischen und Englischen. Sie lebt in Köln.
    Quelle: Webseite des Verlags


    Zum Inhalt:
    Am Linyanti in Botswana liegt auf einer sumpfigen Halbinsel, die durch kleine Wasserläufe vom Festland getrennt ist, das kleine Jackalberry Camp. Touristen übernachten im beschaulichen Buschcamp in Zelten und beobachten Vögel und Säugetiere. Als es im Camp zu einem Doppelmord kommt, setzt in Botswanas Polizeibehörde hektische Betriebsamkeit ein; denn schlechte Nachrichten schaden dem Ruf des Landes als Perle des Safari-Tourismus.
    Zuständiger Ermittler am Tatort ist Detective Joseph Mooka, in der Landessprache Setswana Tatwa (Giraffe) genannt. Bald wird auch Assistent Superintenden David Bengu, Spitzname Kubu (Flusspferd), in Marsch gesetzt, da der zuständige Kollege einen Malariaanfall erlitten hat. Kubu kennt Tatwa schon seit der Ausbildung. Am Linyanti herrscht ein eigener Zeitbegriff; Kubu kann sich erst am nächsten Morgen einfliegen und per Boot ins Camp bringen lassen.


    Die Toten sind Goodluck Tinubu, ein in Botswana sehr angesehener Lehrer, der ursprünglich aus Simbabwe stammt, und Sipho Langa, der mit mit südafrikanischem Pass reiste. Beide Opfer waren Gegner des Smith-Regimes im früheren Rhodesien. Der Prolog des Buches führt kurz und knapp in die Geschichte Süd-Rhodesiens ein, das sich nach einseitiger Erklärung der Unabhängigkeit von Großbritannnien 1965 in Simbabwe umbenannte. Das an Bodenschätzen reiche Land ist zum Zeitpunkt der Handlung ruiniert, das Volk verarmt, viele Bürger suchen Arbeit in Südafrika und Botswana. Ein dritter Gast im Camp, Ishmael Zondo, ist am Morgen nach der Tat überstürzt abgereist. Kubus und Tatwas Untersuchungen an diesem abgelegenen Tatort werfen die Frage auf, wie ein Täter nachts zwei Menschen töten kann, ohne dass Gäste und Mitarbeiter des Camps in ihren Zelten davon etwas mitbekommen und dann unbemerkt verschwinden, während im Dunkel der Nacht Flusspferde und andere Tiere in ihrem Revier aktiv sind.


    Geleitet wird das Camp von Gupie und Salome, die sich seit ihrer Kindheit kennen und im damaligen Rhodesien auf benachbarten Farmen aufgewachsen sind. Enoch, der Manager und Touristen-Guide, spielt offenbar im Team eine wichtigere Rolle als das Faktotum Dupie. Die wenigen verbliebenen Gäste sind das Ehepaar Boardman, das mit Anitquitäten handelt und Stammgast am Linyanti ist, Boy Gomwe aus Südafrika, der sich auffällig gering für Natur und Tierwelt der Gegend interessiert, und die britischen Schwestern Munro, denen nur sehr zögernd der Grund ihres Aufenthaltes zu entlocken ist. Welche Personen die verkehrsgünstige Lage des Camps in einem dünn besiedelten Landstrich auf ihrem Weg nach Namibia und Südafrika nutzen, könnte auf das Motiv der Tat hinweisen. Als es noch während der laufenden Ermittlungen zu einem dritten Mord kommt, fragen sich Kubu und Tatwa, ob das Motiv für die Taten in der Vergangenheit einiger Camp-Bewohner während des Unabhängigkeitskampfes in Rhodesien liegen könnte (alte Kameraden, alte Verpflichtungen).
    Kubu, dessen Ermittlerverstand nur funktioniert, wenn der Magen gefüllt ist, ermittelt unter schwierigen Umständen. Mit den Behörden im Nachbarland Simbabwe ist keine Zusammenarbeit möglich; die Kollegen aus Südafrika ermitteln längst nach Gutsherrenart, ohne die Kripo in Botswana zu informieren.


    Zunächst sind nur die kleinen Flußpferdohren der Geschichte zu sehen, ehe allmählich die vollständigen Zusammenhänge vor dem Auge des Lesers auftauchen. In Stanleys zweitem Botswana-Krimi erfahren wir weitere Details aus Kubus Familienleben und verfolgen in liebenswert verfassten Szenen wie Kubu sein familiäres Netzwerk für seine Ermittlungen einspannt. Als charmante Nebenfiguren treten der schottische Gerichtsmediziner auf und der Koch des Camps mit seinem zahmen Graulärmvogel, dessen Ruf ähnlich klingt wie Go away.


    Fazit:
    Im Gegensatz zum ersten Band, den ich zu stark mit landeskundlichen Fakten versehen fand, wirkt der Abstecher des Autoren-Duos Stanley in die Geschichte Simbabwes erheblich runder. Der Schauplatz abgelegenes Touristencamps auf einer schwer zu erreichenden Insel im überfluteten Marschland wirkt perfekt recherchiert. Tatwa, der sich "im Busch" hervorragend auskennt, kann sich in diesem Band bei seinem ersten großen Fall als findiger Ermittler bewähren. Der zweite, unabhängig vom ersten zu lesende Botswana-Krimi des Teams Sears&Trollip wirkt in jeder Hinsicht üppig. Viele Indizien werden präsentiert, unterschiedlichste Theorien zum Tathergang aufgestellt, sowie eine großzügige Portion Privatleben der Bengus eingeschoben. Die Autoren legen diverse Fährten aus und locken ihre Leser auf Umwege. Das mit Landkarte und Rudyard-Kipling-Zitat zu jedem Kapitel sorgfältig gestaltete Buch empfehle ich Liebhabern ungewöhnlicher Tatorte und liebevoll charakterisierter Protagonisten.


    9 von 10 Punkten

  • Herzlichen Dank für diese sehr schöne und aufschlussreiche Buchvorstellung. Hört sich sehr interessant. Der Titel landet dann auch sofort auf meiner Kandidatenliste für die Wunschliste. :wave

    Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst. (Evelyn Beatrice Hall)


    Allenfalls bin ich höflich - freundlich bin ich nicht.


    Eigentlich mag ich gar keine Menschen.

  • Kubu und der zweite Tod von Goodluck Tinubu


    Der Chobe Nationalpark ist Botswanas erstes und bedeutendstes Naturschutzgebiet. Angrenzend an die äußerste Ecke des Nachbarlandes Namibia wird die wüstenhafte Landschaft von dem namensgebenden Chobe-Fluß bestimmt. Ausgerechnet in dieser Idylle, die Touristen der Elefantenherden und des Vogelreichtums wegen aufsuchen, werden zwei Männer ermordet.


    Die Reinigungskraft des Jackalberry Bush Camps stolpert eines Morgens über die Leiche von Goodluck Tinubu in seinem Zelt. Die aufgeschreckten Camp-Manager entdecken kurz darauf die Leiche von Sipho Langa am Rande des Areals. Beide Opfer waren gern gesehene Gäste des auf einer Halbinsel eigentlich gut geschützt liegenden Safari-Camps. Dass ein weiterer Gast in den frühen Morgenstunden ausgecheckt hat, lässt den Verdacht prompt auf genau diesen Ismael Zondo fallen.


    Obwohl das Camp streng genommen nicht im Zuständigkeitsbereich von Detective David ‘Kubu’ Bengu liegt, wird dieser als Unterstützung aus der Hauptstadt Gaborone eingeflogen. Von kritischem Scharfsinn und ständigem Appetit getrieben, beginnt der übergewichtige Polizist seine Ermittlungen am Tatort. Rasch jedoch zeigen erste Hinweise auch in die Nachbarländer Namibia, Simbabwe und Südafrika. Politische Motive sind ebenso denkbar wie Geldtransfer oder Drogenschmuggel. Erschwert wird die Suche nach dem Täter durch die Erkenntnis, dass Tinubu schon vor vielen Jahren dem rhodesischen Bürgerkrieg zum Opfer fiehl. Nun steht Kubu vor der überaus kniffeligen Aufgabe, den zweiten Tod von Goodluck Tinubu zu erklären.


    Die beiden in langjähriger Freundschaft verbundenen Autoren Michael Sears und Stanley Trollip präsentieren sich auf dem Klappenbild im passenden Safari-Outfit. Zusammen haben die beiden südafrikanischen Professoren im Ruhestand unter dem Pseudonym Michael Stanley nun schon den zweiten Roman veröffentlicht und damit viel von ihrer gemeinsamen Begeisterung für das südliche Afrika zu Papier gebracht.


    „Kubu und der zweite Tod von Goodluck Tinubu“ ist der zweite Fall für Detective Kubu, nachdem er die Geschehnisse um „Kubu und der Tote in der Wüste“ im letzten Jahr erfolgreich aufklären konnte. Auch die Neuerscheinung lebt von dem etwas grummeligen, aber liebenswerten Polizisten sowie intensiven Landschaftsbeschreibungen eines kaum bekannten Botswana.


    Immer wieder meint man, kleinere hier verewigte Insider der beiden Autoren erkannt zu haben, was zwischenmenschliche Feinheiten oder Kubus ständigen Drang nach Essen betrifft. Es mag morbide klingen, aber trotz gleich mehrerer Leichen enthält dieser Krimi doch auch eine feine Prise Humor, der die Lektüre über immerhin 490 Seiten nicht zu schwer werden lässt.


    „Kubu und der zweite Tod von Goodluck Tinubu“ ist kein Krimi, der einfach nur in eine beliebige afrikanische Kulisse hinein gestanzt wurde, sondern regelrecht eine Ermittlung auf südafrikanische Art. Um den Mörder zu enttarnen, muss der Krimi nur einmal verschlungen werden – um jedoch viel über botswanische Natur und Kultur zu erfahren, kann der Roman durchaus das ein oder andere Mal zur Hand genommen werden.