Die Abtreibung und die Kirche

  • Hallo, Salonlöwin.


    Ich bin da Deiner Meinung, wollte aber nur anmerken, dass es Selbstvorwürfe oder "Schuld"empfinden geben kann, die möglicherweise ein wenig fremdgesteuert sind. Wenn man sich, einfach gesagt, eine Weile Begriffe wie "Kindermord" und "Kindermordfans" angehört hat, kommt man vielleicht unbewusst zu der Überzeugung, in diese Kategorie zu fallen. Wir reden ja auch immer noch - religiös konnotiert - von "Unschuld", wenn zur Sprache kommt, dass eine Frau noch niemals Sex hatte, dabei hat das mit "Schuld" so viel oder wenig zu tun wie Zeitungsaustragen mit Raketenkonstruktion. Das Beispiel mag etwas weit hergeholt klingen, ist es aber nicht.


    Natürlich gibt es ethische, moralische, soziale, psychologische, physiologische usw. Implikationen, die ich keineswegs kleinreden will. Es sei nur jeder angeraten, die eigene Situation - auch unbewusst - nicht den Maßgaben irgendwelcher Instanzen zu unterwerfen, die nicht das geringste Interesse an dieser Situation haben.

  • Zitat

    Original von Tom
    Wenn ein Mann rechte- und tatenlos mitansehen muss, wie sein Kind abgetrieben wird, sollte er sich ernsthafte Gedanken über die Beziehung machen.


    Ich glaub, das macht er sich dann, aber dann ist es zu spät (für das Kind, das er haben wollte, aber nicht haben wird).
    Und ich will gar nicht wissen, wieviel Männer es gar nicht mitkriegen, wenn ihr Kind abgetrieben wird.

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  • Zitat

    Original von Gummibärchen


    Ich glaub, das macht er sich dann, aber dann ist es zu spät (für das Kind, das er haben wollte, aber nicht haben wird).
    Und ich will gar nicht wissen, wieviel Männer es gar nicht mitkriegen, wenn ihr Kind abgetrieben wird.


    Hm, mir scheint, dass ihr da ein wenig übertreibt. Ich gehe jetzt mal von einer Frau mit gesundem Menschenverstand aus. Wenn sie tatsächlich in einer stabilen Bezeihung lebt, dürfte es für sie doch eine Erleichterung sein, eine so schwerwiegende Entscheidung nicht allein treffen zu müssen. Natürlich hätte der Mann in dem Fall dann für mich ein Mitspracherecht. Falls er sich bereit erklärt, mit dem Kind daheim zu bleiben, da die Frau Karriere machen will, wäre das in meinen Augen durchaus ein Grund, das Kind auf die Welt zu bringen.


    Falls die Frau abtreibt ohne irgendwas zu sagen, ist das für mich ein Zeichen, dass die Beziehung nicht ist, was sie scheint.


    Ich kann nur von eigenen Erfahrungen und meinem Bekanntenkreis sprechen. Da gab es durchaus Fälle, wo Abtreibungen als Ausweg aus ungewollter Schwangerschaft in Erwägung gezogen oder auch durchgeführt wurden, ohne dem Vater Bescheid zu geben, und zwar in Situationen wie diesen:


    - mißglückter One-Night-Stand nach exzessiver Party. Kondom riss angeblich (oder war wahrscheinlich garnicht vorhanden). Romeo versprach zwar, die nächsten Tage anzurufen, tut es aber nicht.
    - langjährige, mit aller Kraft geheimgehaltene Beziehung mit verheiratetem Mann, der jedesmal fast einen Herzanfall bekommt, wenn die Ehefrau was merken könnte. Gemeinsames Zusammenleben wird sehr, sehr vage in sehr ferner Zukunft versprochen, da die Ehefrau selbstmordgefährdet ist.


    Man könnte natürlich darauf beharren, dass der Mann selbst in diesen Fällen ein Recht hat, etwas von der Schwangerschaft zu erfahren. Aber ich würde da wohl nichts sagen, einfach um mir blöde Kommentare à la "Und woher soll ich wissen, dass es wirklich von mir ist?" zu ersparen.


    Das in diesen "Beziehungen" ganz gewaltig der Wurm drin ist, ist keine Frage. Deshalb sehen die Frauen ja kaum eine andere Möglichkeit als Abtreibung.


    Aber vielleicht sehe ich mein eigenes Geschlecht zu rosig, mag sein.


    Viele Grüße


    Tereza

  • Krokodilstränen vergieße ich zwar nicht, Voltaire, aber echte, weil ich in meiner 30jährigen beruflichen Laufbahn schon mehr als einmal erlebt habe, welche familiäre Katastrophen durch ungewollte Schwangerschaften entstehen können. Ich weiss, wie schwer sich die meisten Frauen eine solche Entscheidung machen und wie lange sie darunter leiden.


    Auf keinen Fall will ich damit den Männern generell unterstellen, dass sie diesem Thema emotionslos gegenüberstehen. Aber nicht immer steht ein verständnis- und liebevoller Partner zur Verfügung, auch wenn er physisch anwesend ist.


    Den Ausspruch "Mein Bauch gehört mir", habe ich schon immer für wenig intelligent gehalten, und der harte Alltag vieler Frauen, die sich wahrlich nicht aus Karrieregründen oder wegen persönlicher Eitelkeiten gegen ein Kind entscheiden, spricht ohnehin eine andere Sprache.
    Und für sie alle ist dieser Ausdruck, den ich nicht mehr erwähnen werde, so, als ob man auf einen, der schon am Boden liegt, auch noch einschlägt.


  • In diesen Fällen macht sie auch noch blöd.

  • Zitat

    Original von Insomnia


    Wie meinst du das? Es gibt noch mehr als Schwarz und Weiß ? :yikes


    Er ist der Richtige. Keiner kann ihm das Wasser reichen. Besser ihn ab und an für ein paar Stunden als garnichts. Vielleicht wird es ja noch, irgendwann, eine richtige Beziehung. Und wenn ein Besserer kommt, ja klar, da mache ich natürlich Schluss.


    So ungefähr lief das. Es hatte bei der Frau schon seine innere Logik. Ich habe brav den Mund gehalten, denn sonst hätte es nur Krach gegeben.


    Irgendwann kam ein anderer, jünger und unverheiratet. Aber das wurde auch ein Reinfall.


    Das hat aber nicht unbedingt was mit dem Thema Abtreibung und Kirche zu tun. Nur insofern, dass eben nicht alle Sexualkontakte zwischen Mann und Frau die ideale Basis für Familiengründung darstellen.


    Tereza

  • @ Insomnia:
    Den Versuch zu unternehmen, Liebe definieren zu wollen, würde von Größenwahn, Selbstüberschätzung und letztlich Dummheit zeugen.
    Und sicherlich gibt es mehr als Schwarz und Weiß und kehrt man zur Ausgangsfrage zurück, dann sieht die Liebe in der Konstellation Kind bekommen oder Schwangerschaftsabbruch vielleicht nicht mehr Rosarot aus,wenn die Grenzen der Zuneigung knallhart ausgelotet werden.

  • Nunja, der Kommentar war auch eher zynischer Natur. Gerade als Außenstehender hat man niemals das Recht eine Konstellation jeglicher Form zu verurteilen. Auch ein "Verhältnis" nicht. Wenn die verlassene Ehefrau 2 Meter unter der Erde liegt, weil der Suizid vollzogen wurde ergibt sich nicht unbedingt eine gute Ausgangssituation für die "neue Liebe"...soviel aber nur am Rande...


    @topic


    Was mich im Augenblick viel mehr beschäftigt ist die Frage, wie viele Eulen hier theoretisieren und wie viele tatsächlich aus der Sicht eines/r Betroffenen spricht. Ein Thema, über welches in dieser Gesellschaft bestenfalls hinter vorgehaltener Hand gesprochen wird. Auch hier wird sich wohl niemand freiwillig outen.


    *Hand heb*


    Zweimal stellte sich mir bisher diese Frage..bzw. wurde mir gestellt. Zweimal habe ich mich entschieden. Einmal dafür und einmal dagegen. Zwei komplett unterschiedliche Situationen, Begebenheiten, Frauen. No Way Back - Entscheidungen. Heftig. Ich wünsche sie niemandem. Sie sind die Hölle!

  • Zitat

    Original von Tereza


    Hm, mir scheint, dass ihr da ein wenig übertreibt.


    Was heißt hier übertreiben? Hab ich irgendwelche Zahlen genannt?
    Ich sage nur, dass es sicherlich auch solche Fälle gibt. Das wird ja wohl niemand leugnen können. Und schön fänd ich so etwas als Mann auch wieder nicht.


    @Inso: Ich theoretisiere nur, wenn es gestattet ist. Was die persönliche Erfahrung angeht...nun ja, ich würde mich als eine "am Rande Betroffene" bezeichnen :rolleyes

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  • Zitat

    Original von Gummibärchen


    Was heißt hier übertreiben? Hab ich irgendwelche Zahlen genannt?
    Ich sage nur, dass es sicherlich auch solche Fälle gibt. Das wird ja wohl niemand leugnen können. Und schön fänd ich so etwas als Mann auch wieder nicht.


    Nö, Zahlen kann hier niemand nennen. Der Ausdruck: "ich will gar nicht wissen, wie viele..." klingt für mich aber nach: "es könnten durchaus sehr viele sein." Und das schien mir übertrieben. Aber ich habe ja selbst angemerkt, dass das nur eine Vermutung ist, denn Zahlen hat hier niemand zur Hand.


    Schön fänd ich das als Mann auch nicht.


    Viele Grüße


    Tereza

  • Zitat

    Original von Tereza
    Nö, Zahlen kann hier niemand nennen. Der Ausdruck: "ich will gar nicht wissen, wie viele..." klingt für mich aber nach: "es könnten durchaus sehr viele sein." Und das schien mir übertrieben. Aber ich habe ja selbst angemerkt, dass das nur eine Vermutung ist, denn Zahlen hat hier niemand zur Hand.


    Ja, das kommt drauf an, was man selbst als "sehr viele" bezeichnet. Ich finde, selbst ein Mann, dessen Kind ohne sein Wissen (ohne das Wissen, dass die Frau überhaupt schwanger war) abgetrieben wird, ist zuviel. Allerdings rede ich nur von den Männern, die man "erreicht". Ein nicht zu erreichender oder völlig unbekannter ONS, sowas meine ich nicht.

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  • Bei mir in der Kanzlei etwa vier bis fünf im Jahr- und ich bin einer von 180.000 Anwälten in Deutschland.


    Diese Männer sind die, die Rat suchen das zu verhindern- allerdings meist bei schon zerbrochener Beziehung und die Frauen sagen, wir haben uns getrennt- ich will nicht ein Kind austragen und es dann dem Mann für den ich nichts empfinde und dem ich nicht vertraue anvertraue.

  • Zitat

    Original von beowulf
    Bei mir in der Kanzlei etwa vier bis fünf im Jahr- und ich bin einer von 180.000 Anwälten in Deutschland.


    Diese Männer sind die, die Rat suchen das zu verhindern- allerdings meist bei schon zerbrochener Beziehung und die Frauen sagen, wir haben uns getrennt- ich will nicht ein Kind austragen und es dann dem Mann für den ich nichts empfinde und dem ich nicht vertraue anvertraue.


    Hallo Beowulf,


    das müssen aber Fälle sein, wo die Männer schon von der Schwangerschaft wissen, sonst würden sie ja nicht zum Anwalt gehen.
    Wie oft Frauen so etwas grundsätzlich verschweigen - genau weiß ich das auch nicht. Und richtig finde ich es nicht, möchte ich nochmals betonen. Ich kann mir das nur in Fällen vorstellen, da die Frau sich bereits sicher ist, das Kind nicht zu wollen, aber glaubt, dass der Mann es eventuell will. Sie verschweigt die Schwangerschaft daher, um Ärger zu vermeiden. Kein vorbildliches Verhalten. Nur könnte der Mann im Ernstfall ja auch nichts machen, um sie an einer Abtreibung zu hindern.
    Inwieweit das richtig ist, das ist ein kompliziertes Thema. Spontan würde ich sagen: bring das Kind auf die Welt und gib es dem Vater, wenn er sich drum kümmern will. Aber da nähern wir uns wieder dem Thema Adoption. Warum Kinder abtreiben, wenn es etliche kinderlose Paare gibt, die sie gern aufnehmen würden?
    Dafür kann es eigentlich nur zwei Gründe geben: die Frau will ein von ihr geborenes Kind keinem anderen Menschen geben, auch nicht dem Vater, von dem sie keine hohe Meinung hat. Oder aber sie will die biologische Mutterrolle einfach nicht erfüllen, steht dem grundsätzlich ablehnend gegenüber. Solche Fälle gibt es.
    Es sind nun einmal Frauen, die Kinder austragen und gebären dürfen/können/müssen - ganz wie man es eben sieht. Das räumt ihnen in unserer Gesellschaft gewisse Vorrechte ein. Ob das immer richtig ist, darüber kann man sich streiten.


    Viele Grüße


    Tereza

  • Zitat

    Original von Gummibärchen
    Ich finde, selbst ein Mann, dessen Kind ohne sein Wissen (ohne das Wissen, dass die Frau überhaupt schwanger war) abgetrieben wird, ist zuviel. Allerdings rede ich nur von den Männern, die man "erreicht". Ein nicht zu erreichender oder völlig unbekannter ONS, sowas meine ich nicht.


    Dem würde ich ja nicht widersprechen. Aber ich sehe einen Unterschied zwischen der Aussage "einer ist zuviel" und "es sind viele".
    "Es sind viele" würde für mich bedeuten, dass bei ca. 40% aller Abtreibungen die Väter garnicht informiert werden, obwohl sie verfügbar sind. Und DAS glaube ich nicht, obwohl ich es ja nicht weiß. So war das gemeint.


    Dass ein Mann das Kind will, die Frau aber trotzdem abtreibt - diese Fälle mag es durchaus oft geben.


    Viele Grüße


    Tereza

  • Zitat

    Original von Tom
    Die andere nimmt an, dass man ab dem Moment, da sich Gehirnzellen ausbilden (etwa 9. bis 12. Woche), etwas entstanden ist, das man als Mensch bezeichnen könnte, weil strukturell viele Eigenschaften entstanden oder im Entstehen begriffen sind, die einen Menschen körperlich ausmachen.


    Ich habe diesen Teil aus den vergangenen Beiträgen kopiert, weil er einen wesentlichen Grund beleuchtet, warum wir die Gesetzeslage haben, die derzeit aktuell ist. Wissenschaftler haben nach einem Kriterium gesucht und sind bei der zwölften Woche gelandet, man kann ihnen unterstellen, dass sie sich bei den Kriterien etwas gedacht haben und nicht beliebig gewählt haben.
    Ich stelle aber die Frage, warum diese Kriterien dann vor dem Eingriff nicht überprüft werden. Im Gesetz steht: "12. Woche", nicht "wenn noch keine Hirnzellen vernetzt sind". Nun ist ja bekannt, dass manche Kinder sich schneller entwickeln als andere. Manche werden genau nach neun Monaten geboren, andere einige Wochen früher oder später. Es ist doch plausibel, anzunehmen, dass sich bei einigen auch die Hirnzellen oder die Organe früher entwickeln als bei anderen. Demnach wären sie auch für diejenigen, die diesen Gesetzestext inspiriert haben, Menschen mit einem schützenswerten Recht auf Leben. Durch die fehlende Überprüfung muss man also davon ausgehen, dass jedes Jahr eine gewisse Anzahl von Menschen (nach dieser Definition) getötet werden.
    Das ist aus meiner Sicht überhaupt nur möglich, weil unsere Gesellschaft sich als unfähig erweist, sich dem Thema zu stellen und nach einer möglichst einfachen, unauffälligen, unsichtbaren, klinisch sauberen Lösung giert. Auch wenn die Festlegung ursprünglich sinnvollen Kriterien folgte (was ich zwar bestreiten würde, aber als Annahme kann man das ja einmal durchspielen) hat man sich im Gesetzgebungsverfahren von diesem Anspruch an ein sinnvolles/ "objektives" Kriterium gelöst und nimmt die Tötung von Menschen billigend in Kauf.


    Zitat

    Original von churchill
    (Um Missverständnissen vorzubeugen: Natürlich halte ich Worte wie "Kindermordfans" nicht für angemessen ...)


    Da schließe ich mich an. Wenn ich allerdings die Ausdrücke verwenden würde, die ich für angemessen halte, würden wohl einige Leute beim Lesen meiner Beiträge ohnmächtig vom Stuhl fallen.

  • Zitat

    Original von Tereza
    Es sind nun einmal Frauen, die Kinder austragen und gebären dürfen/können/müssen - ganz wie man es eben sieht. Das räumt ihnen in unserer Gesellschaft gewisse Vorrechte ein. Ob das immer richtig ist, darüber kann man sich streiten.


    Finde ich nicht, daß man darüber streiten kann. Da die Frauen im allgemeinen auch immer noch die sind, die die Kinder dann hüten, würde ich sagen, daß die "gewissen Vorrechte" absolut angebracht sind.
    Ich jedenfalls kann die Anzahl der Väter meiner Bekanntschaft, die in Karenz und Teilzeitarbeit gehen, an den Fingern einer Hand abzählen. Das liegt nicht immer an einem nicht wollen, sondern oft an einem nicht können, weil die Väter fast immer mehr verdienen als die Mütter. Wobei ich tatsächlich nicht ein einziges Elternpaar kenne, wo der Mann Teilzeit arbeitet, um neben dem Job die Kinderaufzucht zu betreiben und dann bei Krisen am Telefon hängt, um Lösungen zu finden.


    Mir gefällt es jedenfalls sehr viel besser, daß ich als Frau selbst über mein Empfangen und Gebären entscheiden kann, statt das Eigentum eines Ehemannes oder Vaters zu sein, die über mich bestimmen.