Kurzbeschreibung
In einer der sagenumwobenen Höhlen des Siebengebirges, wo Siegfried einst den Drachen tötete, wird eine Frauenleiche gefunden. Noch am selben Tag wird in Königswinter die Ehefrau des Notars vermisst. Hat die Geliebte des Notars, die exzentrische Künstlerin Romina, ihre Widersacherin kaltblütig aus dem Weg geräumt? Als sich Kriminalhauptkommissar Jan Seidel die Bilder der Künst-lerin anschaut, sieht er das Mordmotiv förmlich vor sich: Verzerrte Frauenfratzen kämpfen um einen strahlenden Helden. Aber nicht nur Jan Seidel, sondern auch seine eigenwillige Großmutter Edith erkennt, dass die Lösung des Falles weitaus komplizierter ist ...
Über die Autorin
Judith Merchant, geb. 1976, Germanistin und Dozentin für Literatur lebt mit ihrer Familie in Königswinter am Rhein. 2008 wurde ihre Kurzgeschichte "Monopoly" für den Kärntner Krimipreis nominiert und gewann 2009 dafür den Friedrich-Glauser-Preis. "Nibelungenmord" ist Judith Merchants Romandebüt, das im sagenumwobenen Siebengebirge spielt.
Meine Meinung
In einer Höhle bei Königswinter wird eine Frauenleiche gefunden. Da zeitgleich die Frau eines stadtbekannten Notars verschwunden ist, geht die Polizei um Kommissar Jan Seidel zunächst davon aus, dass es sich bei der Leiche um die verschwundene Gattin handelt, muss jedoch bald feststellen, dass sie es hier offenbar mit zwei verschiedenen Fällen zu tun hat. Während die Suche nach der verschwundenen Frau weitergeht beginnen die Ermittlungen zur Aufdeckung der Identität der Toten. Während Ermittler Jan Seidel noch im Dunkeln tappt, beginnt seine Oma Edith in Sachen verschwundene Notarsgattin heimlich selber zu ermitteln.
Judith Merchant beginnt ihren Krimi mit einem Paukenschlag, denn als Leser stolpert man im wahrsten Sinne des Wortes schon auf den ersten Seiten mitten in den Tatort und die Szene in der Drachenhöhle erzeugt Gänsehaut und jagt einem einen Schauer über den Rücken.
Leider lässt die Spannung nach diesen furiosen Einstieg nach und es folgt eine ausführliche Einführung der Protagonisten, allen voran die von Jan Seidel und seiner Großmutter. man merkt deutlich, dass dieses Buch der Auftakt zu weiteren Geschichten um die beiden Hauptprotagonisten sein wird, was sich auch daran bemerkbar macht dass einige Ereignisse gerade aus Jan Seidels Leben zum Ende des Buches hin offen bleiben und somit vermutlich im nächsten Buch fortgesetzt werden.
Die Ermittlungen um die ermordete Frau schleppen sich nur mühsam voran und so macht sich Jans Oma auf eigene Faust an die Ermittlungen. Ihr dabei zu folgen wiederum macht beim Lesen Freude, denn hier fühlt man sich wirklich streckenweise an Miss Marple erinnert. Auch das beschauliche herbstliche Königswinter mit seinen Bewohnern mutet an das fiktive St. Mary Mead an, Orte, bei denen in den ruhigen Zeiten die Bürgersteige hochgeklappt werden. Doch je ruhiger die Zeiten desto wilder der Klatsch und die Gerüchte unter den Bewohnern. Freund und Feind sind nicht immer zu unterscheiden und mit Verurteilungen ist man schnell bei der Hand: Wer anders ist, wie die Künstlerin Romina, der kann ja nur ein böses Geheimnis haben. Vor lauter Verdächtigen mit offensichtlichen Motiven sieht der Ermittler Jan Seidel den Wald vor läuter Bäumen nicht und als er mit der Nase auf die richtige Spur gestoßen wird, ist es fast zu spät.
Mit der Auflösung hat mich Judith Merchant überrascht. Mir war bewusst, dass sie viele falsche Fährten gelegt hat. Vielleicht bin ich aus diesem Grund auch nicht auf das Naheliegendste und damit auch auf das Erschütterndste gekommen. Das Motiv und der Hintergrund haben mir jedenfalls noch nach der Lektüre des Buches länger zu denken gegeben.
Insgesamt hätte ich mir mehr Zug in der Geschichte gewünscht und etwas weniger Schwerpunkt auf dem Ermittler Jan Seidel, dessen Privat- und Seelenleben hier meiner Meinung nach den eigentlichen Krimiplot streckenweise zu stark verdrängt hat. Als Auftakt dennoch gelungen und durchaus neugierig machend auf weitere Geschichten aus und um Königswinter.