Der Autor:
Birand Bingül, geb. 1974, ist Journalist und Autor. Der WDR-Redakteur hat sich viele Jahre intensiv mit den Themen Integration und Migration beschäftigt und war u.a. Kommentator der ARD Tagesthemen. «Der Hodscha und die Piepenkötter» ist sein zweiter Roman.
Der Inhalt (von Amazon):
Treffen sich zwei Kulturen...
In ihrer Stadt ist Ursel Piepenkötter ist die unangefochtene Nummer eins. Als amtierende Oberbürgermeisterin liebt sie das Bad in der Menge, sie ist resolut und kämpferisch. Ihre Spezialdisziplinen: Tricksen, tarnen, täuschen. Ihr oberstes Ziel: die Wiederwahl. Doch die gerät in Gefahr, als Nuri Hodscha, der neue Geistliche der türkischen Gemeinde, zum Einstand ankündigt, eine prächtige Moschee bauen zu wollen. Vielen Bürgern der Stadt ist der Islam nicht geheuer - muss eine Bürgermeisterin da nicht eingreifen und Profil zeigen? Ursel Piepenkötter wittert die Chance, durch eine wohldosierte Portion Populismus die Wahl für sich zu entscheiden. Doch als sie Nuri Hodscha den Marsch blasen will, ist sie an den Falschen geraten: Der Mann Allahs ist ein Schlitzohr ohnegleichen. Ob Kuhhandel oder Erpressung - auch ihm sind alle Mittel recht. Noch 42 Tage bis zur Wahl. Zwei Gegner, die sich nichts geben. Der Kampf ist eröffnet ...
Meine Meinung:
Meiner Meinung nach hat Birand Bingül das mit Bravour gemeistert, was Nuri Hodschas Vater seinem Sohn immer und immer wieder eingebläut hat: Was man macht, soll man richtig machen! Ich habe selten ein Buch (und dann auch noch über ein vielleicht eher kritischeres als unterhaltsames Thema) gelesen, das so viel Situationskomik und gleichzeitig so viel Detailliebe zu seinen Figuren und deren Charaktern aufgewiesen hat.
Nuri Hodscha kommt (mit variierenden Deutschkenntnissen - je nachdem mit wem er es gerade zu tun hat) ins "Revier" von Ursel Piepenkötter, die (wie jeder Politiker?!) mit einigen dunklen Geheimnissen oder gerade diesen zum Trotz kurz vor der Wiederwahl als Oberbürgermeisterin steht.
Nuri kommt in Begleitung seiner Tochter Hülya und natürlich auch mit Allah im Gepäck, mit dem er sich fantastische (Streit-)Gespräche liefert, die ihn immer mal wieder daran erinnern, dass zwar Er über allem steht, aber nicht hinter allem. Natürlich werden auch einige Klischees bedient, aber seltsamerweise trotz mancher Häufung wirken sie nicht überstrapaziert.
Die Tage bis zur Wahl werden sowohl in Betrachtung von Nuri als auch von Hülya erzählt (aber nicht in Ich-Form, was ich sehr angenehm fand) und so möchte man immer mal wieder wie Nuri den Kopf schief legen, überlegen was nun der oder die jeweils andere wohl dazu gemeint hat oder meinen wird.
Ich habe die Personen allesamt lieb gewonnen, da die Angewohnheiten so schön überzeichnet sind, aber dennoch nie langweilig wirken. Auch die ernsteren Stellen im Buch wie z.B. Diskussionsrunden oder Streitgespräche sind nie phrasendrescherisch geschrieben sondern immer im Stil des Buchs, lustig, leicht, aber immer mit dem Funken (oder Feuer) Wahrheit darin. Während des gesamten Lesens hatte ich immer Spaß an dem Buch, seinen doch immer wieder unerwarteten Wendungen und den Geschichten, die sich Birand Bingül ausgedacht hat.
Und vielleicht - das ist meine Hoffnung - gibt es ja schon vor der nächsten Wahl etwas Neues über den Hodscha und die Piepenkötter? Denn wenn Birand Bingül eins richtig macht, dann ist es tolle Geschichten schreiben!