Das Scheusal - Alice Herdan-Zuckmayer

  • Alice Herdan-Zuckmayer: Das Scheusal


    Die Geschichte einer sonderbaren Erbschaft




    Klappentext:
    Mein Pate kam zurück zum Tisch und setzte sich neben mich.
    „Höre mir zu“, sagte er, „du erbst wertvollen Schmuck, einen kostbaren Pelz, schönes echtes Silber. Der Hund gehört zur Erbschaft. Er ist nicht wertvoll und schön, aber er ist eine Verpflichtung.“


    Das Scheusal heißt Mucki und ist ein alter, blinder, unsäglich verwöhnter Hund. Alice Herdan-Zuckmayer erbte ihn - als „Verpflichtung“ von einer schrulligen Tante. Als Zuckmayers 1938 aus Österreich flohen, mußten sie den wertvollsten Teil der Erbschaft zurücklassen, aber Mucki begleitete sie auf allen Wegen des Exils. Mucki erlebte die Überfahrt in die USA in trunkenem Zustand, passierte den Zoll als „wertloses“ Hundetier und erreichte auch noch die „Farm in den grünen Bergen“, wo er hochbetagt und tief betrauert starb




    Beurteilung:
    Alice Herdan-Zuckmayer lebt mit ihrem Mann Carl in Österreich und erbt von einer ungeliebten Tante alles: Schmuck, Pelze, Silberbesteck, Gemälde, Möbel - und eben auch den Hund. Eine undefinierbare, häßliche Promenadenmischung, die vor allem eines ist, nämlich entsetzlich verwöhnt. Seufzend nimmt Alice die Erbschaft an und erzählt, wie ihr Leben und das von "Mucki", dem Scheusal, von da an verläuft: die Verfolgung durch die Nazis, die Flucht in die Schweiz und schließlich in die USA. Ihr gesamtes Erbe, der Schmuck und das Silber, werden von den Nazis konfisziert, doch Mucki begleitet sie. Dabei ist die Erzählung an einigen Stellen zu langatmig geraten, an anderen Stellen jedoch geradezu haarsträubend komisch, etwa, wenn Mucki als Star in einer Theatervorführung auftritt.
    Biographien von Carl Zuckmayer gibt es viele, über seine Frau ist nur wenig zu finden. Umso netter ist es, das alltägliche Leben aus ihrer Sicht zu lesen. Mir hat dieses kleine Büchlein Spaß gemacht und wenn mir der Hund auch herzlich unsympathisch war, machte mich seine Sterbeszene doch traurig. Ein Kompliment an die leider schon verstorbene Autorin also.






    Kategorie: Biographie / Tiere
    Taschenbuch
    Fischer
    186 Seiten
    ISBN 3596215285 bzw. 9783596215287

    liebe Grüße
    Nell


    Ich bin zu alt um nur zu spielen, zu jung um ohne Wunsch zu sein (Goethe)

  • Das freut mich jetzt aber, dass ich eine Rezi lesen kann über DAS SCHEUSAL.


    Alice Herdan-Zuckmayer hat 4 Bücher geschrieben.
    Möglicherweise hätte sie gerne noch das eine und andere mehr geschrieben, doch fand sie die notwendige Zeit und Musse nicht dafür, an der Seite ihres berühmten und auch recht anspruchvollen Mannes....


    In ihrem 1. Buch DIE FARM IN DEN GRÜNEN BERGEN konnte sie auf einen reichhaltigen Fundus eindrücklichster Erlebnisse zurückgreifen, auf die Jahre des Exils in Amerika, dem puren Kampf ums Ueberleben, um ein unabhängiges, selbstbestimmtes Ueberleben.
    Der Carl Zuckmayer hätte es zwar schon "einfacher" haben können als Drehbuchautor in Hollywood, doch fühlte er sich in dieser Abhängigkeit seine literarische Schöpferkraft betreffend, ausgebeutet. Es widerstrebte ihm schon nach kurzer Zeit, sich zu prostituieren....
    Demzufolge hat sie dann mit ihrem Mann zusammen auf einer abgelegenen Farm gelebt, fernab jeglicher Zivilisation, als absolute Selbstversorger.
    Es waren ganz enorm strenge, vor allem körperlich arbeitsintensive und finanziell gesehen trotzdem sehr karge Jahre....


    Ich habe wohl so weit ausgeholt, weil ich sowohl den Zuck wie auch seine Frau für diese ihre Haltung und ihren Durchhaltewillen, ihren Willen nach möglichster Unabhängigkeit und Selbstbestimmung, jeglicher Widerstände zum Trotz, denen Flüchtlinge in einem fremden Land damals wie heute unterworfen waren/sind, sehr bewundere....


    In ihrem 2. Buch DAS KÄSTCHEN erzählt sie aus ihrer Kinder- und Jugendzeit. Für mich persönlich ist es das stärkste, das eindruckvollste ihrer 4 Bücher. Ein ganz grossartiges Buch/Büchlein, das ich wärmstens weiterempfehlen kann....


    DAS SCHEUSAL. Der vererbte, vierbeinige Protagonist ist der Fixpunkt dieser Erzählung, um ihn herum ranken sich mancherlei Geschichten, auf denen die Autorin aufbauen und einen wichtigen Abschnitt ihres Lebens/des Lebens ihrer Familie, ein turbulenter Abschnitt voll von Umwälzungen, unterbringen konnte. Die Flucht vor den Nazis aus Oesterreich - via Schweiz - nach Uebersee....


    Diese 3 Bücher haben mich in ihrer Schlichtheit, ja, gerade WEGEN ihrer Schlichtheit vollkommen überzeugt. Eine Schlichtheit von beredter, reichhaltiger Stille sozusagen....


    Ihr 4. und letztes Buch jedoch GENIES SIND IM LEHRPLAN NICHT VORGESEHEN das ist ihr - meiner Meinung nach - komplett misslungen. Es ist keine klare Intension zu erkennen, kein roter Faden, kein Ziel.....die Erzählung zerfällt bereits in den Ansätzen.....Sie zerfleddert sich immer mehr und mehr in mancherlei, unverständlichen Ansatz-Versuchen. Dieses Buch hat mich bereits nach ca. 30 Seiten angefangen zu langweilen und so blieb es auch bis zur letzten Seite.

    Avatar: James Joyce in Bronze... mit Buch, Zigarette und Gehstock.
    Diese Plastik steht auf seinem Grab. (Friedhof Fluntern, Zürich)
    "An Joyces Grab verweht die Menschensprache." (Yvan Goll)

    Dieser Beitrag wurde bereits 1 Mal editiert, zuletzt von Joan ()