'Wer die Nachtigall stört' - Kapitel 17 - 22

  • Uff, bin grad fix und fertig - ich glaube ich habe beim Lesen des 3. Abschnittes zwischendurch wirklich das Atmen vergessen... Obwohl ich geahnt habe, wie das Urteil lautet, war es dennoch total spannend.


    Ich muss gestehen, dass die Enttäuschung über das Urteil mich etwas blind gemacht hatte und ich erst durch Miss Maudie darauf aufmerksam gemacht wurde, dass die Dauer der Beratung der Geschworenen eigentlich ein Fortschritt war. Vielleicht war es eben genau dieser Umstand, für den die schwarze Gemeinde sich so dankbar zeigte. Und auch hier hat Atticus mit seiner Reaktion nur Grösse bewiesen.


    Scouts Gedankengänge während der Verhandlung finde ich sehr erstaunlich. Wie reif und besonnen sie trotz ihrer nicht mal 9 Jahren schon ist. :-)


    Auch Dill hat mich positiv überrascht. Er, der sonst eigentlich immer so cool sein will, zeigt seine wahren Gefühle und einen ausgeprägten Gerechtigkeitssinn.


    Ich hatte mir schon vorher vorgenommen, mir den Film zu besorgen - aber jetzt nach diesem 3. Abschnitt bin ich vor allem auf die Umsetzung der Gerichtsverhandlung neugierig. Ich werde mich gleich am Dienstag auf den Weg machen und versuchen, den Film zu besorgen. ;-)

  • Zitat

    Original von Lumos
    Mit vor Tränen glasigen Augen habe ich gerade den dritten Abschnitt beendet. Es hat mich total mitgenommen, obwohl ich doch genau weiß wie es ausgeht. Und dann diese Dankbarkeit der schwarzen Gemeinde, wo doch alle Bemühungen vergeblich waren - so anrührend.


    Zitat

    Original von Ayasha
    Ich muss gestehen, dass die Enttäuschung über das Urteil mich etwas blind gemacht hatte und ich erst durch Miss Maudie darauf aufmerksam gemacht wurde, dass die Dauer der Beratung der Geschworenen eigentlich ein Fortschritt war. Vielleicht war es eben genau dieser Umstand, für den die schwarze Gemeinde sich so dankbar zeigte. Und auch hier hat Atticus mit seiner Reaktion nur Grösse bewiesen.


    Mir ging es genau wie Ayasha .... ich war von dem Urteil sehr enttäuscht. Obwohl ich mir immer wieder vor Augen gehalten habe, daß es sich um die Südstaaten der 30er Jahre handelt, habe ich dennoch darauf gehofft, daß die Geschworenen anders entscheiden würden. Und im Gegensatz zu mir haben sowohl Miss Maudie als auch die schwarze Gemeinde es wirklich zu schätzen gewußt, daß die Jury sich mehrere Stunden mit ihrem Urteil Zeit gelassen hat.


    Insbesondere Jem trifft das Urteil sehr schwer. Atticus war stets bemüht, ihm ein gewisses Weltbild zu vermitteln, vor allem in Bezug auf Gerechtigkeit. Er selbst ist ein Weißer, hat diesen Indizienprozeß genau mitverfolgt ( wie alle Bewohner Maycombs County ) und kann nicht verstehen, warum die Geschworenen so entschieden haben.

  • Ich war vom Ausgang nicht überrascht, obwohl ich das ein oder andere Mal dachte ... na, vielleicht doch. Was mich beeindruckt, ist die Einschätzung von Miss Maudie. Es ist ein großer Schritt gewesen, dass die Geschworenen länger brauchten, dass sie nicht nach zwei Minuten entschieden, was immer schon war. Miss Maudie meinte, dass Atticus die Stadt einen Babyschritt weitergebracht hat. Ich meine auch, dass er das Nachdenken in die Köpfe der Leute hinein gebracht hat. Ansonsten führt uns das Buch wunderbar die Bigotterie der Gesellschaft vor. Ewell ist ein ... mit Verlaub ... Arsch, aber wenn es darum geht gegen einen Schwarzen vorzugehen ... Grausig. Und leider immer wieder so.
    Es ist ein sehr mutiges Buch, das wir hier lesen. Ganz ohne Kitsch und Pathos kriegt man die zwei Gesicher der "guten" oder überhaupt der Gesellschaft vorgezeigt.

  • Hintergrundinformation: Der Tom Robinson-Prozess weist bedeutende Parallelen zum "Scottsboro trial" in Alabama in den 1930er Jahren auf.
    In diesem Fall wurden neun Schwarze wegen (der angeblichen) Vergewaltigung von zwei weißen Frauen angeklagt und zum Tode verurteilt. Der Supreme Court ordnete in der Berufung neue Verfahren an, in deren Folge die Todesurteile teilweise aufgehoben und durch Gefängnisstrafen und Freisprüche ersetzt wurden. Diese Abänderung der ursprünglichen Urteile war v.a. dem Engagement des neuen Verteidigers und des neuen Richters im zweiten Prozess zu verdanken, die sich für eine faire Verhandlung einsetzten.


    Wie im Roman versammelten sich damals weiße Farmer vor dem Gefängnis, um die Angeklagten vor Prozessbeginn zu lynchen. Die Zusammensetzung der Jury ließ den Beschuldigten von Anfang an keine Chance auf einen fairen Prozess. Die Figur der Mayella Ewell ähnelt Victoria Price, einem der (angeblichen) Opfer. Auch in der damaligen Verhandlung sollen viele Schaulustige anwesend gewesen sein und eine Art von Volksfeststimmung verbreitet haben. Selbst Atticus' Ansprache vor der Jury und das Plädoyer sollen den Aussagen der Prozessbeteiligten nachempfunden sein.

  • Athene, vielen Dank für diese interessanten Infos. :wave


    Ich selbst weiß von der Autorin eigentlich gar nichts. Ich hatte nur mal hier bei den Eulen gelesen, daß "Wer die Nachtigall stört" ihr einziges Buch gewesen ist. Das sie auch noch selbst Jura studiert hat, ist sehr interessant.

  • Das Ende der Gerichtsverhandlung war leider genauso abzusehen, obwohl ich zwischendurch hoffnung hatte, dass sich die Geschworenen doch noch richtig entscheiden. Aber zu dieser Zeit wäre ein anderes Urteil wohl auch eher unrealistisch gewesen, leider.

  • Zitat

    Original von Athene
    @ Liesbett Ich dachte zunächst auch, dass es sich um einen Mann handelt. Harper ist nun wirklich kein besonders femininer Name :knuddel1


    Da kann ich mich gleich dazu gesellen... Ging mir genauso! :lache :knuddel1

  • Zur Frage der Namen:


    Namen, denen man nicht eindeutig ein Geschlecht zuordnen kann, sind in den USA nicht so selten. Manche Eltern geben sie gerade Maedchen, damit sie es spaeter vielleicht auch mal leichter haben z.B. bei Jobbewerbungen und nicht sofort aussortiert werden, weil man die Frau am Namen erkennt.


    Also gibt es eine Sandy, Terry, Pat, Chris ... und eben auch Harper oder auch Scout. Bei der Persoenlichkeit von Scout eigentlich kein Wunder, dass ihr Spitzname nicht mehr so eindeutig weiblich ist.

    Gruss aus Calgary, Canada
    Beatrix


    "Well behaved women rarely make history" -- Laura Thatcher Ulrich

  • Dieser Abschnitt hat mich aufgewühlt. Für uns ist es wohl kaum zu verstehen, aber für die damalige Zeit wäre wohl ein anderer Ausgang des Prozesses fast unmöglich gewesen.
    Eine Antwort von Atticus auf Jems Frage "Wie konnten sie nur" bringt die ganze Situation sehr treffend auf den Punkt: "Das weiß ich nicht, aber sie haben's getan. Sie haben es vorher getan, sie haben es heute getan, und sie werden es wieder tun. Und wenn sie's tun, weinen anscheinend nur die Kinder"

  • Zitat

    Original von Athene
    @ Liesbett Ich dachte zunächst auch, dass es sich um einen Mann handelt. Harper ist nun wirklich kein besonders femininer Name :knuddel1



    Soweit ich weiß heißt Harper Lee eigentlich Nelle Harper Lee. Aber ich kann mir gut vorstellen, dass Lee ihren zweiten Vornamen ihrem ersten, der ja doch recht weiblich ist, einfach vorzog... und das schon als junges Mädchen. Immerhin soll Scout ja ein ziemlich exaktes Abbild der jungen Harper Lee sein, nebst vieler weiteren autobiografischen Elementen des Buches.

  • Dieser Abschnitt war sehr intensiv.


    Die Verhandlung war echt gut beschrieben und Dills Reaktion fand ich einfach wunderbar. Nur Kinder weinen vor Zorn und Enttäuschung. Die Tatsache, dass Schwarze keinen fairen Prozess erhalten konnten/können ist abscheulich. Tom hätte niemals die richtige Verhaltensweise zeigen können. Bleibt er dort, ist er schuldig. Läuft er weg, ist er schuldig.


    Scout ist zwar in manchen Dingen doch sehr naiv aber immer wieder erscheint sie sehr reif. Das Damentreffen nach der Verhandlung, wo sie sich sogar dazu "herablässt" eine Dame und sein, war sehr rührend. Sogar die Tante konnte ein paar Punkte dazugewinnen, indem sie bemerkt, dass "Atticus als Einziger die Last vieler auf seinen Schultern trägt!" Ganz einfache Worte für eine komplizierte Sache.


    Dieses Buch kann ich nicht so einfach husch wusch lesen. Es braucht einfach Zeit - ich geniese die Seiten richtig gehend und freue mich jetzt auf den letzten Abschnitt.

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