Als der Tag begann - Liz Murray

  • Gebundene Ausgabe: 480 Seiten
    Verlag: Diana Verlag (28. März 2011)
    ISBN 978-3453291089
    Originaltitel: Breaking Night


    Kurzbeschreibung
    Oft traurig und doch voller Witz und Lebensmut — eine wahre Geschichte vom Erwachsenwerden und Überleben


    Liz Murray, aufgewachsen in der Bronx, Eltern drogensüchtig, mit 15 obdachlos, ohne Schulausbildung. Wie schafft sie den Absprung in ein Leben mit Zukunft? Liz Murray erzählt vom Erwachsenwerden, davon, wie sie ihre Eltern verliert und sich mühevoll ein Harvard-Stipendium erarbeitet, mit einer Sprache, die — anrührend und humorvoll zugleich — alles lebendig werden lässt.


    Schon als kleines Kind weiß Liz Murray, was es heißt, am Existenzminimum zu leben. Armut und Hunger bestimmen den Alltag ihrer Familie. Doch obwohl die Hippie-Eltern drogenabhängig sind, erleben Liz und ihre Schwester Lisa nicht nur Elend und Leid. Im Gegenteil, ihr Vater ist ein schräger, aber liebevoller Mensch, und er bringt seinen Töchtern bei, nicht auf das Geschwätz der Leute zu hören, sondern der Welt kritisch zu begegnen. Die Momente des Glücks sind dennoch kurz. Mit 15 ist Liz obdachlos, schwänzt die Schule und zieht mit anderen Kindern, die auch nirgends hingehören, durch die Straßen. Erst als ihre Mutter an Aids stirbt, wird Liz klar, dass sie so nicht enden will. Mit großer Willenskraft und einem Durchhaltevermögen, das sie selbst erstaunt, schafft sie mit 19 ihren Highschool-Abschluss und macht ihren Weg bis an die Eliteuniversität Harvard.


    Über den Autor
    Liz Murray wird 1980 in der Bronx geboren. Mit 15 Jahren ist sie obdachlos, mit 16 Halbwaisin. Beim Anblick des Sarges ihrer Mutter wird ihr klar, dass sie nur dieses eine Leben hat, und sie geht endlich wieder zur Schule. Mit 19 schafft sie ihren Highschool-Abschluss, bekommt ein Harvard-Stipendium der New York Times und absolviert die Universität 2009 erfolgreich. Sie gewinnt mehrere Preise und leitet heute ihre eigene Coaching-Agentur in New York.



    Meine Meinung:
    Ich mag keine Betroffenheitsliteratur. Zu bewußt werden melodramatische Elemente eingesetzt, die bei mir dann eher das Gegenteil bewirken. Deswegen bin ich auch eher vorsichtig an das Buch von Liz Murray herangegangen.


    Wieviele Stunden Therapie hat diese Frau wohl hinter sich gebracht um so sachlich über die grausamen Details ihres jungen Lebens zu berichten?


    Ihren Vater lernt Liz Murray mit drei Jahren kennen da er zum Zeitpunkt ihrer Geburt wegen schwerwiegender Drogengeschäfte inhaftiert war. Als der Vater entlassen wird entwickelt sich beinahe so etwas wie ein "normales" Familienleben, wären da nicht die Drogenexzesse und Drogenbeschaffungsprobleme der Eltern. Immer wieder fehlt Geld, fehlt Essen und Liz und ihre ältere Schester Lisa lernen schon sehr früh was es heißt von fremden Geldern abhängig zu sein. Liz hasste die Drogen und die Sucht, aber nicht ihre Eltern. Sie liebte ihre Eltern und war sich ganz sicher dass auch sie geliebt wurde.


    Mit der Einschulung, als auch ihre Welt größer wird, wird Liz sich der Unterschiede zwischen ihr und den anderen Schülern bewußt. Sie ist schmutzig, sie stinkt, sie trägt abgetragene Kleidung. Wochenlang duscht sie nicht. Sie beschließt eine gute Schülerin zu werden. Das aber gelingt ihr nicht - zu lange sitzt sie in der Nacht am Fenster, beobachtet die Straße um auf die Rückkehr ihrer Mutter zu warten. Sie bekommt keinen Schlaf und es ist auch keiner da der dafür sorgt dass sie welchen bekommt.


    Mit 13 Jahren kommt Liz in ein Heim, die Eltern können nicht mehr für sie sorgen, sie schwänzt die Schule. Stabilität ist eine Illusion.


    Einen ganz herben Schlag erleidet Liz als die Mutter an Aids erkrankt. Letztendlich fühlt sie sich dafür verantwortlich. Wie oft hat sie ihr ausgeholfen sich Stoff zu besorgen. Hat sie nicht letztendlich mit ihrem Geburtstagsgeld dafür gesorgt dass die Mutter sich den nächsten Schuss besorgen konnte?


    Was dann folgt ist ein Horrortrip. Sie lebt auf der Straße, sie läßt sich mit Carlos ein, den sie glaubt zu lieben....und irgendwann kommt sie an den Punkt wo es tiefer nicht mehr geht und sie erkennt ihre Chance und nutzt sie.


    Fazit:
    Eine verkorkste Kindheit muss nicht das Übel für späteres Scheitern sein und letztendlich liegt es nur an einem selbst was man aus seinem Leben macht. Andere können einem dabei unterstützen, aber tun muss man es selbt.


    Ein beeindruckendes, ein ehrliches, ein schmerzvolles Buch das einem an machen Stellen das Herz sprengt.


    Ein hoffnungsvolles Buch.

    Herzlichst, FrauWilli
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    Ich habe mich entschieden glücklich zu sein, das ist besser für die Gesundheit. - Voltaire

  • "Gott, gib mir die Gelassenheit , Dinge hinzunehmen, die ich nicht ändern kann, dem Mut, Dinge zu ändern, die ich ändern kann, und die Weisheit, das eine vom anderen zu unterscheiden..."


    "Als der Tag begann" ist nicht nur ein Roman, nein es ist eine Lebensgeschichte - und was für eine!
    Liz Murray erzählt ihre Geschichte. Was vielleicht einfach klingt, ist es mit Sicherheit nicht.
    Sie wächst mit ihrer kleinen Schwester bei drogenabhängigen Eltern auf, Leben am Existenzminimum - vielleicht sogar noch weniger. Eine Kindheit kaum vorstellbar, keine Chancen oder Zukunftsaussichten. Sie verliert alles was sie hat - unter anderem durch Aids.
    Was macht ein Mensch, wenn er ganz unten ist? Aufgeben und sich verstecken und hoffen, dass es vielleicht irgendwann wieder bergauf geht? Nein. Zumindest nicht Liz Murray - sie kämpft, für sich, ihre Familie und ihre Träume, denn was hat sie denn noch zu verlieren?!


    Ehrlich gesagt, weiß ich nicht, wie ich meine Gedanken und Gefühle zu dem Buch in Worte fassen soll..
    Eine Lebensgeschichte, kaum vorstellbar, dass es so etwas wirklich gibt. Ich musste so manches Mal hart schlucken, was diese bewundernswerte Frau in ihrer Kindheit erleben musste. Mit drogenabhängigen Eltern aufzuwachsen, alles mitzubekommen und zwar wirklich alles, und dann noch ein normales Leben führen? Das ist nicht möglich - ohne Schulabschluss und ohne einem Dach über dem Kopf ist das Ergebnis.
    Und doch schafft Liz Murray das kaum Vorstellbare. Sie kämpft für ihre Träume und Ziele. Fängt bei Null an, nicht nur für sich auch für ihre Familie und Freunde und schafft das Unfassbare - ein Studienplatz in Harvard!


    "Als der Tag begann" ist keine leichte Kost, im Gegenteil. Es ist manchmal sogar nur schwer zu verdauen, denn dieses Buch ist eine wahre Geschichte, nichts verschönert. Mit Gefühl erzählt, sodass man mehr als nur mitleidet und miterlebt. Und das macht es so einmalig, macht Liz Murray so einmalig!


    Sie haben meinen größten Respekt Frau Murray für das was sie geleistet haben!

    Und manchmal ist ein Buch die Welt für mich!


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    :lesend Laini Taylor - Daughter of Smoke and Bone - Zwischen den Welten



    Langzeitprojekte:
    Margaret George - Maria Stuart LR

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  • Die Biografie von Liz Murray ist sehr bewegend und ergreifend. Liz schreibt sehr ausführlich und detailliert über ihre Kindheit in der Bronx und das dortige abhängen. Jeder Tag ist für die Familie und vor allem für die Schwestern eine neue Herausforderung. Die Eltern sind drogenabhängig und sie leben am Existenzminimum. Trotzdem versuchen die Eltern alles ihnen in der Macht stehende, den Töchtern ein liebevolles Heim zu bieten. Auf der einen Seite steht die Liebe und auf der anderen das Elend. Doch Liz lässt sich nicht unterkriegen und verdient schon als Kind etwas Geld dazu. An Schule ist nicht zu denken. Dann erleidet die Familie einen schlimmen Verlust. Die Mutter stirbt an Aids. Bis dahin droht Liz das gleiche Schicksal wie das ihrer Eltern. Dieses Erlebnis öffnet ihr die Augen. Liz träumt von einer sauberen Wohnung, einem vollen Kühlschrank und geregelten Verhältnissen. Eine Schulbildung ist ihre Chance. Sie nimmt ihr Leben in die Hand.


    Man kann kaum glauben, das ein Mädchen aus solchen Verhältnissen, einen solchen Absprung geschafft hat und nicht abgerutscht ist. Was ja nicht schwer gewesen wäre. Stellenweise konnte ich gar nicht daran glauben. Aber wie kann es überhaupt so weit kommen? Niemand scheint Anteil an den Mädchen zu nehmen. Der einzige, ein Freund der Familie unterstützt sie zwar finanziell, ihm wird aber keine größere Bedeutung zugemessen. Er wird eher noch ausgenutzt.


    Die Geschichte hat mich schon sehr getroffen. Liz schreibt sehr emotional und ich konnte gut mit ihr mitfühlen, auch wenn ich sie nicht immer verstanden habe. Sie lässt nichts aus und schreibt alles ehrlich. Durch ihre Schreibweise versucht sie aber nicht unser Mitleid zu bekommen. Es ist einfach ihre Lebensgeschichte - frei erzählt.


    Wir begleiten sie auf ihrem Weg aus dem Sumpf bishin zum Harvardstudium. Durch Höhen und Tiefen werden wir geführt, bis zu ihrem Erfolg.


    Dieses Buch zeigt, was man mit Willen und Selbstbeherrschung alles erreichen kann. Man muß sich nicht damit abfinden was man hat, sondern man kann für ein besseres Leben und eine bessere Zukunft kämpfen. Man braucht nur den Glauben an sich und die Disziplin. Und das hat uns Liz Murray eindrucksvoll bewiesen.


    Die Autorin verdient hohen Respekt! Das Buch rüttelt einen auf und man kann mal darüber nachdenken, wie gut man es selber hat.

  • Meine Meinung


    Ein Wahnsinnsbuch!
    Das ist das, was mir dabei als erstes in den Sinn kommt.
    Die Autobiographie, der Lebensweg der Elisabeth Murray.
    Das Buch beginnt nach eine kurzen Einleitung der 16 jährigen Liz in der sie kurz erwähnt, daß sie obdachlos ist.
    Dann folgt ein Sprung zurückt. Liz berichtet von ihrer Kindheit in der Bronx, von ihren Eltern, die beide drogenabhäng sind, der Armut, die sie mit ihrer Schwester Lisa als Kind erlebte – es auch gar nicht anders kennt und es für sie so völlig normal ist.
    Über die Liebe zu ihren Eltern, die sie zwar oft nicht versteht, aber sich ihnen sehr verbunden fühlt. Oft hat sie das Gefühl, ihnen helfen zu müssen – so trägt die kleine Liz eine schwere Verantwortung, derer sie sich eigentlich gar nicht bewußt ist.


    Liz Murray beschreibt ihren weiteren Lebensweg, wie sie die Schule schwänzt, sich um ihre Mutter kümmert, die mittlerweile an HIV leidet, wie sie obdachlos wird, mit ihren Freunden umherzieht. Wie sie um das tägliche Überleben kämpft.


    Bis sie schließlich merkt, daß sie so nicht weiterleben möchte, feststellt, daß es in ihrer Hand liegt, etwas aus ihrem Leben zu machen ……



    Der Schreibstil Liz Murrays ist ehrlich, offen, herzlich, schonungslos. Teils auch humorvoll.
    Für mich ist dieses Buch einfach alles in einem – ehrlich, traurig, hoffnungsvoll, sehr berührend ohne selbstmitleidig zu sein und sehr lebensbejahend.
    Kurz ausgedrückt – eine sehr beeindruckende Lebensgeschichte, die von einer großen inneren Kraft erzählt.


    Auch versteht es Liz , den Leser in ihre Leben einzubeziehen. Sie vor sich zu sehen, sei es als kleines Kind, das dankbar ist, wenn die Eltern Zeit für sie haben oder sie etwas zu essen bekommt bis hin zum Teenager und junge Erwachsene, die lernt, daß das Leben noch viel mehr für sie bereithalten kann, wenn sie es nur möchte.


    Fazit:


    Ein wunderbares Buch über ein Mädchen, daß es schafft aus ihrem festgefahrenen Weg in der Bronx, ihrer Kindheit unter drogenabhängigen Eltern aus eigener Kraft herauszukommen.
    Das Buch gibt einfach Hoffnung und ist sehr einfühlsam und lebendig beschrieben.

  • Meine Meinung: Vielleicht sollte man bei diesem Buch die Vita der Autorin erst am Schluss lesen, denn hier wird ihr Leben, das sie auf vielen Seiten beschreibt, in kurzen treffenden Sätzen zusammengefasst.


    Ich bin kein Fan von den vielen Selbsterfahrungsbüchern, aber durch die Eulenrezis habe ich dann doch beschlossen, zumindest einen Blick in das Buch zu riskieren und habe es dann recht schnell durchgelesen. Es liegt an der Art von Liz Murray, ihr Leben zu beschreiben. Im Gegensatz zu vielen amerikanischen Autoren, die ihre Biographie verfasst haben, bleibt sie sehr sachlich und schildert fast unberührt ihre schwere Kindheit und obwohl gerade sie jeden Grund dazu hätte, auf die Tränendrüsen zu drücken, vermeidet sie das und konzentriert sich auf die Erzählung der Fakten.


    Beide Eltern von Liz und ihrer Schwester waren Drogensüchtig und immer auf der Suche nach dem nächsten Schuss, die Sozialhilfe war schon nach wenigen Tagen für die Sucht aufgebraucht und die Kinder mussten hungern. Die Verantwortungslosigkeit und die Unfähigkeit der Eltern, ihre Kinder zu führen und zu unterstützen, lässt aus Liz eine chronische Schulschwänzerin und später obdachlos werden.


    Es scheint schon fast ein vorgezeigter Weg zu sein, den sie zu gehen hat, und doch ist es kein Buch, in dem sie jammert und sich beklagt, oder verurteilt, sondern sie hat es geschafft, aus ihrem Leben trotz eines schlechtes Starts, etwas zu machen und man spürt ihre Intention, diese Erfahrung mitzuteilen um anderen Mut zu machen, ihr Leben selbst in die Hand zu nehmen.


    Durch den schnörkellosen Stil liest es sich sehr gut und das, was sie über ihr Leben zu berichten hat, liest sich so interessant, dass ich am Ende voller Bewunderung für sie war.


    Mein Fazit: Ein Buch, das Denkanstöße gibt und Mut machen kann – sehr lesenswert.

  • Wer ist eigentlich Liz Murray? Eine scheinbar leicht zu beantwortende Frage. Zunächst einmal ist sie eine junge und heute erfolgreiche Amerikanerin, die ein Buch geschrieben hat. Keinen Roman, und auch keinen Ratgeber, nein, nicht weniger als die Geschichte ihres Lebens hat sie zu Papier gebracht: ein Leben, das in schwierigsten, drogenverseuchten Verhältnissen begann, das sich durch Phasen des Schuleschwänzens und der Obdachlosigkeit schlängelte, um schließlich doch noch mit Hilfe von Freunden und eines Stipendiums in Harvard zu landen.


    Das ist packend zu lesen, und aufgrund der völlig ungeschönten und dramatisch geschickten Schreibweise beschämenderweise sogar fast unterhaltsam. Dennoch habe ich kein ganz eindeutiges Verhältnis zu Liz Murray als Person. Ich habe sehr genau gelesen, und dabei habe ich sie als zerrissene Persönlichkeit kennengelernt, als jemanden, der sich durchaus auch vor Unangenehmem drückt, der Details auslässt, und der sich von einer schicksalhaften Konstellation zur nächsten fallen lässt. Ich möchte hiermit einfach nur betonen, dass es sich sowohl deutsche als auch amerikanische Kulturschaffende viel zu einfach machen, wenn sie Liz in eine Schublade stecken - wie auch immer die aussehen mag.


    Sicher, in das amerikanische Konzept einer Lebensgeschichte passt Liz wunderbar hinein. Wie sie ja selbst in den letzten Kapiteln beschreibt, haben sich bei Bekanntwerden ihres Stipendiumsgewinns alle möglichen Leute auf sie gestürzt, sie bemitleidet und bejubelt, ohne sie zu kennen. Auch verfilmt wurde die Geschichte schon, unter dem beziehungsreichen Titel "From Homeless to Harvard" - "from rags to riches", könnte man auch sagen. Ach so typisch amerikanisch.


    Der deutsche Verlag geht gleich noch ein paar Schritte weiter. Erstens einmal wird der Titel des Buches völlig umgedeutet. Der Originaltitel lautet "Breaking Night", was soviel bedeutet wie "Bei Anbruch der Nacht". Doch im Deutschen erhalten wir genau das Gegenteil: "Als der Tag (!) begann". Zweitens wird die Geschichte im Klappentext schlicht und ergreifend falsch zusammengefasst - vielleicht, um die Geschichte und die Person Liz Murrays so dem deutschen Publikum zugänglicher zu machen...? Der deutsche Klappentext sagt zum Beispiel, beim Anblick des Sarges ihrer Mutter habe sie begonnen, umzudenken. Das ist ganz einfach nicht richtig. Sie hat sich vor dem Sterben ihrer Mutter eindeutig gedrückt, und nach der Beerdigung folgten erst einmal viele, viele Monate des waghalsigen Umherstreifens mit einem dubiosen Latino, Carlos. Es war nicht (!) der Tod der Mutter, sondern die gewalttätigen Ausbrüche und die Abhängigkeit von diesem Carlos, welche Liz dazu veranlassten, doch endlich auf eigenen Füßen stehen zu wollen. Ferner sagt der deutsche Verlag, sie habe ein Harvard-Stipendium gewonnen. Schon wieder falsch. Ein Harvard-Stipendium kann man nicht gewinnen. Ein Stipendium bedeutet lediglich eine gesicherte Finanzierung. In Harvard musste sich Liz immer noch bewerben, und hätte auch abgelehnt werden können.


    Doch ich will hier nicht des "Korinthenkackertums" bezichtigt werden. Worauf ich aufmerksam machen möchte, ist die Tatsache, dass Liz selber sich im Text, und in ihrem Leben, immer gegen jedwede Vereinnahmung und Bevormundung gewehrt hat. Man gerät so leicht in die Versuchung, dieses Buch oberflächlich zu lesen, und zu sagen, ach ja, die Arme. Doch ich glaube, das hätte Liz ganz sicher nicht gewollt.


    Zunächst einmal bewundere ich ihren Mut, dieses Buch scheinbar ohne die heute so moderne und beliebte Unterstützung durch einen prominenten Co-Autor geschrieben zu haben. Dennoch liest sich das Buch sehr gut strukturiert. Es beginnt sogar mit einem Prolog, in welchem sie als bereits obdachlose Jugendliche versucht, nachts ihr eigenes Gesicht mit einem Foto ihrer Mutter zu vergleichen - dem einzigen Foto, das sie von ihr noch hat. Das setzt gleich einen sehnsuchtsvollen Grundton für dieses Buch fest, und steigert die Erwartungen des Lesers.


    Danach beginnt Liz ganz ausführlich und sehr plastisch mit ihrer Kindheit als zweite Tochter drogensüchtiger Hippie-Eltern. Sie wählt einen sehr beeindruckenden Erzählstil. Denn einerseits behält sie durchgehend überzeugend die Perspektive des Kindes bei, das Vieles noch nicht versteht. Und doch schafft sie es gleichzeitig, unglaublich viele Punkte einzuflechten, die aus heutiger Sicht als Erwachsene interessant sind: welche Strategien sie entwickelt hat, um in dieser Umgebung seelisch zu überleben. Wie sie mit ihrer Schwester Lisa um die Aufmerksamkeit der Eltern kämpfte. Wie sie mit dem ständigen Hunger zurecht kam. Wie sie viel zu früh Verantwortung übernahm, ja übernehmen musste. Und noch vieles mehr.


    Für mein Verständnis dauert es unglaublich lange, bis das Sozial- und Jugendamt eingreift. Erst als Liz 12 Jahre alt ist, ihre ständig von schizoiden Anfällen geplagte Mutter mit Lisa zu ihrem neuen Freund zieht, und als Liz gemeinsam einsam mit ihrem Vater in der Universitiy Avenue versauert, da erst wird sie diesem unheilvollen Umfeld entrissen, und kommt ins Heim. Aber ganz sicher bin ich mir bei dieser Datierung nicht. Das ist überhaupt ein Kennzeichen dieses Buches. Zeitliche Angaben fehlen entweder völlig, oder bleiben in Andeutungen stecken. Und nur gelegentlich erleichtert dem Leser die Erwähnung von Jahreszeiten die Einordnung des Geschehens.


    Im Heim durchläuft Liz eine Phase zwangsweiser "Resozialisierung", und wird danach von Mas neuem Freund aufgenommen. Doch mittlerweile ist Liz bereits gebrochen, und kann sich Autoritäten nur schwer unterordnen. Schule, Mutters neuer Freund, und die ausbrechende schwere Aids-Erkrankung der Mutter, das alles ist zu viel für sie. Eines Tages haut sie einfach ab, zusammen mit ihrer ersten echten Freundin, Sam. Man sieht also: es war durchaus nicht die materielle Not, wodurch Liz auf der Straße landete! Nein, im Gegenteil. Es war eine absolute Nacht-und-Nebel-Aktion, eine Augenblicksentscheidung. Sicher wird auch der eher unkonventionell orientierte Freundeskreis rund um Liz und Sam zu dieser Entscheidung beigetragen haben. Wie dem auch sei: ihre Obdachlosigkeit war ihre eigene (!) Entscheidung.


    Die weitere Handlung möchte ich nur kurz skizzieren. Liz hätte eigentlich schon viel früher in ein geregeltes Leben zurück finden können, doch sie ließ sich immer wieder einfach treiben. Immer ließ sie sich von Anderen anstecken, so zum Beispiel von Carlos. Im Nachhinein wissen wir Leser: er war ein autoritärer Blender, wahrscheinlich ein Dealer. Aber immerhin zeigte er Liz, wo es lang ging, und das brauchte sie wohl. Erst als Carlos "auszuticken" beginnt, und Sam in die Flucht schlägt, da setzt eigenständiges Denken bei Liz ein - zumal ja inzwischen ihre Mutter verstorben ist. Noch während ihrer Obdachlosigkeit macht sie ihren Schulabschluß nach, und gewinnt zu guter Letzt auch noch ein Stipendium, womit sie selber am wenigsten gerechnet hätte.


    Das alles liest sich unglaublich fesselnd - streckenweise konnte ich das Buch kaum aus der Hand legen. Besonders die Phase mit Carlos hat mich emotional sehr gepackt. Es war fast spannend wie ein Krimi, mitzuverfolgen, wie Liz so langsam aber sicher hinter die Fassade dieses halbseidenen Typen blickte. Dennoch, bei mir bleiben so viele Fragen einfach offen - und ich kann ganz einfach nicht sagen, ob mir Liz wirklich sympathisch ist. Die zeitliche Un-Eindeutigkeit hatte ich ja schon erwähnt. Außerdem ist Liz ganz geschickt darin, ihre eigene Beteiligung an Entscheidungen herunterzuspielen. Sehen wir den Tatsachen ins Auge, wenn es brenzlig wurde, hat sie oft auch Menschen verlassen. Und besonders im letzten Drittel des Buches wurde die Handlung streckenweise arg gerafft. Warum sollte die Handlung eigentlich mit dem Gewinn des Stipendiums aufhören? Wie kam sie überhaupt dazu, dieses Buch zu schreiben? Wie kam sie überhaupt an diesen Freundeskreis, der sie monatelang, ja jahrelang heimlich beherbergte? Was wurde eigentlich aus James, ihrem zweiten Freund?? Und wer, bitte, war nun dieser Ed, der gemeinsam mit Liz ihren Vater bis zu dessen Tod pflegte?? Manches ging gegen Ende des Buches sehr schnell, und wird nicht wirklich erklärt. Doch das mag auch auf das Betreiben eines Lektors zurückzuführen sein - ich weiß es nicht.


    Ja, ich habe mit mir gerungen. Doch zu guter Letzt verleihe ich dem Buch wohlverdiente 5 Sterne. Denn man spürt doch in jeder Zeile, dass hier eine authentische Stimme spricht. Nichts ist gekünstelt, immer stellt sie alles so dar, wie es wirklich war. Sie versteht es, emotionale Zwangslagen zu schildern - zu wessen Gunsten auch immer. Und hier liegt auch die einzige Einschränkung, die ich zukünftigen Lesern mit auf den Weg geben möchte: Man kann, ja man soll sich unbedingt auf diese emotionale Achterbahnfahrt einlassen - aber eines sollte man niemals tun: sich ein allzu wohlfeiles Bild von Liz Murray machen.

  • Inhalt: Liz Murray muss schon als kleines Kind lernen, was es heißt zu hungern, zu frieren, auf sich gestellt zu sein und einfach kein Geld zu besitzen, denn ihre Familie lebt am Existenzminimum. Ihre Eltern sind drogenabhängig und wenden den größten Teil ihres Geldes für Drogen auf, vergessen ihre Töchter jedoch nie ganz. Liz und ihre Schwester Lisa erleben ein ganz spezielle Art von Liebe, zu der ihre Elter noch fähig sind. Um ihren Eltern näher zu kommen, wird Liz schon früh erwachsen und unterstützt ihre Famile auf ihre Art und so weit sie in ihrem Alter dazu fähig ist. Nachdem ihre Mutter jedoch an Aids erkrankt und den Vater verlässt, um mit Lisa zu einem anderen Mann zu ziehen, wird das Leben für Liz nur noch komplizierter. Zwischen Obdachlosigkeit, Erziehungheimen, Schulschwänzen und falschen sowie richtigen Freunden, muss Liz versuchen ihren Platz im Leben zu finden. Vielleicht auch den Ausweg finden, um ein neues und besseres Leben zu finden.



    Meinung: Das Buch war für mich mal etwas ganz anderes, denn bisher habe ich eigentlich kaum Geschichten gelesen, die auf realen Tatsachen beruhen. Was mich beeindruckt hat, ist die Intensität, mit der Liz Murray es schafft, ihre Kindheit zu beschreiben und wie detaiiliert es ihr gelingt, die Dinge für den Leser lebendig zu machen, so schrecklich diese oftmals auch sind. Ich könnte mir nämlich kein Leben in den Umständen vorstellen, in denen sie ihres gemeistert hat und muss ehrlich sagen, dass ich davon beeindruckt bin, dass sie das geschafft hat. Besonders wenn man bedenkt, wie früh sie erwachsen werden musste und wie viel ihrer Kindheit ihr doch geklaut wurde.


    Das Buch hat gleichwohl etwas spannendes wie auch etwas bewegendes an sich. Man weiß zwar, dass alles gut ausgehen wird, aber dennoch ist es schlimm zu erfahren, woher die Probleme kamen und interessant zu erfahren, wie sie es doch immer irgendwie geschafft hat damit umzugehen und ihrem Leben letztendlich eine 180° Wendung zu geben.


    Es handelt sich bei dieser Geschichte auf jeden Fall um eine, die einem zum Nachdenken anregt und eine auch mit der Gewissheit zurücklässt, dass man alles schaffen kann, wenn man nur daran glaubt und vor allem für seine Ziele kämpft.

    Furcht ist der Pfad zur dunklen Seite. Furcht führt zu Wut, Wut führt zu Hass, Hass führt zu unsäglichem Leid.