Hätte man nur einen Satz zur Verfügung um diese Veranstaltung zu beschreiben, so könnte er eigentlich nur folgendermaßen lauten:
Alle, die nicht dabei waren, haben definitiv etwas verpasst!
Schönberg in Holstein ist ein kleiner Ort mit Ostseenähe im Einzugsgebiet der Landeshauptstadt Kiel. Und nur weil Schönberg in seinen Dimensionen auf den ersten Blick vielleicht nicht wie eine Kulturmetropole wirkt, so scheint aber das literarische Leben in diesem Ort durchaus aktiv zu sein.
In der Gemeindebücherei fand die erste Lesung aus der Reihe „Mörderische Schwestern“ statt. Den Auftakt machte Alex Berg. Bekannt durch ihren Politthriller „Machtlos“.
Vielleicht lohnt es sich einen kurzen Blick auf den Veranstaltungsraum zu richten. Die Veranstalter hatten es geschafft, eine „politkrimikuschelige“ Atmosphäre zu schaffen. Alles wirkte herrlich unkonventionell und liebevoll hergerichtet. Die Stühle für die Besucher standen teilweise zwischen den Bücherregalen, aber trotzdem schien man von jedem Platz aus eine gute Sicht auf die Autorin zu haben. Diese saß in einem „quietschroten“ sehr gemütlich aussehenden Lesesessel. Ein Sessel, der wohl jedefrau/jedermann einfach nur zum Lesen verführen würde und den ich gern „entführt“ hätte.
Nach einer kurzen Begrüßung durfte dann endlich Alex Berg ran.
Dazu muss man vielleicht noch folgendes sagen. Es gibt Autorinnen und Autoren die können schreiben aber nicht lesen, dann gibt es aber auch Autorinnen und Autoren – und das ist leider die Mehrzahl – die können weder schreiben noch lesen und dann gibt es aber auch die Autorinnen und Autoren die schreiben können und dann auch in der Lage sind, das Geschriebene einfach nur gut vorzulesen. Die ersten beiden Gruppen können wir getrost vergessen, denn wer bei der gestrigen Lesung dabei war, der wird mir zustimmen, dass Alex Berg ohne Wenn und Aber ein klassischer Fall für die dritte Gruppe ist.
Nach einer kurzen Einleitung begann Alex dann zu lesen. Sie hatte die Haare hochgesteckt (nennt man das so?) und dazu angemerkt, dass es sich bei dieser Frisur um ihre „Alex-Berg-Frisur“ handeln würde. Stand ihr übrigens sehr gut, wenn ich das mal anmerken darf.
Schnell nahmen die gelesenen Passagen die Zuhörer in ihren Bann, selbst auch dann, wenn man das Buch bereits gelesen hatte. All das Bedrückende und Erschreckende dieser Geschichte wurde mehr als deutlich und transparent. Da wurde nicht einfach nur eine Fiktion vorgetragen, auch wenn die erzählte Geschichte sicher „nur“ eine Fiktion ist, aber es ist eben eine Fiktion die kurz vor der Schwelle zur Realität steht, sie vielleicht aber auch schon unbemerkt überschritten hat. Es war gerade die Eindringlichkeit des Gelesenen die die Zuhörer unter Garantie sicher sehr zum Nachdenken anregte. Und als Zuhörer hatte man zu jeder Zeit das Gefühl, da vorn sitzt nicht nur eine Autorin die einfach nur aus ihrem Buch vorliest, nein, da vorn sitzt eine Autorin die ihren Lesern wirklich etwas zu sagen hat, die die Thematik ihrer Geschichte sehr verinnerlicht hat und die in dieses Buch offensichtlich eine Menge Herzblut investiert hat.
Natürlich wurden die einzelnen Passagen immer dann beendet, wenn es gerade so richtig spannend wurde. Allein das Grinsen von Alex Berg, wenn sie das Ende des jeweiligen Leseabschnittes ankündigte, war schon das Kommen wert. Da freute sich jemand offenbar diebisch darüber, die Zuhörer im Ungewissen zu lassen. Ich kann mir gut vorstellen, dass die eine oder andere Zuhörerin oder der eine oder andere Zuhörer sicher noch am späten Abend mit dem Lesen des Buches begonnen hatte. Wahrscheinlich wird auch mancher von diesen Nachtlesern am Morgen es nicht mehr geschafft haben, die olympischen Ringe unter den Augen weg zu schminken oder abzudecken. „Machtlos“ ist ein Buch zum „Nächtedurchmachen/lesen“.
Nach der eigentlichen Lesung gab es dann für die Zuhörerinnen und Zuhörer noch die Möglichkeit Fragen an Alex Berg zu stellen. Es kam zu einem ganz munteren Gespräch wobei Alex keiner Frage auswich und alle Fragen ausführlich beantwortete. Eine Autorin quasi „zum Anfassen“, ohne Berührungsängste, eine Autorin die nicht abgehoben ist, sondern es mit ihrer sehr sympathischen Art es schafft, dass Publikum ohne große Umwege in ihren Bann zu ziehen.
Es war ein mehr als gelungener Abend, ein Abend für dessen Beschreibung sogar die Vokabel „euphorisch“ in die engere Auswahl gekommen ist, und Dank Salonlöwin, die auch zur Eulen-Abordnung gehörte, habe ich dann auch wieder zur Autobahn gefunden.
Fazit: Wer die Chance hat eine Lesung von Alex Berg zu besuchen, der sollte sich diese Chance auf gar keinen Fall entgehen lassen – denn sonst entgeht ihr/ihm wirklich etwas.