Hüttengaudi -Nicola Förg

  • Schrothkur? Kommissarin Irmi Mangold traut ihren Ohren nicht, als ihre Nachbarin Lissi das vorschlägt. Sie ist eine gestandene Frau, älteren Semesters und würde auch gerne das ein oder andere Pfund verlieren, aber muss es gleich so radikal sein?


    Kurzerhand geht es nach Oberstaufen, dem Mekka der nassen Tücher und Wickel, wo man sich von heißen Brühen ernährt, die durchsichtiger nicht sein könnten. Irmi will sich gerade an diese Zustände gewöhnen, als sie morgens vermummt und fest verschnürt, einen Schrei der Packerin, so nennt man die Dame, welche die Kurgäste einhüllt, hört. Lauthals gibt sie bekannt, dass sie von der Polizei sei, wird befreit und eilt so zum Geschehen. Doch dort kommt jede Hilfe zu spät und als sie erkennt, um wen es sich bei dem Toten handelt, ist ihr nicht nur von der fehlenden Nahrung flau im Magen, sie hat auch weder eine Erklärung für sich selbst, noch für den vor Ort zuständigen Polizisten.


    Ihre junge Kollegin Kathi Reindl mit ihrer Assistentin Andrea beschäftigt daheim in Murnau fast zeitgleich eine Leiche an einem Bergsee. Irmi bricht den „Urlaub“ ab, um die Kolleginnen daheim zu unterstützen. Nach den vorliegenden Obduktionsergebnissen in beiden Fällen, muss Irmi sich fragen, ob es sich hier wirklich nur um Zufälle in ihrem engeren Umfeld handelt.


    Nicola Förg behandelt in ihrem neuen Krimi HÜTTENGAUDI wieder einmal sehr lokalpolitische Themen, sowie Ärgernisse und lässt viel Ironie und Witz mit einfließen.


    Die Personen leben allesamt von einer sehr bildlichen Charakter-Beschreibung und so entwickelt man schnell eine gewisse Empathie für die Protagonisten.


    Spannung steht hier nicht unbedingt im Vordergrund, obwohl es Leichen, verdächtige Personen und Ermittlungsarbeit gibt. Die Autorin schafft es eher durch ihren Schreibstil und mit ihrer Sichtweise einen Kriminalroman wiederzugeben, der neugierig macht und einen der Erzählung gebannt folgen lässt.


    Einige schwäbische Ausdrücke und Kommentare dürfen natürlich nicht fehlen, spiegeln sie doch die örtlichen Gegebenheiten und den Humor wieder. Das kriminalistische Frauenduo Irmi und Kathi durchlebt seinen dritten Fall und so unterschiedlich die beiden auch körperlich, menschlich und in ihrer Arbeitsweise sind, so gut ergänzen sie sich.


    Nicola Förg ist hier ein humorvoller und interessant dargestellter Krimi gelungen, nicht dramatisch, aber einfach und gut. Sauber herausgearbeitet sind die verschiedenen einzelnen Handlungsstränge und Nebenschauplätze, die am Ende ein sehr schlüssiges Bild abgeben und keine Fragen offen lassen. Ich habe mich bestens unterhalten gefühlt und freue mich auf weitere Fortsetzungen.


    Besonders gefällt mir, wie die Autorin die Personen, ihre Hintergründe und ihr Leben beschreibt. Hier wird niemand überzeichnet oder abwegig dargestellt, eher hat man das Gefühl seine eigenen Nachbarn oder Bekannten wiederzutreffen, vorausgesetzt man wohnt auf dem Land.


    Doch auch für Stadtmenschen dürfte es keine Schwierigkeit sondern ein Mordsvergnügen sein, sich in der Idylle zurechtzufinden und hier eine kriminalistische, wenn auch beschaulichere Abwechslung zu erfahren.


    Das Cover ist auch diesmal sehr passend und ländlich gewählt.


    Fazit: Gelungen, aber es darf in der Zukunft auch gerne noch etwas spannender werden.

  • Nachdem die Hüttengaudi ziemlich lange in meinem Regal geschlummert hat (das war mal ein Buch, dass sich der Mr. gekauft hatte), habe ich das über Ostern jetzt gelesen - als erstes aus der Reihe um Irmi.


    Ich glaube, ich hätte es besser gefunden, die ersten beiden Vorgänger zuerst zu lesen, denn teilweise waren mir die Figuren doch sehr fremd bzw. ich habe eigentlich immer noch kein wirkliches Bild, wie ich mir Irmi vorstellen soll, allein vom Aussehen her. Das schwankte bei mir immer zwischen "70 jährige Oma" und "50 jährige Trulla mit Gummistiefeln" ;-) - fürs Kopfkino haben mir also deutlich Informationen gefehlt :-)


    Vom Schreibstil her glaube ich auch, dass es für "Nordlichter" deutlich schwieriger ist, Passagen zu verstehen, weil manches doch sehr süddeutsch ist und auch nicht aus dem Zusammenhang heraus zwingend verstanden werden kann (zumindest waren da einige Nachfragen vom nicht-süddeutschen Mr. als er es gelesen hat). Mir persönlich war das aber egal :lache


    Die Geschichte selbst (Mercymelli hat ja da schon einiges geschrieben) fand ich auch so mäßig spannend, vieles war irgendwie sehr konstruiert und wirkte wie vom Reißbrett. Ich habe mich aber gut unterhalten gefühlt und werde keinen Bogen um die Folge- bzw. Vorgängerbände machen (aber sie werden auch nicht die aktuelle Top 10 der Wunschliste verdrängen...).

  • Zitat

    Original von dschaenna
    Ich glaube, ich hätte es besser gefunden, die ersten beiden Vorgänger zuerst zu lesen, denn teilweise waren mir die Figuren doch sehr fremd bzw. ich habe eigentlich immer noch kein wirkliches Bild, wie ich mir Irmi vorstellen soll, allein vom Aussehen her. Das schwankte bei mir immer zwischen "70 jährige Oma" und "50 jährige Trulla mit Gummistiefeln" ;-) - fürs Kopfkino haben mir also deutlich Informationen gefehlt :-)


    Gut zu wissen, danke. Ich hatte Hüttengaudi neulich mal in der Hand, kenne ich Vorgänger aber noch nicht...

  • Zitat

    Original von chiclana


    Gut zu wissen, danke. Ich hatte Hüttengaudi neulich mal in der Hand, kenne ich Vorgänger aber noch nicht...


    Ob das jetzt nach dem Lesen der beiden Vorgängerbände besser ist, kann ich natürlich auch nicht beantworten, weil ich die ja noch nicht kenne, aber ich denke, dass es so sein wird.... denn die sonstigen Personen, die "neu" hinzukamen und nur mit dem Fall zu tun gehabt haben und nicht ständig Irmis Begleiter sind, waren durchaus plastisch geschildert und ich konnte sie mir gut vorstellen.

  • Meine Meinung:
    Irgendwann überfällt einen immer die Vergangenheit...


    Irmgard Mangold, Kommissarin bei der Mordkommission, ist eigentlich im Urlaub, oder wie man eine Schrothkur auch immer nennen mag ;) Als ein Mord passiert!
    Sie ist gezwungener Maßen bei dieser Kur, als sie in kürzester Zeit zwei Todesfälle aus dieser Bredouille holen. Dabei geschah einer davon ganz in ihrer Nähe und versetzt sie mit einem Schlag in ihre Vergangenheit zurück. Nachdem ihre Kollegen im heimischen Gewässer ebenfalls einen Toten sichten, ist es mit dem "Urlaub" vorbei und Irmi entkommt der Pein des Hungerns.
    Was auf den ersten Blick als purer Zufall aussieht, denn beide Opfer sind in verschiedenen Landkreisen ermordet worden, erweist sich mit der Zeit ganz anders...


    Bei diesem dritten Teil der Serie um Kommissarin Mangold, dauerte es leider ca. die Hälfte des Buches, bis es endlich etwas spannend wurde.
    Nachdem es gut anfing, die beiden Leichen entdeckt wurden und es eigentlich mit den Ermittlungen losging, ließ es allerdings schnell wieder nach. Durch den Tod eines Opfers schwelgte Irmi viel in der Vergangenheit und bemitleidete sich teilweise selbst ziemlich heftig. Gepaart mit null Hinweisen, die der Polizei eine Durststrecke ergaben, ging es einfach nicht voran in dem Krimi.
    Erst nach schätzungsweise der Hälfte des Buches kam endlich wieder Leben in die Geschichte und es tat sich was in dem Fall. Nachdem sich die ersten Hypothesen als falsch erwiesen, ging es dann Schlag auf Schlag in die richtige Richtung und es wurde zunehmend spannender.
    Auf einmal war die Melancholie, die sich über der Geschichte wie ein feiner Nebel gebildet hatte, wie weggeblasen und die Ermittlerinnen konnten sich plötzlich vor Motiven nicht mehr retten.
    Doch auch nachdem die Verbindung zwischen den zwei Toten zu Tage kam, ließ sich die Autorin mit dem wahren Motiv und dessen Auflösung dann etwas Zeit und spannte mich damit auf den letzten Seiten regelrecht auf die Folter. Das war wiederum genial!


    Fazit:
    Wieder einmal ein toller Krimi aus Förgs Feder, jedoch hat es bei diesem Band leider zu lange gedauert, bis etwas spannendes passierte. Daher kann ich diesem Krimi nur drei von fünf Sternen verpassen.


    :eiskristall :eiskristall :eiskristall