Klappentext
Im viktorianischen England darf eine kleine Verkäuferin zwar einen Mann aus besseren Kreisen heiraten, ohne einen gesellschaftlichen Fauxpas zu begehen – Schwäche zeigen darf sie aber niemals. Das lernt Constance Barton schnell und schmerzlich, als ihr Mann, ein angesehener Mediziner und Forscher, das vierjährige Töchterchen Angelica aus dem elterlichen Schlafzimmer ausquartiert und seine ehelichen Rechte einfordert. Rücksichtslos und blind für die mysteriösen Vorgänge, die sich in dem vornehmen Anwesen abspielen: Das Haus der Bartons scheint nämlich von einem äußerst gewalttätigen Dämon beherrscht, der Mutter und Tochter nach dem Leben trachtet. Sieht Constance Gespenster oder schmiedet ihr Mann einen tödlichen Plan?
Der Autor
»Ich schätze, im Rückblick sieht es so aus, als hätte ich immer schon Erfahrungen für mein Leben als Schriftsteller gesammelt«, sagt Arthur Phillips über seine Biografie. 1969 in Minneapolis geboren, entwickelte er als Kind eine Leidenschaft fürs Schauspielern. Nach dem Studium in Harvard besuchte er die Berkelee School of Music in Boston, beendete eine Laufbahn als Jazzmusiker jedoch aus Rücksicht auf seine Ehefrau. Reden schreiben und Texten fürs Marketing waren nun sein tägliches Geschäft. Seine Anstellung bei einer Internetfirma blieb – ebenso wie der Versuch einen geregelten Vollzeitjob zu übernehmen – ein Intermezzo. Nach längeren Aufenthalten in Budapest und Paris lebt der Autor heute mit seiner Frau, seinen zwei Söhnen und seinem Beagle in New York.
Die Handlung des Buches wird vom Klappentext ganz gut umrissen. Eingeteilt ist das Buch in 4 Teile, jede wird aus der Sicht einer der Personen beschrieben. Zuerst ist Constance an der Reihe, ihre Sicht nimmt schon ca die Hälfte des Buches ein. Sie kann es nicht so recht verwinden, das ihr einziges Kind von ihrem Ehemann aus dem ehelichen Schlafzimmer verbandt wird. Sonderbare Dinge passieren, sie sieht schwebende Geister, und schon bald ist sie sich ihres Geisteszustandes nicht mehr sicher. Sie hat ihren Mann in Verdacht, das sich aus seinem sexuellen Gebahren Dämonen materialisieren, die sie und vor allem ihre Tochter Angelica, bedrohen.
Als nächstes sieht man das ganze Geschehen nochmal aus den Augen von Joseph, und vieles erscheint in einem anderen Licht. Danach ist Anne an der Reihe, sie wird von Constance als spiritistische Hilfe angeheuert. Zum Schluß kommt Angelica selbst kurz zu Wort. Inszwischen erwachsen, versucht sie, die mysteriösen Geschehnisse zu erklären.
Ich befürchte, meine kurze Zusammenfassung klingt genau so vielversprechend wie der Klappentext. Er könnte dazu geeignet sein, eine etwas falsche Erwartungshaltung zu wecken. Denn leider bekam ich als Leser weder eine gruselige Schauergeschichte noch einen Krimi. Und leider schon gar nichts spannendes. Vielmehr ist es eine Charakterstudie bzw mehrere, ein kleiner Blick ins viktorianische Eheleben. Für mich drängte sich allerdings auch der Eindruck auf, das es im Grunde nur um Sexualität geht und wie man zu der Zeit damit umging. Ihre Verdrängung, das Anrüchige, das Unausgesprochene. Daraus formt sich der Dämon, den Constance sieht. Der Dämon Begierde bedroht sie, ihre Gesundheit (nach mehreren Fehlgeburten ist jede weitere Schwangerschaft für sie lebensbedrohend), er könnte ihre Tochter bedrohen, er könnte sie als Kind selbst bedroht haben.
Vielleicht ist mir aber auch die ein oder andere Feinheit entgangen, denn ich fand den Roman als sehr anstrengend zu lesen. Der Autor benutzt im Grunde eine sehr schöne Sprache, sie ist ihrer Zeit angepasst, aber demzufolge sehr blumig, sehr umschreibend, sehr ausschweifend. Unter all dem zuckrigen Wörterschwall fiel es mir schwer, das wesentliche Herauszufiltern. Es gibt viele unnötige Sätze, seltsame Antworten, enorm viele Andeutungen, was denn so nachts passiert, ohne es beim Namen zu nennen. Mir fiel es zunehmend schwer, mich zu konzentrieren.
"Angelica" ist ein stilistisch überbordernder Roman, der unter vielen Worten eine gute Idee so gut begraben hat, das es mir sehr schwer fiel, sie komplett zu entdecken. Und anstrengend war es auch noch.