Dave Eggers - Zeitoun

  • Titel: Zeitoun
    Autor: Dave Eggers
    Übersetzt aus dem amerikanischen Englisch von: Ulrike Wasel und Klaus Timmermann
    Verlag: Kiepenheuer und Witsch
    Erschienen: Februar 2011
    Seitenzahl: 336
    ISBN-10: 3462042998
    ISBN-13: 978-3462042993
    Preis: 19.95 EUR


    Das sagt der Klappentext:
    Dave Eggers erzählt in seinem jüngsten, vielfach ausgezeichneten Werk die wahre Geschichte der amerikanisch-syrischen Familie Zeitoun, die nach dem Hurrikan Katrina unschuldig ins Visier der amerikanischen Terrorismusfahnder gerät. Als der Hurrikan Katrina sich im August 2005 New Orleans nähert, beschließt Abdulrahman Zeitoun, Vater von vier Kindern, seine Familie Schutz in Arizona suchen zu lassen, selbst aber in der Stadt zu bleiben, um sein Haus und die Arbeitsstätten seines Malerbetriebes im Auge zu behalten. In den Tagen nach dem Sturm fährt er mit seinem Kanu durch die überflutete Nachbarschaft und hilft, wo er kann. Am 6. September wird Zeitoun ohne Angabe von Gründen von der Nationalgarde verhaftet und zunächst in ein provisorisches Gefängnis gesteckt, wo er unter unmenschlichen Bedingungen und ohne Kontaktmöglichkeit nach außen festgehalten wird. Für seine Familie bleibt Zeitoun spurlos verschwunden. Erst nach Wochen erreicht sie auf Umwegen ein Lebenszeichen und sie beginnen, um Zeitouns Freilassung zu kämpfen.


    Der Autor:
    Dave Eggers, geb. 1971, wuchs in der Nähe von Chicago auf und besuchte die Universität von Illinois. Er gründete 1998 er einen Verlag, in dem er seine Bücher veröffentlicht, ein vierteljährliches Literaturmagazin und eine Monatszeitschrift.


    Meine Meinung:
    Dave Eggers hat einen Tatsachenroman geschrieben, der vor allen Dingen in Bezug auf die Thematik beeindruckt. Wer aber einen „echten“ Eggers erwartet, der wird sicher ein wenig enttäuscht sein. Eggers geht es in diesem Buch augenscheinlich um die möglichst getreue Darstellung eines Skandals in New Orleans zurzeit des Wirbelsturms „Katrina“. Es geht ihm wohl weniger um ein weiteres Buch im typischen „Eggers-Stil“. Es ist schon erstaunlich was Eggers in dreijähriger Recherche zusammengetragen hat. Er schafft es die amerikanische Paranoia in Bezug auf den Terrorismus sehr plastisch darzustellen. Eggers lässt die Fakten für sich selbst sprechen, er überlässt es dem Leser die logischen Schlussfolgerungen zu ziehen. Und er macht auch eine Tatsache sehr deutlich: Die USA mögen alles sein – eines sind sie aber nicht, sie sind kein Rechtsstaat. Sicher soll niemand sagen, so etwas wäre bei uns nicht möglich; sicher könnte das auch hier passieren – aber von der US-amerikanischen staatlichen Willkür sind wir hier in Deutschland doch noch ein wenig entfernt. Das Buch von Dave Eggers führt der Leserin/dem Leser deutlich vor Augen, wohin Vorurteile führen können, es macht auch deutlich, dass nicht das Fremde unbedingt die Gefahr für die staatliche Ordnung darstellt, die staatliche Ordnung wird in erster Linie durch sich selbst gefährdet. Es ist auch keine Hysterie die die amerikanischen Sicherheitsbehörden leiten, es ist ein kühl berechnendes Kalkül zur Disziplinierung der eigenen Bevölkerung, die diese Behörden so handeln lassen. Ein Buch, sehr lesenswert, ein Buch das nachdenklich macht – ein Buch das aber auch wütend macht.

    Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst. (Evelyn Beatrice Hall)


    Allenfalls bin ich höflich - freundlich bin ich nicht.


    Eigentlich mag ich gar keine Menschen.

  • Vielen Dank Voltaire für diese Rezi. :wave
    Das klingt sehr interessant und macht neugierig auf das Buch. Letzendlich hat er ja mit "Weit gegangen" auch einen Tatsachenroman geschrieben und ich glaube das kann er einfach gut.

    Herzlichst, FrauWilli
    ___________________________________________________
    Ich habe mich entschieden glücklich zu sein, das ist besser für die Gesundheit. - Voltaire

  • Zitat

    Original von FrauWilli
    Letzendlich hat er ja mit "Weit gegangen" auch einen Tatsachenroman geschrieben und ich glaube das kann er einfach gut.


    :write


    Mir hat "Weit gegangen" auch mit Abstand am besten gefallen von den Büchern, die ich bisher von Dave Eggers gelesen habe - deshalb habe ich mir auch "Zeitoun" recht bedenkenlos gekauft und hoffe, dass es einfach genauso gut werden wird.

  • Ich habe heute morgen die ersten vierzig Seiten von "Zeitoun" gelesen und bin noch nicht wirklich begeistert. Ich weiß nicht, was ein "echter" Eggers ist. Bis auf "Weit gegangen" haben mich seine Bücher nicht sonderlich beeindruckt. Der Anfang von "Zeitoun" ist für mein Gefühl einfach sehr langatmig und gleichzeitig auch unheimlich distanziert erzählt. Anders als "Weit gegangen", wo ich aufgrund der besonderen Sprache und Nähe zur Hauptperson sofort in der Geschichte drin war. Ich bin schon gespannt, wie es weitergehen wird ...

  • Ich habe "Zeitoun" heute beendet und mein Urteil fällt ein wenig zwiespältig aus. Vor allem nachdem ich "Weit gegangen" erst vor einigen Monaten gelesen habe, wirkt "Zeitoun" dagegen wie eine herbe Enttäuschung. Der Stil ist sehr nüchtern und distanziert, zwischendurch habe ich mich sogar immer mal wieder gelangweilt. Die Geschichte von Zeitoun und seiner Familie ist natürlich sehr berührend und gleichermaßen auch unheimlich erschreckend, Dave Eggers erzählt aber aus einer so großen Distanz heraus, dass ich kaum wirklich Mitgefühl für die Charaktere entwickeln konnte. Geschweige denn die Charaktere überhaupt kennenlernen.
    Dave Eggers berichtet, abwechselnd aus der Perspektive von Zeitoun und seiner Frau Kathy, über die Geschehnisse in New Orleans. Leider sind diese Berichte unheimlich nüchtern, so dass ich zwar das, was sich abspielt erschreckend fand, die Familie, die dieses erlebt, aber kaum kennengelernt habe. Von dem Sohn der Familie, kenne ich nur den Namen. Der Familienhund wird bei Verwandten zurückgelassen und wird nie wieder erwähnt. So ging es mir mit vielen Figuren.


    Wer die etwas langatmig erzählten Passagen bis zur eigentlichen Katastrophe durchhält, kann einen Einblick in wirklich erschreckende Verhältnisse in New Orleans gewinnen. Ich kann aber auch jeden verstehen, der es nicht so weit schafft.


    Begeistert hat mich Zeitouns Liebe zu Hunden und die schöne Umschlagsgestaltung. Ansonsten hätte ich auf dieses Leseerlebnis auch verzichten können.