Buchtitel-Trend Verdummung?

  • Moin,


    nachdem Stieg Larsson mit seiner Milleniumtrilogie (Verblendung, Verdammnis, Vergebung) die Bestsellerlisten gestürmt hat, scheinen einige andere Verlage jetzt auf den Zug aufspringen zu wollen. In den letzten acht Wochen kamen zum Beispiel


    Verwesung - von Simon Beckett
    Verderbnis - von Mo Hayder


    auf den deutschen Buchmarkt. Zufall? Glaub ich eher nicht. Möglicherweise ist es nur ein kurzes Aufflackern, vielleicht wird aber auch ein längerfristiger Trend daraus, Thrillertitel künftig mit 'Ver-" zu beginnen.


    Ich frage mich nur, was die Verlage damit bezwecken? Erwarten sie im Ernst, daß die Leute die Bücher kaufen, wenn ihnen Stieg Larsson gefallen hat? Bzw ist der Leser tatsächlich so beeinflussbar? Ich jedenfalls glaube bei solchen "Nachahmern" eher, daß man auf solche Mittel setzt, wenn man eher kein Vertrauen darauf hat, daß das Buch sich aufgrund seines Inhalts verkauft. Kurz: Für mich eher ein Argument für Nicht-Kauf. Aber vielleicht bin ich ja die große Ausnahme. Besonders wundert mich, daß es sich hier nicht um Thriller von Neulingen handelt, sondern um bereits etablierte Thriller-Autoren, die durchaus bereits eine Fangemeinde haben und solch faules Marketing imho gar nicht nötig hätten. Wie seht ihr die Sache?


    P.S.: Sollte der Trend anhalten, freue ich mich schon auf die Thriller "Verwaltung" und "Verstopfung"...

    "Wie kann es sein, dass ausgerechnet diejenigen, die alles vernichten wollten, was gut ist an unserem Land, am eifrigsten die Nationalflagge schwenken?"
    (Winter der Welt, S. 239 - Ken Follett)

  • Nun ja, Romantitel sind begrenzt, irgendwo ist einfach Schluss. Man gerät bei der Masse an Büchern unweigerlich in die Nähe eines anderen - erfolgreichen - Titels.


    Natürlich spielen auch Genre-Erwartungen eine Rolle. Der gemeine Leser macht nicht viele Experimente (Eulen sind nicht representativ, da idR Vielleser, zu denen sich allerdings die wenigsten Menschen zählen). Grundsätzlich ist es beim Stöbern schon so, dass die Leute eher auf Titel/ Cover zugehen, die sie an Bücher erinnern, mit denen sie eine positive Leseerfahrung verbinden.
    Auch die Buchhändler mögen es, wenn man es ihnen leicht macht, und vergleichbare Titel auch vergleichbar gestaltet. (Nach dem Motte: Wenn dem Leser Xy gefallen hat, kann man ihm auch YZ anbieten.)


    Ob nun aus der Stieg-Larson-Titeln ihres Erfolges wegen ein Trend gemacht wurde, oder ob auch diese nur Teil des laufenden Trends sind weiß ich nicht. Ich habe mich nur sehr gewundert, dass die Titel so stark von den Originaltiteln abweichen und mit dem Inhalt nicht mehr wirklich viel zu tun hatten. Spräche eher für das Mitlaufen in einem bestehenden Trend. Aber wie gesagt sehe ich daran nichts Verwerfliches. Der Buchhändler und Leser will das Buch an passender Stelle einordnen und Titel sind eben leider nicht unbegrenzt.

  • Zitat

    Original von LeSeebär


    P.S.: Sollte der Trend anhalten, freue ich mich schon auf die Thriller "Verwaltung" und "Verstopfung"...


    :lache :lache Ich auch!


    Mal eine ganz ausgeflippte Idee dazu: Warum werden die Originaltitel von fremdspachigen Büchern nicht wortwörtlich übersetzt? Der Autor wird sich doch wohl bei dessen Erschaffung etwas dabei gedacht haben?! :gruebel

  • Zitat

    Original von Mulle
    Nun ja, Romantitel sind begrenzt, irgendwo ist einfach Schluss. Man gerät bei der Masse an Büchern unweigerlich in die Nähe eines anderen - erfolgreichen - Titels.


    Sorry, aber das halte ich für eine ziemlich schwache Erklärung. Zunächst mal halte ich die Masse der Romantitel zwar nicht für unbegrenzt, aber doch für größer als die Möglichkeit von 6 Kreuzen auf dem Lottoschein - und zum zweiten ist es doch recht seltsam, daß jahrelang kein vergleichbarer Titel erscheint und kurz nach der Milleniumstrilogie mind. 2 Bücher mit SEHR ähnlichen Titeln erscheinen. Das mit begrenzten Romantiteln zu erklären, ist imho sehr weit hergeholt.


    Zitat

    Grundsätzlich ist es beim Stöbern schon so, dass die Leute eher auf Titel/ Cover zugehen, die sie an Bücher erinnern, mit denen sie eine positive Leseerfahrung verbinden.


    Also tatsächlich der berühmte Herdentrieb? Dann stehen uns wohl tatsächlich demnächst diverse V-Titel im Thriller-Regal gegenüber. :-(


    Zitat

    Auch die Buchhändler mögen es, wenn man es ihnen leicht macht, und vergleichbare Titel auch vergleichbar gestaltet. (Nach dem Motte: Wenn dem Leser Xy gefallen hat, kann man ihm auch YZ anbieten.)


    Daß man Bücher vom gleichen Autor aus einer Serie vergleichbar gestaltet, versteht sich von selbst. Aber bei verschiedenen Büchern von verschieden Autoren stellt sich die Frage, ob vergleichbar aufgemachte Bücher auch inhaltlich einigermaßen ähnlich sind. Ich kenne zwar weder die Millenium-Trilogie noch die oben genannten Neuerscheinungen, aber besonders ähnlich klingen die Beschreibungen für mich nicht.


    Zitat

    Ich habe mich nur sehr gewundert, dass die Titel so stark von den Originaltiteln abweichen und mit dem Inhalt nicht mehr wirklich viel zu tun hatten. Spräche eher für das Mitlaufen in einem bestehenden Trend.


    und der wäre? Kenne jedenfalls keine so eindeutig vergleichbaren Titel vor der Millenium-Trilogie.


    Zitat

    Der Buchhändler und Leser will das Buch an passender Stelle einordnen.


    Darum ja die Genre-Angaben, meinetwegen auch noch ungefähre Richtung in Gestaltung von Buch und Titel, aber doch nicht so plump abgekupfert wie in obigem Beispiel.

    "Wie kann es sein, dass ausgerechnet diejenigen, die alles vernichten wollten, was gut ist an unserem Land, am eifrigsten die Nationalflagge schwenken?"
    (Winter der Welt, S. 239 - Ken Follett)

  • Zitat

    Original von Tempe


    Mal eine ganz ausgeflippte Idee dazu: Warum werden die Originaltitel von fremdspachigen Büchern nicht wortwörtlich übersetzt? Der Autor wird sich doch wohl bei dessen Erschaffung etwas dabei gedacht haben?! :gruebel


    DAS habe ich mich wirklich auch schon des öfteren gefragt... :gruebel

  • Ich glaub es ist, weil viele denken,dass man mit fast dem gleichen Titel an die gleichen Erfolge des "Ur-Buches" anknüpfen kann.

    Ich lese gerade:
    Ben Bennett - Das Lächeln des Himmels
    Nora Roberts - Verlorene Seelen


    2011:
    Gelesen: 9
    Abgebrochen: 2
    Neu gekauft: 4

  • Zitat

    Original von verena


    Hier schließe ich mich an.... :gruebel


    Um mal Licht ins Dunkel zu bringen: Der Originaltitel eines Buches kommt vom Verlag, der die Erstausgabe rausbringt und muss mit dem Arbeitstitel des Autos überhaupt nichts zu tun haben. Manchmal wird der Titel des Autors übernommen (eher selten), oft wird in Verhandlungen zusammen ein neuer Titel gewählt, manchmal bekommt der Autor nur eine Info: Ach übrigens, Ihr Buch heißt jetzt xyz.
    Da soll schon der eine oder andere Debütant dumm geguckt und eine Verwechslung vermutet haben, weil bei der Cover-Premiere ein völlig fremder Titel draufstand. :grin
    Titel, Cover & Klappentext sind Verkaufsmarketing - davon muss der Autor nichts verstehen, daher ist er in vielen Fällen "raus", was diese Punkte betrifft.


    Ein Verlag, der die Rechte kauft, darf dem Buch nicht nur ein neues Cover nach belieben, sondern auch eine neue Klappe und auch einen neuen Titel geben, wenn er es gerne möchte und darin Sinn sieht. Egal ob er es übersetzt oder eine Taschenbuch- oder Neuauflage macht.
    Diese Rechte kauft der Verlag dem Standart nach einfach mit.


    Natürlich ist der Absatz vergleichbar klingender Titel oder Cover ein Argument für oder gegen einen möglichen Titel. Das nennt man Marketing und es funktioniert. Die Verlage wären blöd, wenn sie Verkaufsmaßnahmen, die sich als erfolgreich etabliert haben, nicht umsetzen würden.
    Es ist und bleibt ein Geschäft, das hat mit Verdummung nichts zu tun.



  • Danke für diesen Beitrag, Mulle.


    Sehe ich und bestätige ich in allen Punkten genauso.

  • Zitat

    Original von Lese-Rienchen
    Einen ähnlichen Thread hatten wir schonmal. Damals ging es um den Titel "Die Wanderhure". Und schon hießen alle möglichen Bücher "Die ....in". Da reicht es im Forum unter Historische Bücher - Mittelalter zu schauen.


    Das Beispiel ist mir auch direkt eingefallen. Oder diese "Himmel und Wölkchen"-Cover. Ich denke schon, dass da die Verkaufspsychologie eine Rolle spielt. Ein Buch mit einer bestimmten Aufmachung oder einem plakativen Titel hat gut gefallen, ein ähnliches gibt einem das unbewusste Gefühl "Das könnte genauso gut sein".

  • Hallo,


    für andere Leser kann ich nicht sprechen, aber wenn ein Buch von der Gestaltung einem Buch ähnelt welches mir gut gefallen hat, dann nehm ich es schon mal zur Hand. Dann muss mich aber noch der Klappentext ansprechen. Und wehe das Buch ist dann nicht wirklich ähnlich gut wie das "Original", dass schreckt dann eher ab.

    liebe Grüsse melanie


    Wenn man Engeln die Flügel bricht, fliegen sie auf Besen weiter !
    :keks


    :lesend )

  • Zur wörtlichen Übersetzung von Titeln:


    Es gibt da ein sehr schönes Beispiel, weiß Autor(in?) leider nicht mehr, das Buch hieß im Original Rest in Pieces, auf Deutsch Ruhe in Fetzen. Ich meine ist recht wörtlich übersetzt, halt etwas reißerisch, aber der Wortwitz ist ja mal gar nicht mehr da. Da wäre mir etwas mehr Kreativität lieb gewesen, und wenns mit dem Originaltitel nicht mehr so viel zu tun hat.


    Ganz schlimm find ich ja die Unsitte, einfach einen anderen englischen Titel zu nehmen oder den Originaltitel zu behalten und einfach noch 1, 2 deutsche Wörter davor oder dahinter.


  • Oki, daß wußte ich nicht, danke für die Erklärung, Mulle! :knuddel1
    Mir ist auch klar, daß sich die Autoren auf die Bedingungen der Verlage einlassen müssen, aber ein bißchen schade finde ich es schon. Ist doch fast so, als würde die Hebamme bestimmen, wie du dein Baby nennen mußt, oder?
    Aber ein bißchen Verdummung ist es doch auch, so, als ob der Hauptanteil der Leser wie die Schafe nur dem, wie soll ich sagen: verkaufsträchtigsten Titel hinterherlaufen würden?! Vermutlich ist das nicht nur bei Büchern so, viel hängt eben überall von der Werbung ab....

  • Zitat

    Original von Tempe


    Aber ein bißchen Verdummung ist es doch auch, so, als ob der Hauptanteil der Leser wie die Schafe nur dem, wie soll ich sagen: verkaufsträchtigsten Titel hinterherlaufen würden?!



    Ich glaube durchaus, dass das so ist.


    Der Großteil der Bücherkäufer sind nicht solche Bücherkäufer wie der Großteil der Eulen. Die bekommen mal ein Buch zu Weihnachten und das gefällt ihnen, dann suchen sie sich ein ähnliches für den Urlaub aus und wünschen sich ein ähnliches zum Geburtstag. Da sind dann relativ uninformierte Leser und Schenker oft froh um solche Anhaltspunkte und wahrscheinlich die Buchhändler beim Geschenkeberaten oft auch.

  • Zitat

    Original von Ronja
    Ich glaube durchaus, dass das so ist.


    Der Großteil der Bücherkäufer sind nicht solche Bücherkäufer wie der Großteil der Eulen. Die bekommen mal ein Buch zu Weihnachten und das gefällt ihnen, dann suchen sie sich ein ähnliches für den Urlaub aus und wünschen sich ein ähnliches zum Geburtstag. Da sind dann relativ uninformierte Leser und Schenker oft froh um solche Anhaltspunkte und wahrscheinlich die Buchhändler beim Geschenkeberaten oft auch.


    Das denke ich mir auch. Eine meiner Freundinnen, die ab und zu liest, steht z.B. auf rosa Bücher... :lache

  • Irgendwie finde ich das tarurig und fände es frustrierend, wenn ich meinem Buch einen Titel gebe und der dann von irgendeinem Verlag geändert wird, weil es sich besser verkaufen lässt.


    Ich meine, das weiß man doch vorher nicht, ob der Titel ankommt oder nicht und irgendwie machen sich die Autoren bestimmt ihre Gedanken, warum sie es so oder so nennen.

  • Ach, was die Titel angeht... da fällt mir spontan "Animal Wizards" ein...
    Genial...
    hieß das Buch auf Englisch "The Familiars" wurde es auf deutsch(!) mit Animal Wizards übersetzt... :pille
    Worin besteht der Sinn? ?(


    Bin gespannt, wie die Verfilmung dann heißen wird :grin